Flammenbucht
ihnen nicht gelungen war, sie zu bändigen. Zu Nhordukael jedoch hatte die Quelle rasch Zutrauen gefaßt; sie gehorchte ihm und schenkte ihm ihre Magie ohne Widerwillen. Vielleicht spürte sie, daß Nhordukael gegen jenen ankämpfte, der sie einst bezwungen hatte: Durta Slargin, den größten Zauberer der Vorzeit, der die Quellen gebändigt und den Menschen die Magie geschenkt hatte. Überall auf Gharax verehrte man ihn als Gründer der magischen Logen, die seit seinem Tod die Quellen hüteten. Auch die Kirche des Tathril berief sich auf ihn; er war ihr Begründer, ihr Prophet, der den Völkern des Südens den Glauben an den mächtigen Gott Tathril verkündet hatte.
Die Kirche des Tathril,
höhnte Nhordukael in Gedanken.
Unter ihrem Deckmantel hat Durta Slargin die Welt unter sein Joch gezwungen.
Seit ihm Durta Slargins Geist unter dem Brennenden Berg erschienen war, wußte Nhordukael, wer hinter den seltsamen Ereignissen steckte, die ihn in das Amt des Hohenpriesters katapultiert hatten. Das Wunder von Thax ging auf Durta Slargin selbst zurück. Er hatte den jungen Priester vor der glühenden Bronze gerettet, weil er ihn brauchte. Mit Hilfe des Hohenpriesters Magro Fargh hatte der legendäre Zauberer versucht, sich Nhordukaels Körpers zu bemächtigen; und als dies gescheitert war, hatte er ihn umgarnt, um ihn auf seine Seite zu ziehen. Doch vergeblich; Nhordukael hatte den Einflüsterungen getrotzt und Durta Slargin vertrieben.
Allzu groß kann deine Macht nicht sein, wenn du so sehr auf mich angewiesen bist,
dachte Nhordukael triumphierend.
Du magst den Tod besiegt haben, doch offenbar fehlt dir ein menschlicher Körper, um deine Pläne in die Tat umsetzen zu können. Du verrietest mir, daß du die Welt ein zweites Mal formen willst und dazu die Hilfe zweier ›Auserkorener‹ benötigst. Noch kenne ich nicht deinen gesamten Plan, doch ich werde ihn herausfinden, und dann wirst du meiner Rache nicht entgehen.
Entschlossen blickte Nhordukael zur wartenden Menschenmenge herab. Dann richtete er die Handflächen gen Himmel, schloß die Augen und gab sich den Strömen der Sphäre hin. Er griff nach der Inneren Schicht, in der sich die Fäden des vorbereiteten Zaubers spannten. Gleißend wanden sie sich um seine Finger, und die Quelle antwortete seinem Ruf mit einem Grollen.
Nhordukael spürte unter sich die Erde beben. Rings um ihn löste sich Geröll vom Hang, polterte abwärts. Eine Glutfontäne spritzte aus dem Krater des Brennenden Berges; gleißende, zischende Lava. Als feuriger Regen prasselte sie auf Nhordukael herab; doch sie verletzte ihn nicht, sondern perlte von seiner Haut und seiner Kutte wie Wasser.
Der Auserkorene öffnete die Augen. »Erhebt eure Waffen!« schleuderte er seinen Anhängern entgegen, die zu ihm auf starrten. »Habt keine Angst vor der Glut! Erhebt eure Waffen!«
Zögernd streckten die Menschen ihre Messer und Dolche, Schwerter und Lanzen empor. Ungläubig sahen sie, wie ein dunkelroter Glanz die Klingen erfaßte; ein Feuer, das aus dem Inneren des Metalls hervorzubrechen schien.
Das Grollen des Vulkans wurde lauter, unheilvoller. Der Auserkorene stand mit ausgebreiteten Armen in dem herabstürzenden Glutregen. Seine Stimme glich einem Sturm. »Von nun an sollen diese Waffen gesegnet sein, so wie auch ihr gesegnet seid durch die Treue, die ihr mir entgegenbringt! Die nächste Schlacht um Thax wird uns den Sieg bringen und unseren Feinden den Tod. Der Silberne Kreis wird fallen, und der falsche Hohepriester Bars Balicor wird der Macht des Feuers weichen. Denn Thax wird brennen! Thax wird brennen!« Hell glühten die Klingen seiner Anhänger auf, und ebenso glühten ihre Augen, entfacht vom Bann seiner Worte. Nun gab es keine Zweifler mehr unter ihnen. Sie würden Nhordukael bedingungslos folgen, sich für ihn in die Schlacht und in den Tod stürzen - und damit, ohne es zu wollen, den Untergang der Kirche bewirken, den der Auserkorene beschlossen hatte.
Der Himmel über dem palidonischen Hochland war an diesem Tag düster. Schwarze Wolken trieben über die Reiter hinweg; das an manchen Stellen durchbrechende Sonnenlicht färbte ihre Ränder blutrot. Die Luft war drückend, als hätte die Welt für einen Moment den Atem angehalten.
»Noch vier Stunden bis Thax, Fürst Baniter«, rief einer der Reiter dem Anführer zu, der an der Spitze des zehnköpfigen Trupps ritt. »Wir werden es nicht mehr schaffen vor dem Sturm!«
Baniter Geneder, Fürst von Ganata und Mitglied des Silbernen
Weitere Kostenlose Bücher