Flaschendrehen: Roman (German Edition)
mir.«
Ich lugte durch den Spion und sah: einen riesigen Blumenstrauß. Dahinter stand ein Fleurop-Lieferant.
Ich legte das Telefon zur Seite und öffnete.
»Gretchen Fingerhut?«
»Ja, das bin ich!«
»Und der Name ist echt?«, fragte der Kurier nach.
Sehr witzig! Kurz überlegte ich, ob ich ihn an meine Mutter weiterreichen sollte.
»Leider ja, für ’nen Künstlernamen hat’s noch nicht gereicht!«
Aufgeregt nahm ich den Strauß entgegen. Ein Gebinde aus Margeriten und Fingerhut! Sozusagen mein Name als Strauß! Wieso war auf die Idee eigentlich noch nie jemand zuvor gekommen, und in welchem Blumengeschäft konnte man Fingerhut kaufen? War der nicht giftig?
Eilig öffnete ich die angehängte Karte.
»Ich sehne mich nach dir! Clemens.«
Kreischend rannte ich auf und ab und vergaß beinahe, dass meine Mutter darauf wartete, dass ich zurück ans Telefon kam.
»Das war Fleurop. Ein Strauß von Clemens! Er sehnt sich nach mir! Und stell dir vor, er hat mir Margeriten und Fingerhut geschickt.«
Meine Mutter sprach aus, was ich nicht hören wollte.
»Das heißt dann wohl, dass du mit Sarah sprechen musst!«
Toll! Nicht einmal eine Minute durfte man sich ungetrübt freuen.
Schnell beendete ich das Gespräch und stellte die Blumen ins Wasser. Wie reagierte ich denn jetzt am besten darauf? Normalerweise würde ich Sarah anrufen, nur leider ging das ja nicht. Inzwischen war ich mir sicher, dass es besser war, Sarah erst etwas zu sagen, wenn garantiert feststand, dass Clemens und ich ein Paar waren. Zumindest, bis er sich eindeutig geäußert hatte, dass er in mich verliebt war und mit mir zusammen sein wollte. Da reichte ein Strauß mit »Ich sehne mich nach dir«-Botschaft noch nicht aus. Das konnte ja alles bedeuten, redete ich mir ein.
Dann wollte ich mal loslegen.
»Danke für die Blumen. Sie sind wunderschön!«, tippte ich in mein Handy. Nicht sehr originell, aber mehr wollte ich erst mal nicht schreiben. Sich bloß nicht zu schnell in die Karten schauen lassen. Wenn er mich wollte, würde er um mich kämpfen müssen!
Keine zehn Sekunden später kam die Antwort.
»Wie geht es dir? Wann können wir uns sehen?«
Sobald ich nicht mehr pupsen muss?
Das konnte ich wohl schlecht schreiben. Meine Finger zitterten. Clemens schien sich überhaupt keine Gedanken zu machen, von wegen Chef – Untergebene … Es schien alles klar und natürlich für ihn zu sein, ohne schlechtes Gewissen.
»Komme morgen wieder zur Arbeit. Wie wär’s danach?«
Ob das wohl zu einfach war? Andererseits, wenn ich überhaupt kein Interesse signalisierte, war es auch nicht gut, bei der Teilnehmerliste für das Rennen um Clemens die Weihnachtsgans!
Mein Handy piepte. Hach! So ein SMS -Ton konnte doch wirklich Musik in den Ohren sein. Er schrieb: »Gute Idee. Wir sind beide bei Sarah zum indischen Abend eingeladen. Lass uns gemeinsam hingehen.«
Wie bitte? Hatte er innerhalb von drei Tagen vergessen, wer Sarah war? Wie stellte er sich das denn bitte vor? Dass wir ihr gemeinsam zwischen Curry und gepfeffertem Maisbrot mitteilten, jetzt ein Paar zu sein? Das war ja wohl mehr als grausam. Auf der anderen Seite konnte er ja gar nicht wissen, dass Sarah in ihn verliebt war.
Absagen wäre megaauffällig. Ihn allein hingehen lassen ebenfalls – was, wenn er sich verplapperte? Und wenn ich Sarah doch einfach alles sagte? Clemens schien es ja ernst mit mir zu meinen. Am besten ging ich morgen einfach früher zu ihr und gestand ihr alles in Ruhe, bevor Clemens kam. Dann wusste sie Bescheid. Das war zwar nicht gerade eine gute Nachricht, aber das würde die Nachricht nie sein, und wenigstens würde ich sie davor retten, sich vor Clemens zum kompletten Deppen zu machen. Und sie hatte immer noch Gelegenheit, das Essen abzublasen, weil im Krankenhaus ein Notfall dazwischengekommen war.
Selig legte ich mich auf die Couch, malte mir die schönsten Szenen aus, die nur ab und an von einem strengen Duft gestört wurden.
»Du siehst ja blendend aus!«
Marion sah mich überrascht an. Mist, ich hätte mich wohl etwas blasser schminken sollen!
»Ja, ich sag dir, ich habe so viel geschlafen. Das hat wahre Wunder gewirkt!«
Und das stimmte in der Tat, denn endlich waren alle Gase aus meinem Körper entwichen, und auch der Blähbauch hatte sich zurückgebildet. Ich konnte mich wieder befreit hinsetzen, zwei Treppenstufen auf einmal nehmen, und auch ein herzhaftes Lachen konnte mir nichts anhaben, sprich: Die Welt war wieder in Ordnung.
»Na
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