Flandry 6: Schattenwelt
Kamin, wo sie sich auf einem struppigen Teppich niederließen, zufrieden über das Licht, mit dem das Feuer, das sie entfacht hatten, den Raum erhellte. Über roten Flammen knisterten blaue, grüne und gelbe Funken. Wärme drang in Wellen in das Zimmer und ließ die Schatten springen. Sie blickten einander an, dann wieder auf das Feuer, und sprachen über den kommenden Tag.
»… sollten wir lieber beim Haus bleiben«, sagte Flandry. »Der Gefolgsmann deines Vaters wird heute kaum schon eine Audienz erhalten haben, aber es dürfte bald so weit sein. Die Adjutanten deines Onkels können nicht alle Verräter sein, wenn ich überhaupt richtig annehme, dass welche unter ihnen sind. Zwei oder drei an wichtigen Stellen, mehr halte ich nicht für möglich. Und auch sie werden keinen Grund sehen, sich in die persönlichen Angelegenheiten seines Schwagers einzumischen. Das wäre sogar zu auffällig. Deshalb erwarte ich, dass wir bald Nachricht erhalten, und es könnte sein, dass Mijatovic uns rasch zu sich holen möchte.«
Glanzpunkte wanderten über ihren Jochbeinen auf Kossaras Gesicht, ließen ihre Augen funkeln, ihr Haar glühen. »Was glaubst du, Dominic, was wird er tun?«
»Nun, er ist hartgesotten, klug und erfahren; er hat vielleicht bessere Einfälle als ich. An seiner Stelle würde ich mir eine Entschuldigung zurechtbasteln, mich irgendwohin zurückziehen, wo ich mehr oder weniger unangreifbar bin. Wie etwa euer Kampfschiff der Nova- Klasse; von allen dennitzanischen oder imperialen Einheiten in der Nähe ist es die größte, und der Stolz eurer Flotte sollte verdammt noch mal schon eine zutiefst loyale Besatzung haben. Ich würde die wichtigsten Personen, uns eingeschlossen, mit an Bord nehmen. Und richtig: eine Kopie der Akten von allen, die in die Verschwörung verwickelt sein könnten, allen kaiserlichen Beamten und Einheimischen, die sich in den letzten paar Jahren in eine Position in der Nähe des Gospodars hinaufgearbeitet haben. Ein cleverer, weitgereister Captain des Nachrichtenkorps der Navy wie … ähem … könnte mir dabei helfen, die einzugrenzen, die man verdächtigen muss. Ich würde entsprechend modifizierte Flottenbewegungen anordnen, und zwar erneut unter einem Vorwand, der niemanden beunruhigt. Danach würde ich die nötigen Verhaftungen vornehmen lassen, eine nichtssagende Adresse an die Bevölkerung ausstrahlen und auf dem Quivive abwarten, was die Verhöre erbringen.«
Kossara zuckte zusammen, als die Erinnerung sie befiel. Flandry legte ihr einen Arm um die Schultern. »Wir haben noch einen mühsamen Weg vor uns«, sagte er, »aber wenn es blüht, sollten wir wieder zu Hause in Sicherheit sein.«
Sie taute auf, ließ sich in seine Umarmung fallen und flüsterte: »Ich danke dir.«
»Nein, ich danke dir. Wenn dir der Mut gefehlt hätte, Diomedes zu besuchen, die Kraft, bei Verstand zu bleiben und weiterzukämpfen … Was sollen die Spitzfindigkeiten? Wir sind beide großartig. Die Spezies hat unsere Chromosomen dringend nötig.«
»Ganz viele dicke Babys«, stimmte sie zu. »Aber was meinst du mit Frühling … dass wir so lange warten müssen?«
»Ich hoffe nicht. Das Knarren, das du hörst, kommt von meiner Gentlemännlichkeit. Ich sitze auf dem Überdruckventil, und es ist schon glühendheiß.«
Ihr Ausdruck war völlig ernst. »Sind deine Scherze stets dein Panzer?« Ihre Stimme zitterte bei der Frage. »Dominic, vielleicht erleben wir keinen Frühling mehr.«
»Wir gehen keine Risiken ein, mein Herz. Kein einziges. Ich beabsichtige fest, unsere respektablen Enkel schwer zu schockieren.«
»Risiken werden wir eingehen müssen.« Sie atmete durch. »Ich kann nicht schwanger werden, ehe meine Immunitätsbehandlung rückgängig gemacht wurde. Heute Nacht … Wir brauchen Vater und Mutter nicht zu täuschen. Der erste Pfarrer, den wir finden, kann uns vermählen.«
»Aber was ist mit deiner Hochzeit in der Kathedrale …«
»Mir ist klar geworden, wie wenig das zählt, wie wenig das ganze Universum dagegen zählt, dich zu haben, solange ich kann. Heute Nacht, Dominic. Jetzt.«
Er zog sie an sich.
Ein blauweißer Blitz strahlte durch die Vorderfenster.
Sie sprangen auf. Das Licht hatte sie nicht geblendet, aber sie kannten seine Farbe.
Flandry stieß die Tür weit auf und warf sich auf die Veranda. Kälte fuhr über ihn hinweg, fühlte sich in seinen Nasenlöchern scharf und flüssig an. Unzählige Sterne funkelten über ihm. Zwischen den Schattenmassen, die Bäume waren, sah
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