Flammenbucht
Zauberschüler sah, den es zu unterrichten galt. Dann, nachdem er aus Larambroge entführt worden war, hatten die Goldei ihm die Maske Drafurs angelegt, damit er als ihr Wegführer die Sphäre durchschreiten konnte. Und auch die Zauberer von Oors Caundis hatten Laghanos benutzt, geblendet von den Möglichkeiten, die ihnen Drafurs Maske eröffnet hatte, auch wenn sie damit ihr Todesurteil unterzeichnet hatten.
Nun ist es das Heilige Spektakel, das mich formen will. Wieder soll ich ein Schüler sein, der den Anweisungen seiner Lehrerfolgt. Doch diesmal will ich mich nicht so einfach beugen.
Er tastete nach der Maske. Die goldenen Sporne und Stacheln lagen ruhig auf der Haut, sanft bebte das Gestänge, mit dem die Maske in seinen Schläfen verankert war. Sie war in den vergangenen Tagen stiller geworden, hatte sich Laghanos' Willen gefügt. Inzwischen hatte er herausgefunden, wie er durch leichte Bewegungen seiner Gesichtsmuskeln die Sporne der Maske hervorschnellen und mit ihnen nach der Sphäre tasten konnte. Er ahnte, daß sich die Sphäre auf diese Weise beeinflussen ließ und daß er die Maske bald gut genug beherrschen würde, um einen Weg in die Welt der Goldei zu finden - oder zu anderen Orten jenseits der Sphäre, von denen Sorturo ihm in manchen Lehrstunden erzählt hatte.
Noch aber war seine Macht nicht groß genug. Die Sphäre des Heiligen Spektakels war ihm weiterhin ein Rätsel. Vergeblich hatte er nach der Inneren und Äußeren Schicht gesucht, die jede Quelle umgaben. Hier aber fehlten diese magischen Hüllen. Die Sphäre des Heiligen Spektakels glich eher einem engmaschigen Netz, dessen Fäden auf seltsame Weise miteinander verknüpft waren. Wenn Laghanos nach ihnen greifen wollte, entglitten sie ihm. Dafür gab es nur eine mögliche Erklärung. Sorturo hatte ihm erzählt, daß die Zauberer der Alten Zeit die Fähigkeit besessen hatten, magische Orte mit eigenen Sphären zu erschaffen, lange bevor Durta Slargin die Quellen bezwungen hatte - Wunderwerke wie die Weinende Mauer von Siccelda oder der Leuchtturm von Fareghi. Sie hatten die Zeit überdauert, und auch wenn kein Zauberer das Geheimnis ihrer Entstehung entschlüsseln konnte, wirkte ihre Magie bis zum heutigen Tage.
Laghanos dachte an sein Gespräch mit Darsayn.
Vielleicht handelt es sich auch bei dem ›Gefüge‹ um ein solches Wunderwerk, erschaffen von dem ›Weltenschmied‹, den die Menschen verehren.
Er setzte sich im Bett auf, die Hände vor der Brust gefaltet, die Augen geschlossen. Dann begann er zu meditieren, so wie er es von Sorturo erlernt hatte. Sein Geist tastete nach den magischen Strömen, und die Maske richtete sich auf, um ihm beizustehen. Wirre Fäden aus Sphärenkraft umgaben ihn; widerwillig wichen sie beiseite, als Laghanos nach ihnen griff. Ihr Schimmern war ihm vertraut; die Ströme waren unverkennbar durch das magische Metall Silber gebündelt worden.
Die Silberdrähte… ich habe sie überall gesehen, an den Wänden, an den Höhlendecken. Ein Netz zur Lenkung der Magie, von Menschenhand geschaffen. Doch wo führen diese Drähte hin? Wo laufen sie zusammen? Ein Surren, ein Knistern setzte ein; die Maske zerrte an seiner Gesichtshaut. Wie Stacheln schnellten die goldenen Sporne hervor und tasteten nach den magischen Strömen, die Laghanos umfluteten. Die Sphäre ruft nach ihr! Aber wie ist das möglich? Wie kann das Heilige Spektakel mit einer Maske verbunden sein, die ich von den Goldei erhielt?
Er zwang die Maske zur Ruhe. Das goldene Gestänge ließ sich besänftigen; gehorsam fuhren die goldenen Sporne zurück, schmiegten sich surrend an sein Gesicht.
»Vertraue mir«, flüsterte Laghanos. »Was immer du auch sein magst, du bist nun ein Teil von mir. Wir gehören zusammen, du und ich. Uns wird nichts mehr trennen.«
Sein Gesicht lag im Halbdunkel. Schatten verbargen Mund und Nase; allein die rotgeäderten Augen waren zu erkennen, die von Wand zu Wand huschten und jeder Bewegung nachspürten.
»Das Zeitalter der Wandlung«, flüsterte der Haubenträger. »Es naht… schon kriecht der Nebel auf unsere Küsten zu. Der Wandelbare kehrt in die Hallen des Heiligen Spektakels ein.« Er legte die Stirn an die Felswand. »Bald wird der Weltenschmied entfesselt sein und die neue Zeit gestalten; und wir, seine Diener, müssen ihm zur Seite stehen.«
Langsam schob sich Darsayn durch einen Spalt in der Felswand, die Hände an das Gestein gepreßt. Sein Kopf wanderte aus den Schatten ins Licht. Müde wirkte sein
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