Flandry 8: Agentin des Imperiums
Händler. Eine Tarnexistenz gab man niemals ohne triftigen Grund preis; in diesem Fall hätte es Anlass zu der Überlegung gegeben, welche anderen untergeordneten Personen denn wohl noch als Agenten tätig waren. Targovi vermutete, dass der Steckbrief lediglich in die Datenbanken der Streife eingetragen worden war, nicht in die seiner Dienststelle. Letzteres wäre nur eine unangenehme Erinnerung an das Korps gewesen, wie uneins die Navy untereinander war, und hätte vermutlich kein bisschen geholfen, ihn zur Strecke zu bringen.
Allerdings wäre es wohl weiser gewesen, die Querbeziehung herzustellen. Targovi vermutete jedoch, dass Weisheit in letzter Zeit zu einem raren Gut geworden war. Magnussons Erhebung musste unausweichlich grenzenlose Verwirrung geschaffen haben. Zudem entsetzte sie gewiss viele Personen in den Streitkräften. Auf Daidalos konnten sie keinen Protest wagen; aber sie würden Befehle nur langsam ausführen, besonders solche, die weniger spezifisch ausfielen, als sie es unter normalen Umständen gewesen wären.
Wenn seine Annahmen sich als falsch erwiesen, würde Targovi die Flucht ergreifen. Wenn möglich, würde er darauf verzichten, Rihu An oder ihren Untergebenen, die er alle kannte und mochte, ernsthaften Schaden zuzufügen. Er hatte Freunde in der Gegend, die ihm vielleicht Unterschlupf gewährten, während er einen neuen Plan ersann.
Doch tatsächlich sah die Cynthianerin im Rang eines Lieutenants ihn mit großen Augen an und hauchte: »Du, der heruntergekommene Streuner und Kneipenschläger, gehörst zu den Wächtern? … Nun, was brauchst du?«
Erleichterung durchflutete ihn. »Ich darf nur wenig verraten außer, dass ich meinen Pelz genauso rein und gebürstet halte wie du. Es ist eine schlimme Zeit.«
»Das ist wahr«, sagte sie unglücklich.
»Wir, du und ich und all deine Artgenossen, wir können uns nicht gegen einen der rivalisierenden Kaiser stellen, oder? Wir dienen nur dem Imperium an sich. Wir gehorchen den Befehlen, die wir von unseren Vorgesetzten erhalten.«
»Wahr«, sagte sie erneut. Ihr Widerstreben war deutlich zu hören. Da er sie kannte, wie er sie kannte, hatte er darauf gezählt. Sie würde nicht gegen die Rebellion rebellieren – das wäre in sinnloser Weise selbstzerstörerisch gewesen –, aber sie war auch keine fanatische Anhängerin des Aufstands. Wäre der Stationskommandant, Lieutenant Commander Miguel Gomez, auf Wache gewesen, so hätte Targovi gewartet, bis er ging. Gomez war ein ehrlicher Kerl, aber ein wenig überschwänglich in seiner Verehrung Sir Olaf Magnussons. Zum Glück übernehmen Kommandanten nur selten die Nachtschicht.
»Nun, also«, sagte Targovi, »meine Aufgabe umfasst mögliche Subversive und Spione. Ganz gleich, ob sie für Seine Majestät Gerhart arbeiten, die Merseianer oder sonst wen. Ich habe meine Verdächtigen, von denen eine Wo Lia ist, die gerade auf Shan Us Wasserblüte von Paz kommend eingetroffen ist. Sie ist ein schurkischer Charakter. Indem ich sie beobachtete, erhielt ich Grund zu der Annahme, dass sie mehr ist, als sie zu sein vorgibt. Wenn sie durchführen kann, wozu sie hierhergekommen ist – und es darüber hinausgeht, ein paar unehrliche Credits zu verdienen –, muss ich ihrer Spur folgen, soweit sie bereits aktenkundig ist.«
Rihu An wies auf das Terminal. »Bedien dich.«
»M-m-m, hier ist mehr vonnöten als reine Datenabfrage. Überlege nur, wie kompliziert und instabil die Lage zur Zeit von Sir Olafs Proklamation war. Und ungefähr da ist sie auf Daidalos gelandet. Darf ich eure Primärmaschine benutzen?«
Erneut wappnete er sich für Schwierigkeiten. Das Ersuchen war ungewöhnlich. Rihu An konnte durchaus darauf bestehen, mit der Angelegenheit auf Gomez zu warten, dem wiederum zuzutrauen war, dass er unangenehme Fragen stellte. Allerdings zahlte sich Targovis Vertrauen auf das Chaos einmal mehr aus.
Sie willigte eifrig ein, führte ihn ins eigentliche Büro und ließ ihn allein.
Hoho, hoho, dachte er auf terranische Art, als er sich vor die Tastatur setzte. Sein Leben hatte ihm recht deutlich gemacht, dass jeder Stärke eine eigene Schwäche innewohnte. Die Verhältnisse an diesem Computer waren ein beredtes Beispiel. Wenn wichtige Daten jedem zugänglich waren, der den Abrufcode eingab, waren sie an praktisch jedem Terminal verfügbar. Die Lösung dieser Schwierigkeit bestand darin, sie nur von bestimmten Rechnern aus zugänglich zu machen, die wiederum physisch überwacht wurden – eine zusätzliche
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