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Flandry 6: Schattenwelt

Flandry 6: Schattenwelt

Titel: Flandry 6: Schattenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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schritt im Salon auf und ab. Manchmal verschränkte er die Hände hinter dem Rücken, manchmal ballte er sie an den Seiten zu Fäusten. Sein Tonfall wurde rasch und unpersönlich:
    »Sie wirkten jedoch wie ein wichtiger Spielstein. Weshalb sollte man in Ihrem Fall derart unglaublich pfuschen? Allein Ihre Versklavung auf Terra. Ich habe rechtzeitig von Ihnen gehört, doch es war pures Glück, dass es geschah, ehe man Sie in ein Hurenhaus warf. Und wie hätte Ihr Onkel, der Gospodar, auf diese Nachricht reagiert?«
    »War denn beabsichtigt, dass sie ihn erreichte?«
    »Oh, unsere Feinde konnten nicht sicher sein, was geschehen würde; Sie haben die Wahrscheinlichkeit allerdings zu ihren Gunsten verändert. Sie müssen beträchtliche Zeit und Mühe darauf verwendet haben, Sie zu finden. Flandrys Gesetz: ›In einer hinreichend großen Bevölkerung wird zumindest ein Mitglied jedem gewünschten Satz von Vorbedingungen entsprechen.‹ Die Schwierigkeit ist nur, dieses Mitglied zu finden.«
    »Was?«, rief Kossara aus. »Meinen Sie … weil ich war, wer ich war, und mich in der Position befand, in der ich mich befand – das ist der Grund, weshalb Dennitza …« Ihr versagte die Stimme.
    »Nun, sagen wir, Sie waren ein wichtiger Faktor«, erwiderte er. »Ich bin mir nicht ganz sicher, wie Sie ins Spiel kamen, aber ich kann es mir denken. Auf der Grundlage meiner eigenen vagen Ideen habe ich Sie, wie Sie ja schon gehört haben, als Lockvogel benutzt. Dazu gehörte, Sie auf der Reise nach Diomedes nachhaltig gegen mich einzunehmen, dann vorsätzlich Ihr Leben, Ihre körperliche Unversehrtheit, Ihre geistige Gesundheit aufs Spiel …«
    Er hielt mitten im Schritt inne. Seine Schultern sackten herab. Kossara konnte ihn kaum hören, auch wenn er ihrem Blick standhielt: »Mit jeder Minute tut das, was ich getan habe, schlimmer weh.«
    Sie wollte ihm entgegnen, dass sie ihm vergeben hatte, ja sogar ihn bei den Händen nehmen und es ihm sagen; aber nein, er hatte sie schon zu oft angelogen. Mit Mühe brachte sie hervor: »Ich bin überrascht.«
    Er grinste ironisch. »Weniger als ich.« Er kehrte zurück, warf sich wieder auf die Bank, schlug ein Bein über das andere und sah sie an. Dann nahm er einen langen Zug aus seinem Glas und zog das Zigarettenetui hervor. Als die erste Rauchwolke aufstieg, fuhr er fort:
    »Nehmen wir einmal den Standpunkt des Feindes ein, das heißt, was ich erfahren und schlussfolgern konnte.
    Unsere Gegner begreifen … – oder jedenfalls eine Schlüsselgestalt unter ihnen – er also begreift, dass sich das Terranische Imperium in einer Phase befindet, in der Perioden des Bürgerkriegs genauso sehr zu erwarten sind wie Anfälle von Delirium bei chronischem Umwi-Fieber. Dessen war ich mir bis vor kurzem gar nicht bewusst. Ein Gespräch, das ich führte, brachte mich jedoch zum Nachdenken und Recherchieren. Er allerdings, mein Gegner, er wusste die ganze Zeit davon. Endlich begreife ich, dass er seine ganze Strategie in den letzten beiden Jahrzehnten darauf gegründet hat. Da ich ihn kenne, glaube ich an diese Theorie, wenn er sie glaubt, wohl auch. Heutzutage sind wir sehr verwundbar für Brudermord, Kossara. Und was könnte sich Merseia mehr wünschen, besonders, wenn es genau den passenden Konflikt in genau dem passenden Augenblick auslösen kann?
    Wir sind infiltriert worden. Die Merseianer haben bei uns Schläfer – die vielleicht ihr ganzes Leben schlafen –, besonders in meinem Dienstzweig, wo sie einander gegenseitig decken können … und besonders in dieser Generation, als das Chaos, erst durch das Regime Josips und dann durch den Erbfolgestreit, es Merseia einfacher machte, seine Agenten als legitime Freiwillige aus den Kolonien einzuschleusen.
    Die Menschen auf Diomedes, die mithilfe eines clever eingesetzten alatanistischen Elements – wodurch sie einen Teil unseres Augenmerks auf Ythri lenkten – die Revolution schürten, waren keine Dennitzaner. Es waren Kreaturen des Roidhunats, die sich als Dennitzaner ausgaben. Nein, nicht offensichtlich – damit hätten sie sich verraten. Aber den Aufstand schürten sie ganz gewiss, denn jede Malaise bei uns ist ein Gewinn für Merseia. Doch ein Hauptziel der ganzen Operation bestand darin, einen weiteren Keil zwischen Ihr und mein Volk zu treiben, Kossara.«
    Ihr lief es eiskalt den Rücken hinunter. Sie starrte ihn an und wisperte: »Diese Männer, die mich gefangen haben – und Trohdwyr ermordeten –, die mich folterten und verurteilten …

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