Flandry 8: Agentin des Imperiums
verwettet. Die öffentliche Fahndung nach ihm beschränkte sich fast mit Sicherheit auf Aurea und Umland. Niemand hätte sich vorgestellt, dass er längs der Siedlung unentdeckt so weit käme; und hätte er versucht, durch abgelegene Wälder zu ziehen, wäre er verhungert. Weltweite Fahndungen waren nur dazu angetan, eine ohnehin schon gewaltige Beunruhigung zu schüren.
In Lulach gab er vor, der Händler von Imhotep zu sein, den die Leute hier schon lange kannten. Er konnte auf jedem der zahlreichen Boote eingetroffen sein, die Tag und Nacht an- und wieder ablegten. Cynthianer sind von Natur aus neugierig, vielleicht noch mehr als Menschen; allerdings handelte es sich hier um eine Gemeinde kleiner Geschäftsleute, und darum würde niemand sich in Privatangelegenheiten mischen. Targovi wusste, dass er nach wie vor auf der Fahndungsliste aller Streifenstationen stand. Der Austausch solcher Informationen erfolgte automatisch. Jeder, der die Datenbank des planetaren Hauptquartiers abrief, erhielt seine vollständige Beschreibung sowie eine Liste seiner Vergehen und erfuhr die Höhe der ausgesetzten Belohnung. In seinem Käfig hatte er sehr ausgiebig nachgedacht, was er dagegen unternehmen konnte.
Das Revier war ein Stahlbau in einem Wäldchen aus ocker leuchtenden Obstbäumen. (Eine Schande, dass kein Kolonist von ihnen mehr genießen konnte als den Anblick. Das Fleisch war nicht giftig, aber die Frucht besaß kaum Geschmack und hätte nach dem Verzehr als eine träge Masse im Magen gelegen.) Seit der Gründung der großen Basis auf Daidalos hatte die Navy fast alle Polizeiaufgaben übernommen, ausgenommen nur Gebiete wie Zacharia, die autonom blieben. Einen großen Bedarf an Polizeiarbeit gab es so gut wie nirgendwo. Die Abteilungen bestanden hauptsächlich aus Leuten, die im Distrikt rekrutiert worden waren und woanders gedient hatten, nun aber auf das Pensionsalter zugingen. Bei Bedarf konnten sie rasch Hilfe von außen herbeirufen.
Als Targovi eintrat, fand er eine Cynthianerin mit den Kometen eines Lieutenants auf dem Kragen vor, der ihr einziges Kleidungsstück darstellte. Sie schwatzte mit zwei älteren Mannschaftsdienstgraden. »Nanu, hallo«, sagte sie überrascht. »Was führt dich hierher?«
»Etwas, das ein Gespräch unter vier Augen erfordert, Rihu An«, erwiderte er.
Sie lachte zirpend, wie es die Art der Cynthianer ist. »Hast du Schmuggelware zu verkaufen, alter Schurke? Die Preise haben arg angezogen, zu sehr für meinen kargen Sold.«
»Nein, es ist interessanter.«
Sie führte ihn ins Vorzimmer, schloss die Tür und kauerte sich erwartungsvoll nieder.
»Ich erlege dir ein Geheimnis auf, das du bewahren musst«, sagte er. »Nur scheinbar bin ich ein ungebundener Händler. In Wahrheit arbeite ich seit Langem als Geheimagent für das Nachrichtenkorps.«
Sie sträubte den Schweif. »Was sagst du da?«
Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Oh, ich bin kein Flandry. Ich gehöre zu den vielen, die umherziehen, die Augen offenhalten und melden, was sie erfahren, und manchmal bei einer kleineren Operation aushelfen. Du hast von uns gehört. Du wusstest nur nicht, dass ich einer davon bin. Die Umstände verlangen, dass ich es dir offenbare.«
Obschon relativ schlicht, war Rihu An doch tüchtig. »Beweise es mir.«
»Gern.« Er schob sich an das Computerterminal. »Ng-ng-r-r, würdest du, um Taschenspielertricks vorzubeugen, dich selbst darum kümmern?« Sie sprang auf den Tisch. »Ruf die Zentraldatenbank ab. Jetzt den abgesicherten Bereich – ich kehre dir den Rücken zu, während du deine Identifikation eingibst und deinen Informationsbedarf bestätigst … Fertig? Also gut, als Nächstes kommt das hier.« Er spulte eine Kette von Ziffern und Buchstaben ab.
Innerlich erhöhte sich seine Kampfbereitschaft. Er spannte sich nicht an – damit hätte er sich auf gefährliche Weise selbst eingeschränkt. Vielmehr lockerte er sich völlig, schärfte alle Sinne aufs Äußerste, bis er die geringsten Spuren von Staub und Rauch in der Luft roch, die leisesten frühmorgendlichen Verkehrsgeräusche aus der Stadt hörte. Der entscheidende Augenblick war gekommen.
Der gesamte Code für Agenten konnte geändert worden sein. Targovi vermutete jedoch, dass sich mitten in einer Krise niemand die lästige Arbeit machte, die eine unplanmäßige Änderung mit sich gebracht hätte.
Der Steckbrief, mit dem er wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt gesucht wurde, identifizierte ihn einfach als Targovi den
Weitere Kostenlose Bücher