Flandry 6: Schattenwelt
Thursday Landing geblieben und hätte Detektiv gespielt … zumindest so lange, um einem Attentäter, der eigens auf mich wartete, die Chance zu einem Anschlag zu bieten.
Nein! Das ist zu phantastisch! Vergiss es wieder!
»War es denn keine Schlappe für den Feind?«, fragte Kossara.
»Ich fürchte nein. Ich glaube kaum, dass Merseia seinen Aufstand auf Diomedes bekommen wird, aber das ist nur eine kleine Enttäuschung. Ich bin sicher, die ganze Operation war hauptsächlich ein Mittel zu dem Zweck, das Imperium in eine Position zu manövrieren, in der es Dennitza zur Revolte zwingt. Und diese falschen Spuren sind schon vor langem gepflanzt worden, man ließ sie sprießen; der gefälschte Bericht ist eingereicht; kurz gesagt, man hat auf Diomedes so viel Schaden angerichtet, wie man vernünftigerweise erwarten konnte.«
Schmerz trat auf ihr Gesicht. »Glaubst du … es kommt zum Bürgerkrieg?«
Er legte den Arm um sie. Sie sank in die Beuge, lehnte sich an ihn. »Das Imperium handelt nur selten schnell«, tröstete er sie. »Vergiss nicht, Hans Molitor persönlich wollte ohne weitere Informationen nicht handeln. Er sah keinen Grund, Maspes’ Bericht anzuzweifeln – dass Dennitzaner verwickelt seien –, aber ihm fiel auf, dass es nicht unbedingt die Dennitzaner des Gospodars sein müssen. Deshalb wurde ich angeworben – um es näher zu überprüfen. Außerdem wirkt sich die gute alte bürokratische Trägheit zu unserem Vorteil aus. Dennoch, soweit es die Probleme betrifft, die auf Diomedes geschaffen wurden, bin ich ziemlich zuversichtlich, dass wir dich noch rechtzeitig nach Hause bekommen.«
»Dank dir, Dominic.« Ihre murmelnde Stimme bebte. »Dank niemandem außer dir.«
Er erinnerte sie nicht, dass Diomedes niemals die einzige Welt sein konnte, auf der der Feind agierte, und dass die Ereignisse auf Dennitza keineswegs wie eingefroren innehielten. Es war nicht der richtige Augenblick für eine Erinnerung an die Wirklichkeit, wenn sie ihn küsste.
Ihre Scheu dabei hielt ihn ab, die Sache weiter zu verfolgen – aus Furcht. Doch wie verzaubert saßen sie nebeneinander, stumm vor den Sternen, bis sie ihm eine gute Nacht wünschte.
Auf der Tundra weit im Norden des Kazans unterhielt Bodin Mijatovic eine Jagdhütte. Von dort ritt er auf dem Pferderücken aus, umgeben von bellenden Hunden, auf der Suche nach Gromatz, Yegyupka oder Eistroll. Zu anderen Gelegenheiten fuhr er mit Gästen Wildwasserkajak oder Ski an den Gletscherhängen, oder man saß an einem riesigen Kaminfeuer beisammen, erzählte, trank, spielte Schach oder Musik und lauschte auf die Sturmwinde vor den Mauern. Seit ihr Vater sie in der Wiege vom Flugwagen zur Tür getragen hatte, war Kossara immer gern hierhergekommen.
Obwohl dieser Besuch einzig dem Dienst galt, empfand sie Freude, wenn sie ihre Umgebung sah. Mit ihrem Onkel stand sie auf einer Schieferterrasse, die blauschwarz aus den Granitblöcken des Hauses ragte. Zoria zog blendend hell über den wolkigen Himmel, umringt von Nebensonnen. Links, rechts und nach hinten breitete sich das Land aus, so weit das Auge reichte, purpurroter Mahovinarasen, weit auseinanderstehende Feuerbüsche und Wäldchen aus windzerzausten Federbäumen; hier und dort blitzte ein Teich. Vor ihr wich der Bewuchs den Felsblöcken, zwischen denen das Wasser hindurchbrauste. In diesen Breiten war das Ödland nur ein schmaler Streifen; Kossara konnte das Eis dahinter sehen. Zwei Kilometer hoch, überragte die Klippe den Horizont, ein Weltwall, der auf diese Entfernung nicht vage weiß erschien, sondern schimmernd glänzte und von blauen Rissen durchzogen war. Der Fluss, der dort entsprang, wo dieses Eis schmolz, war noch reißend, wenn er an dem Jagdhaus vorbeiströmte, ein tiefes Tosen im einsamen Heulen des Windes. Die Luft war kalt, trocken und völlig rein. Das weiche Fell, mit dem die Kapuze ihres Parkas gefüttert war, kitzelte Kossara auf den Wangen.
Der große Mann neben ihr sagte grollend: »Ja, in Zorkagrad gibt es zu viele Ohren. Verdammt! Ich dachte, wenn wir Molitor auf den Thron helfen, wüssten wir wieder, wer Freund ist und wer Feind. Doch jetzt ist alles nur noch verworrener. Wie viele Treue sind noch übrig? Ich kann es nicht sagen. Und das ist schlimmer, als wenn ein Mann offen abtrünnig wird.«
»Aber mir traust du, oder?«, erwiderte Kossara stolz.
»Ja«, antwortete Mijatovic. »Du bist stark und von raschem Verstand. Und dein xenologisches Wissen … qualifiziert dich und gibt dir
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