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Flammendes Eis

Flammendes Eis

Titel: Flammendes Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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Dröhnen ertönte. Petrow spürte noch, dass er weggeschleudert wurde. Dann verlor er das Bewusstsein.
    Als er aufwachte, stieg ihm der antiseptische Geruch eines sowjetischen Hospitals in die Nase. Sein gebrochenes und zerfetztes Bein hing in einer Zugschlaufe, und auf seiner rechten Gesichtshälfte lag ein dicker Verband. Als das Minitauchboot an die Oberfläche katapultiert worden war, von wo aus man es samt Passagier an Bord holen konnte, hatten gezackte Plastik- oder Metallscherben seine Wange zerfleischt. Bis zur Heilung der geschädigten Trommelfelle musste er ein Hörgerät tragen. Erst nach vier Wochen Krankenhausaufenthalt entließ ma n ihn in die Obhut einer Pflegerin, und er konnte in seine Datscha zurückkehren, das kleine Landhaus vor den Toren Moskaus.
    Dort saß er im Wohnzimmer und las Tolstoi, als die Krankenschwester ihm einen Strauß roter, weißer und blauer Nelken brachte. Zwischen den Blumen steckte eine kleine Karte.
    Bei dem Gedanken an diesen Tag zog Petrow nun einen Umschlag aus der Akte hervor. Die Karte darin war im Laufe der Jahre vergilbt, aber die auf Englisch verfasste Nachricht in großen Blockbuchstaben ließ sich immer noch deutlich entziffern.
    »Ihr Unfall tut mir sehr Leid, Iwan. Warum haben Sie auch nicht auf meine Warnung gehört? Werden Sie schnell wieder gesund, damit wir endlich zu unserem gemeinsamen Drink kommen. Die erste Runde übernehme ich. John Doe.«
    Austin hatte beinahe Petrows Leben und Karriere beendet.
    Und jetzt schnüffelte derselbe Mann an einem Ort herum, der eine wichtige Rolle in Petrows sorgfältig ausgearbeiteten Plänen spielte. Austin konnte nicht wissen, wie gefährlich diese Einmischung war. Wie prekär sich die Lage in Russland zurzeit präsentierte. In der Geschichte dieses Landes hatte es immer wieder herzlose, unfähige, ja sogar psychopathische Führer gegeben. Petrow gehörte zu den Tausenden von anonymen Klonen, die den Befehlen ihrer Herren bereitwillig gehorchten und so zu deren Machterhalt beitrugen. Und jetzt schien dieser zerbrechlichen Nation eine neuerliche Orgie der Selbstzerstörung zu drohen. Bald schon würde der Zorn in Mütterchen Russlands Seele überkochen und das Land von Sibirien bis nach Sankt Petersburg erfassen.
    Petrow las noch einmal die Karte und nahm dann den Telefonhörer ab.
    »Ja, Sir?«, meldete sich ein verlässlicher Assistent, dessen Büro in einem anderen Teil des Landwirtschaftsgebäudes lag.
    »Ich möchte, dass in einer Stunde ein Flugzeug nach Istanbul bereitsteht.« Danach befahl er, man möge seine Geliebte anrufen und die Verabredung zum Abendessen absagen.
    »Soll ich Fräulein Kostikow noch etwas Besonderes ausrichten?«, fragte der Assistent.
    Petrow überlegte eine Weile. »Ja«, sagte er dann. »Richten Sie ihr aus, ich müsse einem alten Freund einen Gefallen vergelten.«

7
    Noworossijsk, Schwarzes Meer
    Der bärtige Mann saß mit übergeschlagenen Beinen im Lotussitz auf dem Teppichboden der dunklen Kabine und hielt die groben Bauernhände locker im Schoß verschränkt. Er verharrte bereits seit mehr als zwei Stunden in dieser Haltung, und nur das leichte Heben und Senken seiner schmalen Brust deutete darauf hin, dass er noch lebte. Sein Puls war kaum wahrnehmbar, und sein langsamer Herzschlag hätte jeden Kardiologen in helle Aufregung versetzt. Die schweren Lider über der vorspringenden Nase waren geschlossen, aber er schlief nicht und war auch nicht wach. Die dicken Lippen hatten sich zu einem glückseligen Lächeln verzogen. Unsichtbar verborgen hinter den Dornensträuchern, die das Dickicht seines Verstands umgaben, lauerten die unergründlichen Tiefen eines wahnsinnigen Intellekts.
    Jemand klopfte leise an die Tür. Es war dem Bärtigen nicht anzumerken, ob er das Geräusch vernommen hatte. Das Klopfen wiederholte sich, diesmal lauter und etwas nachdrücklicher.
    »Ja«, sagte der Mann auf Russisch. Seine tiefe Stimme klang, als würde sie aus dem unterirdischen Gewölbe einer Katakombe ertönen.
    Die Tür öffnete sich einen Spalt, und ein junger Mann in der Uniform eines Schiffsstewards spähte in die Kabine. Aus dem Gang fiel Licht auf das Antlitz des Sitzenden. Der Steward schickte ein Stoßgebet zum Himmel, das seine Großmutter ihm beigebracht hatte, um böse Geister abzuwehren. Dann nahm er allen Mut zusammen und ergriff das Wort. »Verzeihen Sie die Störung, Sir.«
    »Was gibt es?«
    »Mr. Razow bittet Sie, in die Hauptkabine zu kommen.«
    Zwei tief liegende blassgelbe Augen

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