Flandry 8: Agentin des Imperiums
hätten entweder interveniert, um dies zu verhindern, und knöcheltief in einem hässlichen, anhaltenden kleinen Krieg gesteckt, oder, was wahrscheinlicher ist, die Hände in den Schoß gelegt und in nicht allzu ferner Zukunft eine merseiafreundliche Macht im Rücken gehabt, klein und schwach zwar, aber eine immerwährende Plage.
Stattdessen haben sich die Merseianer damit begnügt, die Hauptkommandozentrale der Volksversammlung auszuschalten. Die Regierung ist schwer angeschlagen, kann aber weiterkämpfen. Der gorrazanische Aufstand geht weiter.«
»Was hat das zu bedeuten?« Sie erahnte seine Antwort.
»Nun, wenn die Nachricht sich verbreitet, was unweigerlich geschehen wird, fallen die Mächte des Imperiums in eine Kontroverse, die neue Gräben aufreißt. Einige werden Kampfstärke als Wachflotte abstellen, genau entgegengesetzt zu Magnussons Vorstoßrichtung, damit die Lage in unserem Rücken nicht außer Kontrolle gerät. Andere werden behaupten, dort bestehe keine Gefahr, weil entweder der Befreiungsrat noch nicht gewonnen habe oder weil der Befreiungsrat für den Fortschritt stehe und dieser neue Zwischenfall zeige, wie falsch es von uns sei, ständig das Roidhunat zu provozieren. Die Verschwendung von Energie, die Verwirrung der Ziele unter uns wäre unfassbar, wenn es nicht schon so viele Präzedenzien gegeben hätte.« Flandry zuckte mit den Schultern. »Oh, die Merseianer haben uns genau studiert. Sie verstehen uns besser als wir sie. Und … Magnusson kann für sich anführen, dass er sie in der Schlacht geschlagen hat, und er verspricht, dass er als Kaiser einen permanenten Frieden mit ihnen aushandeln wird.«
»Wie liest du die Zeichen?«, wisperte sie.
»Die Eingeweide, meinst du wohl?« Sein Lachen gerann zu einem Ächzen. »Ich versuch es gar nicht. Ich weiß es besser. Ich sehe nur, dass soeben eine höchst nützliche psychologische Kriegführung zu Magnussons Gunsten inszeniert worden ist. Zufall? Oder ein Versuch, den sehnlichst erhofften Frieden voranzutreiben? Ich kann nur meinen Verdacht nähren. Was kann ich hier auf Terra mit Sicherheit herausfinden? Wie kann ich es?«
Erneut lachte er, aber fröhlich, und zog sie an sich. »Also denk nicht darüber nach, Liebling! Erfreuen wir uns aneinander, solange wir können.«
XIII
Als typische cynthianische Stadt wirkte Lulach kleiner, als es wirklich war. Gebäude duckten sich unter Bäume, die Dächer oft mit bepflanzter Erde gedeckt, die Mauern von blühenden Ranken bewachsen. Viele Häuser standen auf hohen Ästen – Pflanzen, von der Mutterwelt eingeführt, wurden oft gewaltig groß –, wo das Laubwerk sie vor dem Spiel von Sonne und Schatten verbarg. Straßen waren grasbedeckt, schmal und gewunden. Nicht viele Fahrzeuge bewegten sich dort, und die es doch taten, waren kompakt. Wo immer es möglich war, gingen die Bewohner über Baumäste statt am Boden.
Einige wenige große Gebäude erhoben sich am Ufer, darunter ein verwinkeltes Gasthaus aus Holz. Diana und Axor quartierten sich dort ein und machten sich an die Erkundung der Umgebung. Wo Lia nahm ein Zimmer im gleichen Haus und ließ ihr dressiertes Tier im Stall unterbringen; die ansässigen Cynthianer benutzten in weitem Umfang Tiere zum Reiten und Lastenschleppen, obwohl die Farmen im Norden mechanisiert waren.
Kurz vor Morgendämmerung, als der Nebel über dem Fluss die helle Nacht von Daidalos verdunkelte, ging Wo Lia hinaus und erklärte einer schläfrigen Küchenhilfe, dass sie sich vom Wohlergehen des Geschöpfs überzeugen müsse. Die Hilfe schenkte dem in ein Tuch eingeschlagenen Bündel, das Wo Lia bei sich trug, keinerlei Beachtung – es diente ohne Zweifel zur Reinigung des Käfigs.
Im Stall war es warm und düster, die Luft roch süß nach Pferden und scharf nach Changtus. Wo Lia ertastete sich den Weg zum Käfig und öffnete den Riegel an der Tür. Targovi sprang heraus. »Har-rugh!«, knurrte er. »Du hast dir viel Zeit gelassen.«
»Ich musste warten, bis du ungesehen weg kannst, oder?«, erwiderte sie. »Dieser verfluchte Sonnenring macht uns Geschäftsleuten das Leben reichlich schwer.«
Targovi reckte sich und gähnte gewaltig. »Ach, es fühlt sich einfach wunderbar an! Bete zu deinen kleinen Göttern, dass du niemals eingesperrt wirst.«
Nach seiner Zählung waren zwei terranische Wochen verstrichen, seit die Wasserblüte Paz verlassen hatte. Seine Einkerkerung wäre kaum zu ertragen gewesen, hätte Wo Lia ihn nicht bei jedem Zwischenhalt an einer
Weitere Kostenlose Bücher