Flammender Diamant
anzusehen.« Erin wartete. Nur Schweigen am anderen Ende. »Was ist los, Dad, ist Cole Blackburn ein Schwindler?«
»Das können wir nicht am Telefon besprechen, Kleines.«
Erin spürte Ärger aufsteigen. Teilweise kam er daher, daß sie sich unbehaglich fühlte im Kontakt mit jener Welt, der sie sieben Jahre lang auszuweichen versucht hatte. Aber unangenehmer waren ihre noch älteren Erinnerungen, Erinnerungen daran, daß sie ausgeschlossen war aus der Welt der geheimnisvollen Spione, die so viel vom Leben ihres Vaters ausmachte.
»Hat Blackburn dir irgend etwas zu seiner Identifikation gezeigt?« fragte Windsor.
»Nur sich selbst. Bis aufs I-Tüpfelchen, hast du doch gerade gesagt. Soll ich glauben, was er gesagt hat?«
»Kleines, ich kann nicht -«
»Ja oder nein«, unterbrach ihn Erin. »Ein Wort.«
»So einfach ist es nicht. Ich komme morgen nach Los Angeles, dann können wir darüber reden.«
Erin blickte das Telefon an, als hätte es gerade die Farbe gewechselt. »Du kommst nach Los Angeles?«
»Hör dich doch nicht so erschreckt an. Ich habe dich seit fast einem Jahr nicht gesehen.« Seine Stimme veränderte sich und wurde härter. »Und nur damit ich dich auf keinen Fall verpasse, bleibe unbedingt im Hotelzimmer! Laß dir das Essen aufs Zim-mer bringen, ruh dich einfach solange aus. Hast du verstanden, Kleines?«
»Ja«, sagte sie, und es war klar, daß Windsor nicht wollte, daß sie das Zimmer verließ. »Aber ich mag das nicht besonders.«
»Ich auch nicht gerade«, sagte er flach.
Nach einer kurzen Pause erwiderte Erin: »Also gut, ich werde dich hier erwarten.«
»In deinem Zimmer.«
»In meinem Zimmer«, sagte sie zwischen die Zähne hindurch. Etwas wie ein Luftzug erklang, so als hätte Windsor erleichtert geseufzt. »Danke. Das bedeutet mir wirklich viel. Ich hab' dich lieb, Kleines.«
Noch bevor Erin antworten konnte, war die Verbindung unterbrochen. Ihr Vater hatte ihr oft gesagt, daß er sie lieb hatte, aber in den letzten sieben Jahren hatte er nicht mehr darauf gewartet, was sie antwortete.
Langsam legte Erin auf und wanderte ruhelos im Zimmer umher, knipste Lichter an, weil es hinter den geschlossenen Vorhängen schon dunkel wurde. Dabei fragte sie sich, warum ihr Vater darauf bestanden hatte, daß sie in ihrem Zimmer bleiben sollte. Vielleicht würde er es ihr ja morgen sagen. Vielleicht auch nicht. Er hatte sein Leben in jenem Wald aus Spiegeln verbracht, den verschiedene Nationen aufbauen, um einander zu verwirren. Er hatte den größten Teil seines Lebens an Orten verbracht, über die er nicht reden durfte. Weder mit seiner Frau noch mit seiner Tochter, vielleicht nicht einmal mit seinem Sohn, der auch Offizier beim CIA geworden war.
Erin verstand, warum die Arbeit ihres Vaters notwendig war, aber sie hatte dennoch eine tiefe Abneigung dagegen, nicht nur wegen der Dinge, die mit ihr geschehen waren, sondern auch, weil sich ihr Vater, den sie als intelligenten, nachdenklichen und menschlichen Mann kannte, durch diesen Beruf so verändert hatte. Geheimdienst bedeutete Leben im Geheimen, und ein Leben im Geheimen machte menschliches Vertrauen unmöglich. Erin wollte ihrem Vater vertrauen, am liebsten aber dem ganzen Rest der Welt.
Aber jedem zu vertrauen war kein sehr kluges Lebenskonzept und konnte zu einem sehr schmerzlichen Tode führen. Sie war schon einmal gerade noch davongekommen. Das nächste Mal würde sie vielleicht nicht so viel Glück haben.
8 . Kapitel
Das Licht des späten Nachmittags leuchtete wie Feuer durch die westlichen Fenster der Hotelsuite. Als die Strahlen durch den Raum wanderten, erwachte schimmerndes Leben in den dreizehn rauhen Kristallen, die auf dem Rosenholztisch lagen. Erin Windsor stand dicht am Tisch über ihre Kameraausrüstung gebeugt und war gänzlich auf die Steine konzentriert, bezaubert von dieser funkelnden, neuen Welt, die sie jetzt in extremer Vergrößerung vor sich sah. Sie hatte den ganzen Tag mit diesen geheimnisvollen Kristallstücken verbracht.
Mehr als einmal hatte sie das Gefühl gehabt, es würde ihr nicht gelingen, das subtile Spiel des Lichts und die unglaublich reinen Farben einzufangen, auch nicht das strahlende Glitzern, die bodenlosen Schatten und die kleinen Regenbogen, die bei starker Vergrößerung zwischen den abgerundeten Vertiefungen der Oberfläche zum Vorschein kamen. Wenn sie die Steine ein winziges Stückchen drehte, spiegelte sich das Licht in kleinen Flecken auf dem Tisch. Drehte sie sie in eine andere
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