Flammentochter (German Edition)
nicht geweckt?“, fragte sie unschuldig . „Es ist ja schon fast Mittag.“
„Guten Morgen, Liebes.“ Er wandte sich kurz um und lächelte, während er einen Teller abtrocknete und in den Schrank stellte. „Du hast unter der Woche hart gearbeitet, ich wollte dich ausschlafen lassen. Außerdem bist du alt genug, um zu wissen, wie lange du schlafen willst , oder?“
Sie küsste ihn auf die Wange und nickte. „Da hast du auch wieder Recht.“ Ein großer Stein fiel ihr vom Herzen, als sie erkannte, dass ihr Ausflug in den Schimmerwald tatsächlich unbemerkt geblieben war. „Ich würde nachher gerne zu Annah hinüber gehen, Vater. Ich habe sie wegen Skorbut behandelt und möchte sehen, wie es ihr geht.“
Ihr Vater hielt inne, legte das Geschirrtuch zur Seite und wandte sich seufzend zu ihr um.
„Langsam muss ich mich wohl damit abfinden, dass du es nicht lassen kannst, oder?“
Arvinja grinste. „Ja, das musst du. Tut mir leid, Vater.“
„Aber lass uns vorher wenigstens zusammen essen, ja?“
„In Ordnung.“
Auf dem Weg zu Annah huschten Arvinjas Blicke immer wieder zum Schimmerwald hinüber. Hätte sie gewusst, dass Vater ihre Abwesenheit nicht bemerkt hatte, hätte sie sich bereits für morgen mit Aries verabredet.
Aries …
Arvinja s Herz begann schneller zu schlagen, als sie an den schönen Zentauren dachte. Er schien wie aus einem Traum entsprungen und machte ihr Leben plötzlich aufregend und spannend. Sie konnte es kaum erwarten, ihn wieder zu sehen.
****
Arvinja legte die beiden Hufeisen, die sie eben fertig gemacht hatte , ab und blickte zu ihrem Vater hinüber.
„Wenn du nichts dagegen hast, würde ich mir für heute Nachmittag gerne frei nehmen “, sagte sie vorsichtig.
Er ließ den Hammer sinken und blickte sie überrascht an.
„Geht es dir nicht gut, Liebes?“
„Doch, mir geht’s gut, Vater“, antwortete Arvinja zögernd. „Aber ich würde gerne zur Grimhöhe hinauf gehen. Reeza sagte mir gestern, dass sie dort größere Ansammlungen von Geissraute und Bockshornklee gesehen hat. Ich möchte sie ernten, bevor sie welken. Es hat seit zwei Wochen nicht mehr geregnet.“
„Arvinja.“ Ihr Vater blickte sie ernst an. „Ich habe dir erlaubt, neben der Schmiedelehre die Heilkunst auszuüben, wenn es sich in Grenzen hält .“
„Ich weiß“, sagte sie betont schuldbewusst. „Aber Ewa hat doch vor drei Tagen ihr Baby bekommen und sie hat Probleme beim Stillen. Diese Kräuter sind milchför dernd, ich muss ihr doch helfen! “
Als ihr Vater immer noch unschlüssig dreinblickte, ging sie zu ihm hinüber.
„Bitte … “, sagte sie flehend und legte dabei den Kopf schief.
Schließlich seufzte er schwer und nickte . „ Na schön. Wie soll ich denn auch nein sagen, wenn du mich so ansiehst?“, schalt er halbherzig. „Geh schon, bevor ich es mir anders überlege!“
„Danke, Vater! Ewa wird so froh sein!“ Sie küsste ihn flüchtig auf die Wange, riss sich die Schürze vom Leib und eilte aus der Schmiede. Sie rannte nach Hause, zog eine frische Bluse und einen Rock an, wusch sich das Gesicht und löst e das Lederband, das ihre Haare zusammen hielt. Dann machte sie sich auf zum Schimmerwald und mit jedem Schritt steigerte sich ihr Puls mehr und mehr zu einem rasenden Stakkato . Am Waldrand angekommen war sie bereits das reinste Nervenbündel, völlig außer Atem stützte sie sich am Stamm einer Kiefer ab. Sie spähte in den Wald hinein und spürte wieder, welch gewaltige Anziehungskraft dieser Ort auf sie ausübte . Ob Aries kommen würde? Einen winzigen Moment überfiel sie der absurde Gedanke , dass er womöglich nur die Ausgeburt ihrer Fantasie gewesen war … zu schön, um wahr zu sein. Sie zuckte zusammen, als sie seine tiefe Stimme hörte.
„Arvinja! Hier drüben!“
Sie folgte der Stimme und erblickte Aries in einiger Entfernung . Wie aus einem Märchen entsprungen stand er im Zauberwald, mächtig und stolz. Arvinja fasste sich automatisch an die Brust, als wollte sie verhi ndern, dass ihr das Herz heraus sprang. Sie sah sich noch einmal um, bevor sie ihm entgegen ging . Er blickte auf sie hinunter und lächelte.
„Hallo.“
„Aries.“ Sie spürte die Hitze, die sich in ihrem Körper ausbrei tete und ihre Wangen rot färbte und verfluchte sich dafür innerlich.
„Na? Hast du Ärger bekommen ? Mit deinem Vater?“, fragte er. S eine tiefe, samtene Stimme streichelte ihre Haut und ließ sie frösteln .
„Er hat gar nichts bemerkt“,
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