Flammenzungen
gerade ihren Cousin gegen Kimoras Bild. Skyler kippte zur Seite und riss die Leinwand mit sich. Aber er fing sich, bevor er stürzte. Blitzschnell drehte er sich herum, griff das Kunstwerk und hieb es Lorcan über den Kopf. Zumindest war das sein Plan gewesen. Lorcan jedoch wich leichtfüßig aus. Anscheinend machte sich das Boxtraining bezahlt.
Skyler hatte das Bild noch nicht losgelassen, da traf Lorcans Faust schon auf sein Kinn. Die Wucht schleuderte ihn nach hinten. Lorcan machte einen Schritt nach vorn, boxte Skyler in den Bauch und blieb über ihm stehen. Doch Skyler stand nicht mehr auf. Wimmernd lag er im Korridor und krümmte sich. Er tastete seinen Kiefer ab, rührte sich ansonsten jedoch nicht mehr.
Wäre Amy nicht so erschöpft gewesen, hätte sie applaudiert. Wie sich nun zeigte, befand sich in Skylers aufgepumptem Oberkörper nur Luft. Mehr schöner Schein. In Lorcans Muskeln jedoch steckte durch das Boxen Kraft.
Lorcan eilte zu Amy und nahm sie vorsichtig in den Arm.
Dann legte er seine Handflächen an ihre Wangen und küsste ihr Gesicht unzählige Male.
„Wie hast du mich gefunden?“ Ihre Stimmbänder fühlten sich an wie Schmirgelpapier. Das Sprechen bereitete ihr große Mühe. „Du musstest doch denken, dass ich zu meinen Eltern gefahren bin.“
Er half ihr beim Aufstehen. „Dein Wagen stand noch am Straßenrand. Wo konntest du sonst sein, wenn nicht bei deinem Cousin?“
Natürlich! Daran hatte sie nicht gedacht. Manchmal waren die Dinge so einfach. Schluchzend schmiegte sie sich an ihn. „Ich bin so froh, dich zu sehen. Ohne dich wäre ich jetzt...“
„Scht“, machte er und streichelte ihren Rücken. „Denk nicht einmal daran.“
„Wie rührend! Ich könnte kotzen“, spöttelte eine vertraute Stimme hinter ihnen.
Lorcan flog herum, ohne Amy loszulassen, die ein verzagtes Krächzen von sich gab.
Ungehalten fuchtelte Skyler mit einem Revolver herum. „Leider, leider muss ich das traute Paar nun trennen. Geh von ihr weg, Penner, zum Küchentisch, sonst schieße ich euch beide über den Haufen. Dann hast du sie auf dem Gewissen.“
„Das ist mein Colt.“ Eindeutig. Amy erkannte das altmodische Modell wieder - den Perlmuttgriff, der an einer Stelle einen Riss hatte, und den zerkratzten Lauf, als hätte ihr Großvater ihn früher einmal mit Stahlwolle abgerieben.
Skyler betrachtete die Waffe, als sähe er sie zum ersten Mal. Aber er spielte nur mit ihnen, denn im nächsten Moment lachte er fies. „Ich dachte, es wäre sicherer, die Pistole an mich zu nehmen, wo dein neuer Mitbewohner doch auf der Suche nach mir war.“
„Wovon redest du?“ Lorcans Brauen zogen sich zusammen.
Amy staunte nicht schlecht. „Du weißt, wer er ist?“ „Weg von ihr, sage ich!“, brüllte Skyler. Da Lorcan sich immer noch nicht rührte, schoss er. Aber er hatte offenbar nicht vorgehabt, sie zu treffen, denn die Kugel drang über ihren Köpfen in die Wand ein, obwohl er nah vor ihnen stand. „Wenn du nicht willst, dass ich sie auch umlege, tu, was ich sage.“
Ihr Cousin hatte vor, Lorcan zu erschießen. Panisch hielt Amy ihren Geliebten fest. Doch Lorcan drückte ihr aufmunternd den Arm, löste sich sanft aus ihrem Griff und bewegte sich langsam von ihr fort.
„Ich hätte ihn gleich aus dem Weg räumen sollen,“ Skyler schnaubte. „Aber ich machte mir einen Spaß daraus, zu sehen, wohin das kleine Räuber-und-Gendarm-Spiel führt. Das war ein Fehler, das sehe ich jetzt ein, daher werde ich ihn korrigieren.“
„Nein!“, schrie Amy. Ein Ruck ging durch ihren Körper. Sie wollte zu Lorcan eilen und sich schützend vor ihn stellen, aber er bedeutete ihr, dort, zwischen Herd und Arbeitsplatte, stehen zu bleiben, zumal Skyler nun den Lauf auf sie richtete. Entsetzt erstarrte sie.
„Ich habe große Pläne mit dir. Die totale Unterwerfung.“ Bei den letzten Worten machte er eine Geste, als würde er seine letzten drei Worte als Schriftzug auf Plakaten und somit als Motto einer Werbekampagne sehen. „Ich träume davon, eine Frau abzurichten, bis sie freiwillig für mich ins Feuer geht, einfach nur weil ich es ihr befehle. Der ultimative Kick.“
Skyler war völlig von Sinnen. Er wollte aus ihr eine fleischgewordene Marionette machen. Das konnte Amy nicht zulassen. Eher würde sie sterben. Sie ließ den Blick umherschweifen. Der Küchenstuhl war zu weit weg, um sich damit zu verteidigen. Aber die Pfanne befand sich in Reichweite. Unauffällig schob sie die Finger näher
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