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Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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zwischen sie und das Telefon zu stellen.
    »Setz dich«, fährt Anja ihn an.
    Carlos setzt sich und hört Verner mit schwacher Stimme erklären:
    »Ich sitze schon …«
    »Sie rufen jetzt Saga an und entschuldigen sich bei ihr«, sagt Anja ernst in den Hörer.

135
    DER VOR DEM KRANKENHAUSZIMMER POSTIERTE POLIZIST betrachtet Saga Bauers Dienstausweis. Er sagt, dass die Patientin bald zurück sein wird und hält ihr die Tür zu Zimmer 703 auf.
    Saga geht ein paar Schritte ins Zimmer hinein und bleibt vor den zwei Personen stehen, die in dem leeren Raum warten. Das Bett ist fort, aber der Infusionsständer steht noch da.
    »Entschuldigen Sie«, sagt eine Frau in einer grauen Kostümjacke.
    »Ja«, erwidert Saga.
    »Sind Sie eine Freundin von Vicky?«
    Ehe Saga antworten kann, geht die Tür erneut auf und Joona Linna betritt den Raum.
    »Joona«, sagt Saga erstaunt und gibt ihm lächelnd die Hand. »Ich dachte, du wärst suspendiert.«
    »Das bin ich auch«, bestätigt er.
    »Das hört man gern«, sagt sie.
    »Die internen Ermittler machen einen guten Job«, erwidert er und lächelt so breit, dass er Grübchen bekommt.
    Staatsanwältin Susanne Öst geht mit einem fragenden Blick auf Saga zu.
    »Staatsschutz?«, fragt sie. »Ich hätte vielleicht gedacht … ich meine, ich bat um …«
    »Wo ist Vicky Bennet?«, fragt Saga.
    »Die Ärztin wollte eine weitere Computertomographie machen lassen«, sagt Joona, stellt sich ans Fenster und blickt hinaus.
    »Wir haben heute Morgen beschlossen, Vicky Bennet vorläufig festzunehmen«, berichtet die Staatsanwältin. »Aber es wäre natürlich schön, noch vor dem Haftprüfungsverfahren ein Geständnis vorliegen zu haben.«
    »Sie haben die Absicht, Anklage zu erheben?«, fragt Saga erstaunt.
    »Wissen Sie«, antwortet Susanne Öst abgeklärt. »Ich war da, ich habe die Leichen gesehen. Vicky Bennet ist fünfzehn und gehört in eine ganz andere Kategorie als jemand, den man in eine geschlossene Einrichtung für Jugendliche steckt.«
    Saga lächelt skeptisch:
    »Aber eine Haftstrafe …«
    »Verstehen Sie mich bitte nicht falsch«, unterbricht die Staatsanwältin sie, »aber ich hatte ehrlich gesagt mit einem erfahrenen Vernehmungsleiter gerechnet.«
    »Verstehe«, sagt Saga.
    »Aber Sie sollen natürlich eine Chance bekommen, das sollen Sie. Das finde ich nur richtig.«
    »Danke«, erwidert Saga verbissen.
    »Ich habe hier bereits einen halben Tag verbracht und kann Ihnen versichern, dass es sich um kein gewöhnliches Verhör handelt«, sagt Susanne Öst und atmet tief durch.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Vicky Bennet hat keine Angst – sie scheint den Machtkampf vielmehr zu genießen.«
    »Und Sie?«, fragt Saga. »Genießen Sie den Machtkampf?«
    »Ich habe keine Zeit für Vickys Spielchen, und für Ihre auch nicht«, antwortet die Staatsanwältin kurz angebunden. »Morgen werde ich beim Amtsgericht ein Haftprüfungsverfahren beantragen.«
    »Nachdem ich mir die einleitende Vernehmung angehört habe, bin ich nicht der Meinung, dass Vicky Bennet spielt«, sagt Saga.
    »Es ist bloß ein Spiel«, beharrt die Staatsanwältin.
    »Das glaube ich nicht, aber Morde können auch für den Mörder traumatische Erlebnisse sein, und wenn das so ist, nimmt die Erinnerung die Form von Inseln mit fließenden Grenzen an.«
    »Und was lernt man beim Staatsschutz darüber, wie man dann vorgehen soll?«
    »Der Vernehmungsleiter sollte davon ausgehen, dass jeder gestehen und verstanden werden will«, antwortet Saga, ohne Susanne Östs provokativem Ton Beachtung zu schenken.
    »War das alles?«, fragt die Staatsanwältin.
    »Ich denke immer daran, dass ein Geständnis mit dem Gefühl von Macht verbunden ist, weil der Geständige die Macht über die Wahrheit besitzt«, fährt Saga freundlich fort. »Genau deshalb funktionieren Drohungen nicht, während Freundlichkeit, Respekt und …«
    »Vergessen Sie nur nicht, dass sie unter dem Verdacht steht, zwei sehr brutale Morde begangen zu haben.«
    Im Flur nähern sich Schritte, und das Rollgeräusch des Betts wird lauter.

136
    VICKY BENNET wird von zwei Krankenschwestern hereingeschoben. Ihr Gesicht ist stark angeschwollen. Wangen und Stirn sind voller schwarzer Wunden. Die Arme hat man verbunden, und der Daumen ist mit einem Gips fixiert worden. Das Bett wird abgestellt, und der Infusionsbeutel an den Ständer gehängt. Vicky liegt mit offenen Augen auf dem Rücken. Sie schert sich nicht um die tastenden Versuche der Krankenschwestern, ein

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