Flandry 7: Am Ende des Weges
selbstgefällig, wir halten dem Alten Mann gut stand. Ein plötzlicher, unerwarteter Stich ließ ihn aufkeuchen. Und warum nicht? Was soll er es eilig haben? Er hat sich Kossara geholt, den jungen Dominic und Hans und … wie viele noch? Aber mich lässt er warten, bis es ihm passt.
Er fasste sich. Selbstmitleid! Das erste Anzeichen für Senilität? Zerquetsch es, Kerl. Du hast Gesundheit, Geld, Macht, Freunde, Frauen, interessante Arbeit, von der du behaupten könntest, sie sei wichtig, wenn du es wolltest. Dein Frühstück wird von keinem Geringeren als Chives zubereitet … Er blickte auf die Uhr, stieß einen Pfiff aus und beeilte sich, ins Esszimmer zu gelangen.
Der Shalmuaner erwartete ihn an der Tür. »Verzeihen Sie, Sir«, sagte er und rückte den Sonnenuntergang am Bande zurecht, ehe er seinem Herrn den Stuhl zurechtrückte. Dann ging er davon und holte das Essen.
Vom Wetteramt war ein schöner Frühlingstag angekündigt worden. Infolgedessen hatte Chives die Außenwand eingefahren. Blumen, terranisch wie exotisch, verwandelten den Dachgarten in ein Feuerwerk aus Farben und Düften. Ein cynthianischer Yaoti mit seinem grellen Federkleid saß auf dem Zweig eines blühenden Orangenbaums und sang aus tiefster Kehle. Überall ringsum streckten sich Türme mit geschmeidiger Anmut in den Himmel; dieses Stadtviertel war erst zwei Jahrhunderte alt und in einer Blütezeit der inspirierten Architektur entstanden. Weiße Wolken durchzogen blaue Klarheit; Flugwagen funkelten im Sonnenlicht. Eine Brise führte kühle Luft heran und den gedämpften Pulsschlag von Maschinen im Dienste des Menschen. Dann kam das Souffle.
Später folgte die erste, die wahrhaft köstliche Zigarette, draußen im Garten neben dem Springbrunnen. Was sich anschloss, war weniger angenehm, Vorarbeiten eben. Doch Luxus hatte seinen Preis. Flandry hätte in den Ruhestand gehen können, wann immer er wollte: mit einem bescheidenen Einkommen aus Pension und Investitionen, gefolgt von einem frühen Tod aus Langeweile. Er zog es vor, weiterhin den Zweitältesten aller Berufe auszuüben. Zwischen Abenteuern und Vergnügungen musste ein Offizier im Nachrichtendienst – ein Spion – eine gewaltige Menge schmuddeliger Grundlagenarbeit bewältigen.
Er ging in das hübschere Büro und rief seine Informationen über den Großherzog Edwin Cairncross von Hermes ab. Sie umfassten einen historischen und soziologischen Überblick über den Planeten.
Die Sonne Maia (nicht zu verwechseln mit dem Riesenstern 20 Tauri) befand sich im Sektor Antares. Unter ihren Begleitern war ein terrestroider Planet, der sehr früh kolonisiert worden war, vornehmlich von Nordeuropäern. Die grundlegenden Bedingungen einschließlich der Biologie ähnelten denen auf der Heimatwelt genügend, um die Besiedlung zum Erfolg zu führen. Die unvermeidlichen Nachteile schlossen ein, dass sich das feste Land in einem einzelnen gewaltigen Kontinent konzentrierte, dessen Inneres modifiziert werden musste, ehe es von Menschen bewohnt werden konnte – zum Beispiel durch ganze Systeme von Flüssen und Seen, um seine Trockenheit zu beseitigen. Währenddessen blühten die Küstensiedlungen auf. Die Regierungsform von Hermes war zunächst eine eher eigentümliche Weiterentwicklung eines Zusammenschlusses von Privatfirmen, bei der das Staatsoberhaupt aus einer bestimmten Familie gewählt wurde und auf Lebenszeit diente, es sei denn, es kam zu schwerem Fehlverhalten. Die Gesellschaft bildete im Laufe der Zeit Schichten. Der Widerstand gegen diese Entwicklung erhielt durch eine Krise Auftrieb, die durch den Krieg um Babur herbeigeführt wurde. Reformen wandelten Hermes in eine gewöhnliche konstitutionelle Erbmonarchie mit parlamentarischem Regierungssystem um.
Der Krieg hatte Hermes darüber hinaus zu einer interstellaren Macht gemacht. Es errichtete ein Protektorat über die besiegten Baburiten; für enge Beziehungen waren diese Sophonten zu fremd, aber dennoch schienen sie sich im Laufe der Jahrhunderte in politischer und kommerzieller Hinsicht als recht freundliche Nachbarn erwiesen zu haben. Hermetianer gründeten in mehreren nahen Sonnensystemen Kolonien und Industrieunternehmen. Vor allem aber verwalteten sie Mirkheim, die einzige bekannte Quelle für Supermetalle.
Ihren Wohlstand und ihre Stärke sollten sie bald bitter nötig haben, denn die Schwere Zeit senkte sich über die Technische Zivilisation. Kriege, Revolutionen und Raubzüge plagten ihren Hoheitsraum. Hermes musste oft
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