Flaschendrehen: Roman (German Edition)
erlogen war. Da sie aber so renitent und laut auftrat, hatte sie am Ende tatsächlich fünfzehn Minuten Sondergesprächszeit erhalten, weil die arme Pressedame jeden weiteren Aufruhr verhindern und die peinliche Szene so schnell wie möglich beenden wollte. Es gab nicht viele Menschen, die mir auf Anhieb unsympathisch waren, Ilona gehörte dazu. Gegen sie verspürte ich sogar eine körperliche Abneigung.
»Diese stutenbissige Rampensau!«, rutschte mir ziemlich unfein raus.
Feline musste lachen.
»Danke, endlich mal jemand, der mir aus dem Herzen spricht!«
Clemens sah nachdenklich aus. Auch dieser Gesichtsausdruck stand ihm hervorragend. Man hatte das Gefühl, dass es nichts gab, was er nicht wieder in Ordnung bringen konnte. Ich war gespannt, wie er reagierte.
»Wir dürfen auf keinen Fall nervös werden und unser Konzept ändern. Wir müssen uns auf unsere Stärken konzentrieren und nicht danach schielen, was die anderen machen. Im Zweifel setzt sich das Original durch. Wichtig ist jetzt umso mehr, dass wir einen fulminanten Start hinlegen, unsere Marketingkampagne greift und wir uns unter gar keinen Umständen auf einen Wettbewerb auf persönlicher Ebene einlassen, denn dass es darauf rauslaufen wird, ist dir klar, Feline, oder? Ihr werdet verglichen werden, und genau deshalb macht Ilona den Job. Sie will gegen dich antreten, um zu beweisen, dass sie besser ist. Der Rausschmiss muss sie noch mehr gekränkt haben, als alle angenommen haben.«
Clemens hatte es auf den Punkt gebracht.
Feline sah nicht besonders glücklich aus. Kein Wunder, wenn man wusste, dass es jemanden gab, der kein anderes Ziel verfolgte, als einen zu stürzen. Ich mochte Feline, und wir würden sie bestimmt nicht im Stich lassen oder enttäuschen.
»Also, auf unsere Unterstützung kannst du zählen!«
Sie sah mich lächelnd an.
»Danke, das weiß ich, und im Moment ist Loyalität das Wichtigste, denn ich befürchte, wir können erst mal eh nichts anderes tun, als einen guten Job zu machen und abzuwarten, was sich die Konkurrenz ausdenkt. Clemens, du kannst ja gleich die Neuigkeiten verkünden. An die Arbeit, meine Lieben!«
Feline verließ das Zimmer.
Was für ein Gefühlschaos! Gerade noch berauscht von Clemens’ Küssen, nun schon wieder auf dem Boden der Tatsachen. Ich stand ebenfalls auf. Clemens zog mich zurück. »Wir sehen uns heute Abend, ja?«
Stimmt, bei Sarah, schoss es mir durch den Kopf. Mist, ich hatte mit Clemens nicht klären können, was das zwischen uns war. Ein Flirt? Eine Büroaffäre? Oder wie ich hoffte, der Beginn einer großen Liebe? Nur konnte ich unmöglich in dieser Situation und aus dem Nichts heraus ein Gespräch anfangen, à la: »Sind wir jetzt eigentlich ein Paar?« … Nein, damit würde ich ihn nur überrumpeln oder drängen, was ich auf keinen Fall riskieren wollte.
»Ja, wir sehen uns, aber eine Bitte: Können wir uns vor Sarah zurückhalten?«
Clemens sah mich erstaunt an.
»Warum?«
Ich druckste verlegen herum. Wenn ich ihm sagte, dass Sarah auf ihn stand, war das Verrat, also sagte ich: »Ich denke, es ist einfach zu früh, okay?«
Er küsste mich als Antwort auf den Hals.
»Wie du meinst. Es ist eh nicht mein Stil, öffentlich oder vor anderen rumzumachen. Diskretion finde ich sehr wichtig. Aber hinterher darf ich schon da weitermachen, wo wir jetzt aufhören müssen?«
»Mal sehen …« Ich grinste und wand mich aus der Umarmung. Ich war sehr stolz auf mich! Rudi hatte so Recht. Man sollte es Männern nicht leicht machen, vor allem nicht, wenn sie in Clemens’ Liga spielten.
Ich war überzeugt, alle würden mir ansehen, was mit mir los war. Zuerst zwang ich mich, mein Dauergrinsen auszuschalten, schließlich gab es schlechte Nachrichten wegen Zeitgeist zu verkünden. Besser, ich schaute Clemens nicht mehr an, denn wenn mir die Röte ins Gesicht schoss, war auch der Letzten klar, was lief.
Bemüht, normal zu wirken, ging ich an meinen Schreibtisch.
Michi freute sich sichtlich, dass ich wieder gesund war.
Anscheinend war es öde ohne mich gewesen, und das nach nur einem Tag. Vielleicht war sie aber auch nur froh, nicht mehr allein Dianes boshaften Kommentaren ausgesetzt zu sein.
Ihren neuen Look zog Michi konsequent durch. Einmal gepunktet damit, ab jetzt Lieblingsoutfit: Minirock und Stiefel, dazu Make-up im Gesicht, und zwar nicht zu wenig. Sie war auch beim Friseur gewesen und hatte sich einen neuen Haarschnitt verpassen lassen. Leider hatte sich weder ihre Körperhaltung
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