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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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mir sterbenslangweilig würde, aber Sarah meinte in dieser Vorstellung eindeutig einen Nestbautrieb zu erkennen und hatte prophezeit, dass es beim nächsten Mann bestimmt ernst würde. Beim Gedanken »Mann« fiel mein Blick sofort auf Clemens, der neben Feline stand und diese Souveränität ausstrahlte, die ich von Piloten oder Kapitänen erwartete.
    Im Prinzip gab es nichts Neues zu verkünden, aber Feline und Clemens wollten uns auf den gemeinsamen Kurs einschwören.
    »Unsere Testlesungen und Fokusgruppen liefen sehr, sehr gut. Donnerstag erscheint unsere erste Ausgabe, die sich entsprechend verkaufen müsste. Damit haben wir vorgelegt. Viel Zeit bleibt uns zwar nicht, aber die werden wir nutzen. Was wir jetzt nicht wollen, ist: Angst zu bekommen oder sie gar zu zeigen. Wir haben mit euch allen ein exzellentes Team, und genau das ist unser Vorteil. Wenn wir an einem Strang ziehen, sind wir unschlagbar. Es kann durchaus passieren, dass ihr in nächster Zeit einen Anruf von der Konkurrenz mit einem guten Angebot erhalten werdet. Ich bitte euch, so fair zu sein, es uns zu sagen, damit wir miteinander sprechen können und die Möglichkeit haben, euch ein Gegenangebot zu machen. Es ist euer gutes Recht, ein besseres Angebot in Erwägung zu ziehen, aber ich würde im Moment nur ungern jemanden verlieren, wo sich die Zusammenarbeit gerade eingespielt hat. Umgekehrt hoffe ich nicht, dass jemand von euch die Situation zu seinen Gunsten ausnutzt, aber so schätze ich euch nicht ein.«
    Feline hatte wie immer ruhig und besonnen gesprochen. Falls sie nervös war, ließ sie es sich nicht anmerken.
    Jetzt räusperte sich Clemens, und alle Augen ruhten auf ihm – die der weiblichen Belegschaft verzückt. Sie schienen sich ebenfalls zu fragen, wie es wohl war, ihn zu berühren, und ich war die Einzige, die es wusste. Halt, nicht ganz. Diane wusste es auch, was mir überhaupt nicht gefiel. Allein der Gedanke daran, wie sie Clemens angefasst hatte, verursachte mir Übelkeit. Mir war einfach schleierhaft, wie Clemens sich auf die eiskalte Diane hatte einlassen können. Das passte so überhaupt nicht zu dem Bild, das ich von ihm hatte. Clemens sah zu mir herüber, und zwar einen Tick zu lange. Mir wurde schlecht, und es waren keine Auswirkungen der Kohlsuppe, sondern die Tatsache, dass mir bewusst wurde, wie sehr ich Clemens bereits verfallen war.
    Es gab wenige Menschen mit diesem gewissen »Je ne sais quoi« , kein Wunder also, dass die Massen ihm zu Füßen lagen.
    Gegen sieben packte ich meine Sachen zusammen. So früh hatte ich selten das Büro verlassen, was Diane, das Herzstück, natürlich veranlasste mir »Hast wohl ’nen Halbtagsjob!« hinterherzurufen. Gut, es war nicht passend, gerade heute früher zu gehen, aber ich hatte Sarah versprochen, ihr zu helfen, den indischen Abend vorzubereiten, und davon abgesehen konnte ich mich nach dem Zwischenfall in Clemens’ Büro sowieso nicht mehr konzentrieren, dafür brannte jede seiner Berührungen zu frisch und ließ mich schon zusammenzucken, wenn ich nur daran dachte, was ungefähr jeden zweiten Wimpernschlag geschah.
    Sarah musste etwas merken. Sie kannte mich viel zu gut, um nicht zu kapieren, was mit mir los war. Sollte ich ihr nicht lieber alles sagen? Beziehung hin oder her, ich würde umgekehrt auch wissen wollen, wenn Clemens mit ihr diese unaussprechlichen Dinge machte, gleichgültig ob es ernst oder als Affäre gemeint war. Je näher ich ihrer Wohnung kam, umso klarer wurde mir, dass ich mit Sarah sprechen musste. Alles andere würde sie mir nie verzeihen.
    Nervös klingelte ich und war bereit, meine Beichte loszuwerden.
    Doch es war nicht Sarah, die mir öffnete. Nein, vor mir stand Ben!
    »Was machst du denn hier?«, fragte ich verblüfft.
    Ben amüsierte mein verdutzter Gesichtsausdruck sichtlich.
    »Hallo erst mal. Sarah hat mich angefleht zu kommen. Sie dachte, es wäre ungezwungener, wenn ein weiterer Mann eingeladen ist, sozusagen zwei und zwei.«
    Typisch Sarah! Im Ansatz ja nett gedacht, aber musste es ausgerechnet Ben sein? Ich hatte keine Lust, dass das Gespräch auf peinliche alte Geschichten kam, das Thema Indien reichte mir, und außerdem war mir Ben nicht gleichgültig, auch wenn ich das niemals zugeben würde. Warum hatte sie nicht einfach Rudi eingeladen? Sarah wusste doch, dass zwischen mir und Ben immer etwas in der Luft lag, was sich nicht beschreiben ließ. Plötzlich kam mir ein Gedanke, und zwar kein netter. Was, wenn sie genau aus diesem Grund

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