Flammenbucht
in Praa vorgetragen - eine Warnung vor der goldeischen Bedrohung. Im ganzen Königreich wurde das unheimliche Lied gesungen, selbst von jenen, die sich den Echsen entgegenstellten.
»Wir sollten nicht weiterziehen«, flüsterte einer der Bena-Sajif, als der Gesang seines Mitbruders verhallt war. »Wer weiß, wie weit die Echsen bereits nach Praatien eingedrungen sind? Sie könnten uns auflauern und in eine Falle locken…«
»Was redest du da?« fuhr ihn einer der älteren Mönche an. »Sollen wir uns etwa in der Wüste verkriechen, während diese Untiere nach Praa ziehen und unsere Familien niedermetzeln? Ihr alle wißt, was in Harsas geschehen ist!«
Die anderen Bena-Sajif nickten. Ihre Augen blieben auf die Ruinenstadt geheftet. Das blaue Leuchten war schwächer geworden, und der heulende Wind setzte für einen Moment aus.
Plötzlich zerrissen Warnrufe die Stille. Sie drangen vom Ufer her. Die Männer sprangen auf, griffen nach ihren Krummsäbeln, eilten zum Wasser. Dort standen im Schilf zwei Bena-Sajif. Aufgeregt winkten sie ihre Brüder herbei.
Fackeln wurden entzündet. Eine Handvoll Mönche watete durch das modrige Wasser auf die Rufenden zu. »Ich habe ein Plätschern im Wasser vernommen!« rief einer von ihnen erregt. »Dann sah ich eine Bewegung… ich hielt es für einen Flußhund, zückte meinen Bogen, und…«
Die Mönche senkten ihre Fackeln. Zwischen abgeknickten Schilfhalmen lag ein regloser Körper im Wasser. Purpurn glänzte sein Mantel. Zwei Klauen, starr empor gestreckt; sie klammerten sich um den geborstenen Schaft eines Pfeils. Dieser hatte den schuppigen Hals der Kreatur durchbohrt; schwarzes Blut drang aus der Wunde.
»Ein Goldei«, rief einer der Mönche. »Bei allen Göttern…« »Seid still!« befahl sein Anführer. »Wir wissen nicht, wie viele von ihnen in der Nähe sind!«
Erschrocken blickten die Bena-Sajif auf. Horchten. Das Rauschen des Flusses. Der eisige Wind, ruhig, lauernd. »Vermutlich wollte es unser Lager auskundschaften«, wisperte der Mönch, der den Goldei niedergeschossen hatte. »Es muß von der anderen Seite des Flusses gekommen sein. Wir sollten sofort die anderen wecken und…« Ein peitschendes Geräusch! Ein Zucken fuhr furch den Leib des Goldei; sein Echsenschwanz schnellte empor, rollte sich um das Bein eines Mönches. Dieser schrie auf, versuchte seinen Säbel zu ziehen. Schon hatte der Goldei ihn zu sich in den Schlamm gezogen; das Gesicht des Mönches war nur einen Fingerbreit von der Fratze der Kreatur entfernt. »Kehrt um…«, ein haßerfülltes Zischeln, »werdet sterben, noch heute nacht! Sind schon auf dem Weg…kommen zu euch…«
Ein Säbelhieb teilte den Schädel der Echse. Sie klatschte rückwärts ins Wasser zurück. Entsetzt befreite sich der Mönch aus der Umklammerung des toten Goldei.
»Holt die Trompeten!« schrie der Anführer. »Unserem Lager steht ein Angriff bevor!«
Vergeblich der Versuch, das Gefüge in seiner Ganzheit zu erfassen, zu erkennen, welche Größe und Schönheit ihm innewohnte; ein Verständnis nur möglich durch Selbstaufgabe: ganz mit dem Gefüge zu verschmelzen, den eigenen Körper nicht mehr als Grenze zu begreifen, die eigene Wahrnehmung zu erweitern. Laghanos wollte mehr sehen, als seine Augen erblickten, mehr hören, als seine Ohren vernahmen. Das Gefüge verlieh ihm neue Sinne; die feinen Drähte spannten sich nicht nur durch die Gänge des Heiligen Spektakels, sie reichten tief in das Gestein, gingen in verborgene Silberadern über, die den Rochen durchzogen. Laghanos konnte das mächtige Gebirge ertasten, vom bodenlosen Grund bis zu den schneebedeckten Gipfeln. Die ganze Welt lag ihm zu Füßen, und die Sphäre war ein Mantel, der seine Schultern umgab, ein Gespinst, das sich all seinen Bewegungen anpaßte.
Was war geblieben von jenem Kind, das einst Lehrling der Malkuda gewesen war? Die Zauberer hatten ihm seinen Willen genommen, die Goldei sein Gesicht, das Spektakel seinen Körper. War Laghanos nicht längst Vergangenheit, sein Name nur noch Erinnerung an eine Zeit, als er noch Mensch gewesen war? Sein Entschluß, sich nicht mehr als Opfer fremder Mächte zu begreifen, nicht mehr der gehorsame Schüler zu sein, zu dem die Malkuda ihn erzogen hatte, half ihm, die Grenze zwischen sich und dem Gefüge zu verwischen. Nicht er war ein Teil des Gefüges, sondern das Gefüge ein Teil von ihm: es half ihm, die Sphäre auf eine Weise zu erschließen, die er zuvor nicht für denkbar gehalten hatte.
Nun, da ihn
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