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Flashback

Titel: Flashback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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wiederaufgebaute Missionsstation Alamo. Er betrachtete sie voller Unbehagen, weil er einmal von ihr geträumt hatte – den Camarotraum – und weil Nick Bottom seinen Träumen nicht mehr vertraute.
    Er beobachtete, wie die Sonne die bettgestellartige Silhouette von Alamo berührte.
    Dann fiel sein Blick auf seinen nur mit Unterhose bekleideten Körper. Er hatte einige Narben: am Bauch von den Messerstichen in Santa Fe vor vielen Jahren; am Bein, wo vor fünf Monaten in Texline der Knochenbruch eingerichtet worden war; kleinere Schrammen im Gesicht, an den Händen und am Rücken.

    Doch es war das feine Spinnennetz von Narben auf dem tief gebräunten linken Unterarm, das seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
    Er holte ein Schnappmesser aus dem Bad, das zu seiner Rangerausrüstung gehörte, und kehrte in die Küche zurück. Viele seiner Kollegen trugen große Messer – manche sogar ein echtes Bowieknife, aber Nick bevorzugte dieses städtische Schnappmesser, das scharf wie ein Skalpell war. Auch Jod und Reinigungsalkohol hatte er aus dem Bad mitgebracht.
    Das Display des Telefoncomputers blinkte. Eine Nachricht von Val. Nick stellte die Sachen, die er in der Hand hatte, auf die Arbeitsplatte und öffnete die E-Mail.
    Sie war kurz wie alle E-Mails von Val. Er kam im März mit einem Konvoi aus Boston zurück und wollte sich mit seinem Alten treffen, falls er noch in der Kaserne der Texas Rangers in San Antonio lebte. Wenn nicht, dann beim nächsten Mal. Wie ging es Leonard?
    Leonard ging es verdammt gut, wie Nick fand. Dank einer Herzklappenoperation, die Nick insgesamt dreißigtausend Dollar gekostet hatte. Er stotterte den Betrag mit seinem Gehalt als Detective der Rangers in Monatsraten ab. Ein paar Jahre hatte er noch vor sich.
    Aber das war die Sache wert.
    Auch von dem Dichter Danny Oz wartete eine E-Mail. Oz hatte vor, im Mai mit dem Großen Zug in das immer noch radioaktiv verseuchte Israel zurückzukehren. Japanische und texanische Truppen wollten im Sommer mit der Rückführung von 1 100 000 Juden beginnen. Nur ein Teil davon waren Exilanten, die übrigen stammten aus Amerika und anderen Ländern.
    Konventionelle Streitkräfte aus den USA und Japan hatten einen Brückenkopf geschaffen, aber es lag an den heimkehrenden Juden, diese Stellung zu verteidigen. Und auszubauen. Oz schrieb, dass sein Krebs zurückgegangen war, doch auch andernfalls hätte er sich
dem Großen Zug angeschlossen, ganz gleich wie der Krebs und das Kalifat reagieren würden.
    Nick war sicher, dass das Kalifat nicht freundlich reagieren würde.
    Immerhin aber nicht so unfreundlich, wie es noch vor wenigen Monaten der Fall gewesen wäre. Der neue Shōgun von Nippon hatte die islamischen Kernstaaten gewarnt, dass sie bei jedem Gebrauch von Nuklearwaffen sofort mit Gee-Bear-Angriffen und atomaren Vergeltungschlägen zu rechnen hatten, die sich allerdings zunächst nicht gegen die überfüllten Städte des Kalifats richten sollten. Der Shōgun hatte erklärt, dass stattdessen die sieben heiligsten Stätten des Islam zerstört würden – jeweils nach einer vierundzwanzigstündigen Evakuierungsphase –, falls die dschihadistischen Kräfte jemals wieder Massenvernichtungswaffen einsetzen sollten. Um den Ernst dieser Drohung zu unterstreichen, hatte der Shōgun einen Tag nach vorheriger Ankündigung einen kleinen Schrein in Basra vernichten lassen.
    Wenn man der Berichterstattung von Al-Dschasira glauben mochte, verfielen angesichts dieses Sakrilegs über eine Milliarde Einwohner des Kalifats buchstäblich in Zuckungen und hatten Schaum vor dem Mund. Bei anschließenden gewalttätigen Ausschreitungen in den Städten starben über fünfzigtausend Menschen.
    Doch gegen den Brückenkopf in der Nähe des ehemaligen Haifa waren keine Massenvernichtungswaffen eingesetzt worden.
    Nächstes Jahr in Jerusalem! , hatte Oz unter seine Nachricht geschrieben. Nick wusste, dass die Einladung ernst gemeint war.
    Und warum nicht? Der emeritierte Professor George Leonard Fox wollte ebenfalls übersiedeln. Der alte Mann mit der neuen geklonten Herzklappe – nach eigener Aussage munter wie noch nie – hatte fest vor, zusammen mit 1.0999.999 anderen Juden den Brückenkopf zu besetzen.

    Dara hatte Nick nie erzählt, dass ihr Vater Jude war. Wahrscheinlich war es ihr entfallen.
    Aber Nick würde sowieso nicht so bald dazu kommen, das neue Israel zu besuchen. Mit dem heutigen Tag sollte seine Rangersdivision – zwölftausend Männer und Frauen – zusammen mit über

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