Flandry 7: Am Ende des Weges
in den Swimmingpool gestürzt. Nach einigen Schwimmbahnen war er wach. Spaß bereiteten ihm die Übungen, die darauf folgten, dennoch nicht. Gymnastik hasste er mit jedem verstreichenden Tag seiner einundsechzig Jahre ein wenig mehr. Die Gymnastik hatte ihm jedoch in der Jugend einen reaktionsschnellen Körper geschenkt, der noch heute in weitaus besserer Verfassung und zäher war, als er es mit irgendwelcher Antiseneszenzbehandlung je hätte erreichen können.
Endlich konnte er duschen. Als er aus der Kabine kam, brachte Chives ihm ein Frotteehandtuch und einen Kaffee mit Schuss. »Guten Morgen, Sir.«
Flandry nahm die Tasse. »Diese Phrase ist ein Widerspruch in sich«, erwiderte er. »Wie geht es dir?«
»Danke, Sir, sehr gut.« Chives begann seinen Herrn trockenzureiben. Er war nicht mehr so gewandt wie früher und bemerkte nicht, dass er beinahe den Kaffee verschüttet hätte. Flandry sagte keinen Ton. Hätte er sich hier im Allerheiligsten von jemand anderem als Chives bedienen lassen, so hätte es dem Shalmuaner das Herz gebrochen.
Aus Augen, die Besorgnis verbargen, betrachtete Flandry die kleine grüne Gestalt – sie glich einem haarlosen Menschen mit langem Schweif, wenn man die zahllosen Unterschiede in Form und Proportion übersah. So früh morgens trug Chives nur einen Kilt. Seine Runzeln, seine Magerkeit sowie seine steifen Bewegungen traten allzu deutlich hervor. Keine Forschungseinrichtung hatte je auch nur in Betracht gezogen, Mittel zu entwickeln, die die Alterung des Volkes auf seiner rückständigen Welt verlangsamt hätten.
Nun, wenn es geschehen würde, wie viele andere sophonte Spezies würden dann lauthals verlangen, dass für jede von ihnen trotz ihrer völlig unterschiedlichen Biochemie die gleiche Arbeit geleistet wird?, dachte der Terraner zum vielleicht tausendsten Mal. Wenn ich Glück habe, bleibt mir mein Leibdiener-Majordomus-Koch-Leibwächter-Pilot-Berater-Faktotum noch ein Jahrzehnt lang erhalten.
Chives beendete seine Tätigkeit und knallte beruhigend energisch mit dem Handtuch. »Ich habe Ihren großen Dienstanzug und Ihre Dekorationen herausgelegt, Sir«, erklärte er.
»Den großen – eine Stufe unter dem Hof? Und die Orden? Der hält mich doch für einen Lackaffen.«
»Mein Eindruck vom Großherzog ist ein anderer, Sir.«
»Wie kommst du denn an sein Dossier? … Egal. Hat ja doch keinen Sinn, mit dir zu streiten.«
»Ich schlage vor, Sie kommen in zwanzig Minuten zum Frühstück, Sir. Es gibt ein Soufflé.«
»Zwanzig Minuten, jawohl. Sehr gut, Chives.« Flandry ging.
Wie üblich, wenn es unbenutzt war, lag die Kleidung in einem Gästezimmer. Flandry legte sie mit dem Geschick an, dass er sich in einem von Putzsucht geprägten Leben angeeignet hatte. Heutzutage scherte ihn sein Äußeres herzlich wenig – so erging es ihm, seit vor vierzehn Jahren auf Dennitza die Frau gestorben war, die er geheiratet hätte –, aber trotzdem kleidete er sich aus Gewohnheit, und weil man es von ihm erwartete, nach der neuesten Mode: tiefblaue Uniformjacke, Goldlitzen an Kragen und Ärmeln, auf beiden Schultern Spiralnebel und Stern; scharlachrote Schärpe; weiße Iridon-Hosen, die gebauscht in Halbstiefeln aus glänzendem schwarzen Rindsleder steckten; und die diversen Ordensbänder natürlich – jedes prahlte von einer Großtat, auch wenn die meisten lobenden Erwähnungen der Geheimhaltung unterlagen; und der mit Juwelen verzierte imperiale Sonnenaufgang, der ihm um den Hals hing und als Mitglied des Ordens von Manuel auswies, die albernste Rodomontade von allen …
Während er sich das glatte eisengraue Haar bürstete, prüfte er, ob seine letzte Dosis Bartwuchsinhibitor in ihrer Wirkung noch nicht nachgelassen hatte. Dies war nicht der Fall, doch er entschied sich, seinen Schnurrbart zu stutzen, der bislang braun geblieben war. Das Gesicht dahinter hatte sich ebenfalls nicht sehr verändert: hohe Jochbeine, gerade Nase und gespaltenes Kinn, Letzteres Relikt einer Zeit, in der jeder, der es sich leisten konnte, per Bioskulp zu gutem Aussehen gelangte. (Die heutige Generation verachtete dergleichen; in vielerlei Hinsicht lebten sie in einem puritanischen Zeitalter.) Die Augen in ihrem changierenden Grau waren klarer, als sie es nach der vergangenen Nacht hätten sein dürfen. Die leicht gebräunte Haut blieb straff, obwohl Falten über die Stirn liefen, Krähenfüße die Augen umgaben und sich tiefe Runzeln von den Nasenflügeln zu den Lippen zogen.
Ja, dachte er ein wenig
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