Flammendes Eis
Eindringlinge waren nicht allein«, sagte Razow mit finsterer Miene. »Anscheinend wurden sie aus der Luft unterstützt.«
»Vom Militär?«
Razow schüttelte den Kopf. »Meine Quellen berichten, dass man das Flugzeug von Bord eines Schiffs namens
Argo
gestartet hat. Angeblich befindet es sich im Schwarzen Meer, um einen Forschungsauftrag der
NUMA
zu erfüllen.«
»Was ist diese NUMA?«
»Ich habe ganz vergessen, dass du viele Jahre von der Außenwelt abgeschnitten gewesen bist. Die National Underwater & Marine Agency ist die größte meereswissenschaftliche Organisation der Welt und verfügt über Tausende von Mitarbeitern. Der Pilot des Flugzeugs, der für den Tod der Wächter verantwortlich ist, zählt zum Forschungspersonal.«
Boris erhob sich und durchmaß mit großen Schritten die Kabine. »Das gefällt mir nicht. Wie kann ein Wissenschaftler oder Ingenieur bewaffnete Krieger zurückschlagen?«
»Gute Frage. Ich habe keine Ahnung. Eines jedoch weiß ich mit Sicherheit. Wir lassen uns nicht beirren. Ich habe befohlen, eine Verlegung unserer Aktivitäten vorzubereiten. Unterdessen wurde die Wachmannschaft verstärkt. Außerdem habe ich mir die Freiheit erlaubt, sie mit etwas zeitgemäßeren Waffen auszustatten. Es tut mir Leid. Ich weiß, wie sehr dir die Reinheit unserer Traditionen am Herzen liegt.«
»Ich stimme mit dir überein. Wir müssen in der Lage sein, die unreinen Mächte zurückzuschlagen. Was sagt dein Gewährsmann in Washington?«
»Sein Einfluss ist begrenzt, aber ich habe ihn gebeten, im Rahmen seiner Möglichkeiten tätig zu werden, ohne seine Tarnung aufs Spiel zu setzen.«
»Wir müssen wissen, mit wem wir es zu tun haben«, sagte Boris. »Diese NUMA ist vielleicht nicht das, was sie zu sein vorgibt.«
»Einverstanden. Es wäre leichtsinnig, den Fehler der Wächter zu wiederholen und sie zu unterschätzen.«
»Was weißt du über diese Fernsehleute?«
»Sie arbeiten im Auftrag einer amerikanischen Sendergruppe.
Zwei Männer und eine Frau.«
Boris strich sich nachdenklich über den Bart. »Das ist kein Zufall. Die Fernsehleute und diese NUMA sollen bestimmt irgendein amerikanisches Komplott verschleiern. Wo befinden sie sich jetzt?«
»An Bord der
Argo
und auf dem Rückweg nach Istanbul. Ich lasse sie durch ein Boot verfolgen.«
»Können wir das NUMA-Schiff versenken?«
»So leicht, als wollten wir ein lästiges Insekt zerquetschen, aber ich möchte vorläufig davon abraten. Es könnte zu viel Aufmerksamkeit auf unser Schwarzmeerprojekt lenken.«
»Dann müssen wir warten.«
»Ganz meine Meinung. Sobald wir im Schwarzen Meer fertig sind, kannst du dich rächen.«
»Ich füge mich deiner Weisheit, Mikhail.«
Razows Lächeln war so warmherzig wie das Grinsen einer Anakonda. »Nein, Boris,
du
bist der Weise von uns beiden. Ich verstehe mich auf Geschäfte und Politik, aber du verfügst über die visionäre Kraft, die uns eine strahlende Zukunft verheißt.«
»Und du wirst diese Vision in die Tat umsetzen, als einsamer Kämpfer gegen die Korruption und den Materialismus, die unser einst so großes Land wie ein Krebsgeschwür befallen haben.
Wir müssen der Welt zeigen, dass wir für eine gerechte Sache eintreten. Nichts darf sich uns in den Weg stellen, wenn wir die Dekadenz mit Stumpf und Stiel ausrotten.«
»Ich möchte dir etwas zeigen«, sagte Razow und drückte einen Knopf auf seinem Schreibtisch. »Das ist meine jüngste Ansprache vor der Armee.«
Ein Bild erschien auf dem Wandmonitor: Razow am Rednerpult in einer großen Halle. Das Publikum bestand aus Männern in den Uniformen der diversen russischen Teilstreitkräfte. Wenige Minuten nachdem Razow das Podium betreten hatte, hingen die Zuhörer gebannt an seinen Lippen. Je länger er sprach, desto größer wirkte er. Unter Einsatz seiner kraftvollen tiefen Stimme, seiner beeindruckenden Erscheinung und seiner Überzeugungen wandte er sich mahnend an die Menge:
»Wir müssen getreu dem Kredo unserer Kosakenbrüder handeln. Unser Volk hat das Joch des Osmanischen Reichs abgeschüttelt und Napoleon besiegt. Die Kosaken haben für Peter den Großen Asow eingenommen und Russlands Grenzen jahrhundertelang gegen Eindringlinge verteidigt. Nun, da wir sieben Millionen sind, werden wir mit eurer Hilfe die Feinde im Innern zerschmettern, die Finanziers, die Kriminellen und die Politiker, die unser Land unter ihren Stiefeln zu Staub zermahlen wollen.«
Es dauerte nicht lange, und die Menge sprang in einem beängstigenden
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