Flammenbucht
Stimme. Er betrachtete ihr Gesicht; das spitze Kinn, die geröteten Wangen, die Lippen, auf denen ein nicht zu deutendes Lächeln lag. »Jundala«, wiederholte er ihren Namen und hob seine Hand, um ihr durchs Haar zu fahren; doch er zögerte, ließ den Arm wieder sinken. »Baniter«, erwiderte sie. Ihr Lächeln wurde sanft. »Mein Geliebter…«
Wieder näherte sich seine Hand Jundalas Kopf. Er spürte, wie eine ihrer Locken vom Wind aufgeworfen wurde und gegen seine Handfläche strich. Diesen Moment, diesen wunderbaren Moment - er wollte ihn nicht verstreichen lassen, und so ließ er die Hand in der Luft verharren und drohte, im Blau ihrer Augen zu versinken. »Ich habe dich so sehr vermißt«, sagte Jundala leise.
»Und ich habe jeden Tag an dich gedacht«, stieß er hervor, »jeden Tag, jede Stunde.« Dann zog er sie mit einem Ruck an sich. Sie umschlang seine Schultern, ihre Stirn prallte gegen seine Nase, er spürte ihre Locken über seinen Hals und seine Lippen streichen, er roch ihren süßen Duft, und dann fanden sich ihre Münder. Engumschlungen standen sie auf dem Weg der Pracht, während sich über ihnen die Wolkendecke schloß und die Sonne gänzlich verdunkelte. Als sie wieder voneinander abließen, atmeten beide schneller. Baniter hielt ihre Hände in den seinen. »Es ist gut, endlich wieder bei dir zu sein. Ich weiß nicht, wie lange ich es noch ohne dich ausgehalten hätte!« Während er diese Worte aussprach, spürte Baniter erst, wie sehr er seine Frau vermißt hatte; und die starken Gefühle, die ihre Nähe in ihm auslöste, überraschten ihn selbst. Er gab ihr einen sanften Kuß. »Wie geht es dir? Und wie geht es meinen drei Kätzchen?«
Jundala lächelte. »Sie waren sehr tapfer, als ich sie in Gehani zurückließ. Nur Marisa hat ein bißchen geweint, als ich nach Thax aufbrach; sie hat immer wieder gefragt, ob ich wirklich wiederkomme, so als zweifelte sie daran. Als ich sie zum Abschied auf den Arm nahm, wollte sie mich kaum loslassen.«
Baniter lächelte. »Sie ist nun einmal erst fünf Jahre alt.«
»Sechs Jahre inzwischen«, erinnerte Jundala ihn. »Ich habe sie in die Obhut deines Onkels gegeben; er kümmert sich rührend um sie. Was Banja betrifft - sie war wie immer sehr vernünftig. Sie hat mir zwei Briefe geschrieben und mir versichert, wie gut sie ohne uns zurechtkommt; sie schrieb, ich solle mir keine Sorgen machen, sie sei schließlich schon ein großes Mädchen.«
»Das ist sie ja auch«, lachte Baniter. Seine mittlere Tochter war inzwischen neun Jahre alt, ein aufgewecktes Kind, das mit seinem sonnigen Gemüt den ganzen Hof von Gehani erfreute. »Und wie geht es meiner Großen? Wie geht es Sinsala?«
Jundala zuckte mit den Schultern. »Nun, du kennst sie. Sinsala hat sich keine Gefühlsregung anmerken lassen, als ich ihr sagte, daß ich nach Thax gehen müsse und sie an meiner Stelle die Familie zu vertreten habe. Sie macht es übrigens hervorragend. Ein Kämmerer schrieb mir, daß Sinsala bei einer Audienz eine Gruppe reisender Kaufleute mit ihrer Klugheit beeindruckt habe, daß sie gewissenhaft die Korrespondenz mit den Baronien pflege und sogar die Berichte der Zollritter nachprüfe.« Stolz blickte Jundala ihren Gemahl an. »Sie verhält sich schon mit vierzehn Jahren wie eine echte Fürstin.«
»Eines Tages wird sie es sein«, gab Baniter zurück, »und um ein Haar wäre sie es jetzt schon.« Er ließ ihre Hände los. »Ich war dicht davor, in Arphat mein Leben zu verlieren! Es gab einen Mordanschlag auf die Königin, ausgeführt von einem Mitglied unserer Gesandtschaft. Fast wäre ich dafür zur Verantwortung gezogen worden.«
»Du hast es in deinem letzten Brief angedeutet«, erwiderte Jundala. »Wer war der Attentäter?« »Mestor Ulba«, antwortete Baniter, »der Siegelmeister. Zunächst glaubte ich, er habe im Auftrag des ›Gespanns‹ gehandelt, doch die Tat war seinem eigenen wirren Hirn entsprungen.« Mit Schaudern dachte er an Mestor Ulbas grausamen Tod. Die Arphater hatten ihn in den Blassen Sand von As'Farkal hinabgestoßen. Nie würde Baniter die Schreie vergessen, mit denen der Siegelmeister aus dem Leben geschieden war. »Es hätte mich nicht gewundert, wenn Scorutar und Binhipar auch bei dieser Niederträchtigkeit die Finger mit im Spiel gehabt hätten«, sagte Jundala. »Wie du siehst, haben sie keine Skrupel mehr, ihre Ziele mit Gewalt durchzusetzen.« Sie deutete auf die Klippenritter, die hinter ihr warteten.
Baniter hob die Augenbrauen. »Die
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