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Flatline

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Titel: Flatline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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einen Neuanfang. Gemeinsam mit Markus wollte er alles nachholen. In den Semesterferien wollte er ihm ›sein‹ Buenos Aires zeigen. Seine Augen wurden feucht. Rebecca schilderte ihn so, wie er ihn sich immer gewünscht hatte. Markus wusste nichts von der Vergangenheit seines Vaters, zumindest nicht die ganze Wahrheit. Nächste Woche wollte er ihm sein Leben ausbreiten.
     
    Wie ein lebendiges Bild tauchten Kindheitserinnerungen auf. Aus seinem Zimmer in der oberen Etage schoss er abends mit einer Steinschleuder Murmeln in den Rhein, freute sich über die kleinen Wasserfontänen. Das Häuschen an der Friemersheimer Straße lag direkt an den Rhein-auen. Auf der anderen Rheinseite arbeiteten die Stahlkocher in der unerträglichen Hitze, die von den Hochöfen ausging. Sein Vater war einer von ihnen. Abends war der Himmel über dem Rhein glutrot.
     
    So richtig hatte er nicht daran geglaubt, dass die alte P 38 seines Großvaters noch in ihrem Versteck liegen würde. Sie war noch genauso unversehrt wie damals. Drei Päckchen Munition waren ebenfalls noch in tadellosem Zustand. Er hoffte, die Feuchtigkeit hatte das Schießpulver nicht unbrauchbar gemacht.
    Die Polizei nahm Fixer nicht ernst. Das hatte er schon damals schmerzhaft erfahren müssen. Markus hielten sie für einen, die Worte des Polizisten waren deutlich genug gewesen.Stachinsky erinnerte sich an den jungen Kommissar, vor allem sein Name fiel ihm auf.
    Stachinsky steckte die Waffe in seine Manteltasche. Eine Sekunde dachte er daran, zwei Kugeln mitzunehmen. Mehr würde er nicht benötigen, eine davon für den Mörder. Er steckte ein ganzes Päckchen ein.
    Stachinsky faltete ein Blatt Papier auseinander, holte sich ein Telefonbuch und begann. Die Liste war lang, aber der Mörder seines Sohnes war darunter. Seit heute Mittag gab es für ihn keinen Zweifel mehr.
     
     

17
    Nachdem Joshua sich vorgestellt hatte, führte der Virologe ihn mit ernstem Gesichtsausdruck in sein Büro. Die Wände waren komplett mit dunklen Eichenbrettern vertäfelt. Joshua bewunderte den aus tiefroten Fasern gewobenen Läufer in der Mitte des Raumes.
    »Ein echter Buchara«, erklärte sein Gastgeber im Vor-übergehen, »den habe ich mir im vergangenen Jahr aus Turkmenistan mitgebracht.«
    Joshua wunderte sich über die edle Ausstattung dieses Büros.
    Professor Marburg orderte bei seiner Sekretärin zwei Tassen Kaffee. Joshua freute es, dass der Mediziner so viel Zeit für ihn übrig hatte. Er bedankte sich noch einmal.
    »Keine Ursache. Ehrlich gesagt bin ich mittlerweile froh über das Interesse der Polizei an dieser Sache.«
    Joshua, der mit gemischten Gefühlen hierhergekommen war, verschwieg dem Mediziner das abnehmende Interesse seiner Behörde. Eine Dame in mittlerem Alter und in einen modischen Zweiteiler gekleidet, servierte den Kaffee. Marburg verrührte ein wenig Milch, bevor er sich entspannt mit der Tasse und dem Unterteller in der Hand zurücklehnte. Seine dünnen, blonden Haare bildeten einen angenehmen Kontrast zu seiner leicht gebräunten Haut. Nach einem kleinen Schluck mit halb geschlossenen Augen stellte er das Geschirr vor sich ab und atmete tief durch.
    »Also«, begann der Professor, »wie Ihnen der Kollege Strietzel vermutlich schon mitgeteilt hat, haben wir eine interessante Entdeckung bei der Untersuchung der Hepatitis-Viren gemacht.«
    Joshua nickte zustimmend. Er war voller Spannung und wagte es nicht, den Arzt zu unterbrechen.
    »Zunächst einmal hat uns die Anzahl der Viren nachdenklich gemacht. Hochgerechnet dürften sich im Körper des Opfers circa 1 Billion Hepatitis-B-Erreger befunden haben.«
    Joshua pfiff staunend durch die Zähne.
    »Das ist nicht außergewöhnlich, fast schon normal. Überrascht hat uns die in der Relation vergleichsweise geringe Anzahl von Antikörpern. Auch das kann bei einem drogenabhängigen Menschen zwar noch hingenommen werden, allerdings«, seine Gesichtszüge spannten sich, der Ausdruck seiner Augen wurde ernster, »hätten wir in den Gewebeproben Reste von Wirtszellen finden müssen.«
    Professor Marburg erkannte den unwissenden Ausdruck in Joshuas Gesicht.
    »Ich versuche, es Ihnen vereinfacht zu erklären. Viren sind keine eigenständigen Lebensformen. Sie verfügen weder über Stoffwechsel noch besitzen sie die Möglichkeit, sich selbstständig fortzupflanzen. Um sich zu reproduzieren, docken sie an eine Wirtszelle an. Die Hülle der Viren wird dabei aufgelöst, ihre DNA dringt in die Zelle ein.

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