Flammendes Eis
weg in die Stadt und verdingte sich als Handlanger einer Erpresserbande. Sein Geschick als Schläger und Mörder brachte ihm erstklassige Honorare ein. Er wusste schon gar nicht mehr, wie oft er bereits widerspenstigen Kaufleuten die Kniescheiben zerschossen, säumigen Schuldnern eine Kugel in den Kopf gejagt oder aufsässige Prostituierte erdrosselt hatte. Am Ende benutzte er sein neu erworbenes Vermögen dazu, selbst ein Bordell zu erwerben.
Bald darauf eliminierte er seine früheren Arbeitgeber und erlangte die Kontrolle über eine ganze Kette von Freudenhäusern, die er durch eine Privatarmee aus skrupellosen Gangstern schützen ließ. Dann erweiterte er seinen Geschäftsbereich auf Glücksspiel, Drogen und Kreditwucher, entzog sich durch großzügige Bestechungen und strategische Morde dem Zugriff der sowjetischen Behörden und wurde Multimillionär. Er entwickelte sich zum Inbegriff des russischen Mobsters, und sofern nicht irgendwann ein noch aggressiverer Rivale auftauchte, würde niemand ihm je Einhalt gebieten können.
Der Bärtige blieb vor Razows Schreibtisch stehen und verschränkte die Hände. »Du hast mich gerufen, Mikhail?«
»Boris, mein lieber Freund und Ratgeber. Es tut mir Leid, falls ich deine Meditation gestört haben sollte, aber es gibt wichtige Neuigkeiten.«
»Der Test war demnach ein Erfolg?«
Razow nickte. »In Anbetracht des geringen Umfangs unseres Experiments fallen die ersten Schadensberichte äußerst beeindruckend aus.« Er betätigte einen Knopf auf der Tischplatte, und wie durch Zauberei erschien eine Ordonnanz mit einem Tablett, auf dem zwei Gläser und eine Flasche Wodka standen. Razow schenkte ihnen beiden ein und reichte Boris eines der Gläser. Dann schickte er den Diener weg, deutete auf einen Stuhl, nahm gegenüber Platz und prostete dem Freund zu.
Boris großer Adamsapfel hüpfte auf und ab, während er den Drink geräuschvoll hinunterkippte. Er leerte das Glas, als enthielte es bloß harmlosen Kräutertee, und fuhr sich mit dem behaarten Handrücken über den Mund. »Wie viele Tote?«, fragte er und konnte seine Neugier kaum im Zaum halten.
»Ein oder zwei«, erwiderte Razow achselzuckend. »Sie wurden offenbar gewarnt.«
Die seltsamen Augen des Mönchs blitzten in mörderischer Wut auf. »Ein
Informant
?«
»Nein, es war Zufall. Ein Fischer hat die Polizei verständigt, und der Hafen wurde evakuiert.«
»Wie schade«, sagte Boris und klang dabei aufrichtig bekümmert. »Nächstes Mal müssen wir dafür sorgen, dass es keine Warnung gibt.«
Razow nickte zustimmend und wies auf einen großen Computermonitor an einer der Wände. Darauf abgebildet war eine Weltkarte, auf der unzählige Leuchtpunkte die Positionen der ausgedehnten Ataman-Flotte markierten. Mittels einer Fernbedienung vergrößerte er einen Kartenausschnitt vor der Ostküste der Vereinigten Staaten, der eine ganze Reihe von Lichtern enthielt.
»Unsere Einsatzkräfte beziehen ihre Positionen.« Sein Blick wurde kälter. »Ich kann dir versichern, dass es nach Abschluss unserer Arbeit jede Menge Tote zu zählen geben dürfte, und das wird längst noch nicht alles sein.«
Boris lächelte. »Dann läuft das Nordamerikaprojekt also planmäßig an?«
Razow füllte ihre Gläser nach. Er wirkte beunruhigt. »Ja und nein. Es gibt ein paar Punkte von entscheidender Bedeutung, die ich mit dir besprechen möchte. Sie haben Einfluss auf unsere Pläne. Wir müssen uns einem unvorhergesehenen Problem widmen. Unsere Schwarzmeeroperation wurde gestört.«
»Hat etwa Moskau von unseren Aktivitäten Wind bekommen?«
»Die Dummköpfe in Moskau sind nach wie vor ahnungslos«, entgegnete Razow mit unverhohlener Geringschätzung. »Nein, es war nicht die Zentralregierung. Ein amerikanisches Fernsehteam ist in der Nähe des alten U-Boot-Stützpunkts an Land gegangen.«
»Amerikaner?«
Er riss die Arme hoch. »Ein Geschenk des Himmels«, sagte er mit funkelndem Blick. »Ich hoffe, ihre Hälse haben die scharfen Klingen der Wächter zu spüren bekommen.«
»Ganz im Gegenteil. Es gab einen Kampf, und die Wächter wurden in die Flucht geschlagen. Einige deiner Männer haben dabei ihr Leben verloren.«
»Wie konnte das geschehen, Mikhail? Die Wächter sind darauf trainiert, schonungslos zu töten.«
»Stimmt, sie sind vorzügliche Reiter, Kosakenkrieger in höchster Vollendung. Ihre Waffen sind traditionell, aber effektiv.«
»Wie konnte ein unbewaffnetes Fernsehteam ihnen also Widerstand leisten?«
»Die
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