Flammenbucht
einstimmen kannst! Noch ist er nicht willens, das Geschenk des Weltenschmieds zu würdigen, doch bald wird er zu dir kommen, so wie es ihm bestimmt ist.«
Ein gräßliches Geräusch ertönte, das Knirschen von Metall auf Metall, und die Nadeln bohrten sich tief in die Augen des Haubenträgers, um dort nach Antworten auf die zahllosen Fragen zu suchen, die das Gefüge beschäftigten.
KAPITEL 7 -
Rätsel
Ist es noch weit, Großmerkant?«
Aelarian Trurac blieb stehen und sah sich nach seinem Begleiter um. Cornbrunn war zurückgefallen. Mit hängenden Schultern kämpfte er sich durch den Wind, der ihnen entgegenschlug. Zum wiederholten Male hatte sich das Lederband gelöst, welches seinen roten Schopf zusammenhielt, so daß die Haare sein Gesicht umwehten.
»Ich höre wohl nicht recht!« tadelte Aelarian seinen Leibdiener. »Wir sind kaum eine Stunde unterwegs. Haben dich die Kräfte schon verlassen?«
»Ich bin halb durchgefroren«, jammerte Cornbrunn, »und meine Füße tun weh.« Er wies auf seine abgewetzten Stiefel. »Wie weit ist es noch bis zu diesem elenden Fischerdorf?«
Aelarian konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Ich hatte dich gewarnt! Für einen Spaziergang an der Küste Morthyls benötigt man festes Schuhwerk und eine Kopfbedeckung, die vor dem Wind schützt. Hättest du auf mich gehört und dir eine Area zugelegt…«
»Bleibt mir vom Leib damit«, stöhnte Cornbrunn. »Bevor ich diese Narrenkappe aufsetze, erfriere ich lieber.« »Du brauchst wahrlich nicht die Kappe eines Narren aufzusetzen, um einer zu sein«, erwiderte Aelarian. »Und jetzt reiß dich zusammen. Wir haben die Hälfte des Wegs bereits hinter uns. Bald können wir uns in der
Roten Kordel
aufwärmen.«
Seit einer Weile schon folgten sie dem Pfad, der sich westlich von Galbar Are an der Küste entlangschlängelte. Er führte über zerklüftetes Gestein hinweg, über ölig glänzende Schieferplatten, die aus dem Wasser aufragten, scharfkantig zerborsten unter dem Ansturm der Wellen. Immer wieder rutschten die beiden Troublinier auf dem seifigen Gestein aus, schlitterten in den Schlick aus Seetang, abgestorbenen Quallen und Muschelsplittern, der die Platten säumte. Cornbrunn, dessen Schuhe in der Tat nicht die besten waren, hatte sich längst die Knöchel wundgescheuert, und so mehrten sich seine Klagen. Das Silbermeer zeigte an diesem Tag sein wahres Gesicht. Schmutziggraue Wellen schlugen mit tosender Wucht gegen die Felsen. Wenn sie zerschellten, wurden die Wegplatten von gurgelndem Wasser umspült, und Gischt spritzte empor wie der Geifer eines aufgebrachten Tieres.
»Wir hätten in Galbar Are bleiben sollen«, jammerte Cornbrunn, während er über eine schrägstehende Schieferplatte balancierte. »Um diese Stunde wird in der Taverne heiße Milchsuppe gereicht, dazu kühles Bier… Wir aber klettern wie Krabbensammler durch Seetang und Möwendreck, auf der Suche nach einem nichtssagenden Kaff im Nirgendwo. Ihr scheint mich von der Häßlichkeit dieser Insel überzeugen zu wollen, Großmerkant!«
»Zugegeben, Morthyl ist nicht gerade für seine malerischen Landschaften bekannt«, antwortete Aelarian. »Doch die Insel bietet andere Vorzüge - zum Beispiel die reichen Silberminen, um die jede Menge Kriege geführt wurden. Die Gyraner haben Morthyl siebenhundert Jahre lang ausgepreßt wie eine reife Frucht, obwohl es den Einheimischen immer wieder gelang, das Joch der Fremdherrschaft abzuschütteln.« Er half Cornbrunn, einen brüchigen Stein zu übersteigen. »Auch unser Volk hat kräftig an dieser Insel verdient. Kaum hatten die Gyraner Morthyl erobert, eilten troublinische Händler mit ihren Segelschiffen herbei, um die neuen Herren mit Waffen und Wein und Weibern zu versorgen. Sie arbeiteten Hand in Hand mit den Besatzern zusammen, verschifften geschürftes Silber und morthylische Sklaven nach Gyr und schlugen einen prächtigen Gewinn dabei heraus. Morthyl ist bis heute eines der wichtigsten Handelsziele der Großgilde. Manche Kaufmannssippe aus Taruba verdankt ihren Reichtum vor allem dem Silberhandel mit der Insel.«
Mit verbissenem Gesichtsausdruck kämpfte sich Cornbrunn über die Steinplatten hinweg. »Behaupten nicht einige Familien sogar, Morthyl sei von ihren seefahrenden Ahnen im Silbermeer entdeckt worden?« Aelarian lachte auf. »Das ist natürlich Unsinn! Die Troublinier waren zwar die ersten, die Morthyl vom Westen aus erreichten. Doch entdeckt wurde die Insel vor weit über zweitausend Jahren, zu einer
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