Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammenopfer

Flammenopfer

Titel: Flammenopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Liemann
Vom Netzwerk:
dir als eine Art Hippiebraut vorstellen. Gleichzeitig wirkt sie viel reifer. Und sie ist nicht nur hübsch. Wie soll ich sagen?«
    Rolf Korbmann rührte mit einem Holzlöffel in der Soße herum, ohne dass es kratzte, und fand in dem Regalaufbau eine weitere, diesmal winzige Flasche, aus der er etwas auf den Teller tropfte. » Gut, du bist verknallt. Und weiter?«
    » Sie sitzt im Knast. Untersuchungshaft. Weil Trau… Weil dieser Typ sie festgesetzt hat. Ich habe sie dort besucht, weil ich den Auftrag dazu bekommen hatte. Da wusste ich noch nicht, dass sie es ist. Und jetzt, im Gespräch, wirft sie mir vor, dass ich alles gewusst hätte. Sie dreht das so, als sei sie diejenige gewesen, die von vornherein alles geplant hat. Sie sei nur deshalb auf dem Dach vor meiner Nase gewesen, damit sie mich als Alibi angeben kann. Wir hätten stundenlang gequatscht, während anderswo gezündelt wurde. Blödsinn natürlich.«
    » Könnte doch sein, dass sie dich als Vorwand ausgesucht hat.«
    » Quatsch. Man hat ihr in der Vernehmung Gewalt angetan. Psychische Gewalt, eine Art Gehirnwäsche. Das versucht sie zu kompensieren, indem sie die Aggression auf mich ableitet.«
    » Warte mal eine Sekunde.« Korbmann ging hinaus, blieb ein, zwei Minuten, und kam mit der Wärme des Gartens zurück in die Küche. Aus seinen Händen fielen unterschiedliche Blätter, die Sternenberg als Kräuter deutete. Einen Teil davon zerhackte Korbmann auf einem Brett, einen anderen wusch und zupfte er. In der Marinade wendete er beinahe feierlich den Lachs, der dabei auf eine wollüstige Weise zwischen seinen Händen durchhing.
    » Ich habe noch nicht verstanden, ob ihr einen Verdächtigen habt.«
    » Wir nicht. Ich glaube, dass das Nachbardezernat, das wir beobachten sollen, eine Spur hat.«
    » Aber keine zuverlässige?«
    » Genau.«
    Rolf Korbmann hatte die Flamme unter dem Gusseisengitter entfacht. Er schwenkte die Pfanne und stellte sie auf den Herd. Dann beugte sich der große Korbmann zur Pfanne hinunter und bearbeitete den Lachs mit einem Löffel, bald etwas vom Fett nehmend, bald von der Marinade. Es brutzelte.
    Sternenberg verlor die Übersicht bei dieser Zeremonie. » Wir haben Brände mit Sachschäden und andere mit Toten. Eine Systematik ist nicht erkennbar.«
    » Ihr braucht eine Art Profiling, oder?«
    » Du siehst zu viele amerikanische Filme, Rolf.«
    » Ich sehe so was gar nicht. Aber es gibt doch Methoden zu erkennen, wo in einer Fülle von Fällen die Gemeinsamkeiten liegen. Sofern es welche gibt.«
    » Eben«, sagte Sternenberg, » wenn es welche gibt. Da tappen wir, um ein Polizeiklischee zu bemühen, noch im Dunkeln.«
    » Nimmst du mal die Teller und das Besteck? Aber erwarte nicht zu viel, es ist, wie gesagt, nur eine Notlösung. Was trinkst du? Wein?«
    » Gern.«
    » Weiß, nehme ich an?«
    » Jo, passt wohl am besten zu Lachs.«
    Rolf Korbmann suchte mit der Pfanne in der Hand in der Speisekammer. » Hab’ nur Roten, glaube ich.«
    » Sehr gut«, rief Sternenberg durch die offene Tür.
    Der Freund kam mit zwei Flaschen in der linken Hand heraus. Dann ging er mit der Pfanne wieder zum Herd und deutete auf den Korkenzieher. Sternenberg löste den Kapselrand und setzte die Seele im Lot an, verharrte aber in dieser Stellung.
    » Rolf, das geht nicht.«
    » Was ist denn?«
    » Rioja 1981 … Nee, den pack mal wieder weg.«
    » Passt nicht zum Lachs, oder was?«
    » Nee, der ist eine Klasse zu hoch für mich. Ziemlich edler Tropfen.«
    » Ich habe zwölf Flaschen davon bekommen. War eine zufriedene Patientin mit einer Bradyarthrie …«
    » Das ist ein Jahrgang Rolf, den kannst du für einen echten Anlass aufheben.«
    Rolf Korbmann hatte den Lachs zerlegt und machte auf ärgerlich: » Es gibt keinen Anlass. Du und ich, das ist der Anlass. Mach das Ding auf, und halt die Klappe. Ich trinke sowieso kaum was. Mach schon.«
    Es war eine unmögliche Kombination. Aber auf der Kruste des warmen Graubrotes, das frisch aus dem Ofen kam, lagen Stücke schottischen Lachses, der am Gaumen zerfiel, und die Verbindung von wenig buttrigem Fett mit Rolfs Gewürzmarinade war so gut, dass sich als ehernes Gesetz ableiten ließ, Lachs niemals mehr anders als auf diese Weise zu servieren.
    Der Rioja wog schwer, wurde aber vom Brot gezäumt. Die beiden Männer aßen und tranken und gossen sich Wasser und Wein nach. Dann stellte Korbmann die Pfanne auf den Tisch, und sie nahmen die Brotkrusten, um die warmen Reste aufzusaugen. Das war die Steigerung,

Weitere Kostenlose Bücher