Flatline
verkraften?«
Mwandala lachte, über seine Wangen kullerten Freudentränen.
»Kenyetta ist groß und stark wie eine Löwin. Wir fahren sofort mit.«
Der Innenminister persönlich besuchte das LKA. Die Hysterie in der Bevölkerung steigerte sich stündlich. Die Anfragen aus Berlin und aus dem Ausland waren kaum noch zu bewältigen. Schorndorf druckste anfangs herum, entschloss sich aber dann doch, die Wahrheit preiszugeben. Der Minister war außer sich. Er verlangte, umgehend eine Pressekonferenz einzuberufen, um die Lage zu entschärfen. Schorndorf, inzwischen über die Befreiung der entführten Kenyetta informiert, gab klein bei und setzte sofort die PK an.
Kenyetta bemühte sich derweil im Beisein ihrer Eltern, ein Phantombild anzufertigen. Das Mädchen avancierte sofort zum Liebling der Dienststelle. Alle Kollegen räumten ihre Schubladen aus, brachten ihr haufenweise Süßigkeiten. Karin und Joshua ließen sich mit der Heldin fotografieren, was ihr einen Riesenspaß bereitete. Sie war so abgelenkt, dass ihr Frohsinn zurückkehrte. Als sie die Augen des Täters erkennen sollte, verhärteten sich ihre Gesichtszüge. Einen Wimpernschlag später schlug sie wild um sich und schrie lautstark. Jutta von Ahlsen, die anwesende Polizeipsychologin redete beruhigend auf sie ein. Frau Mwandala ging dazwischen, nahm ihre Tochter auf den Arm.
»Sehen Sie nicht, was Sie anrichten. Warum quälen Sie meine Tochter so?«
»Das reicht für heute. Wir brechen ab!«
Joshua sah seine Kollegin entsetzt an. Nach kurzem Nachdenken ging sein Ausdruck in Resignation über. Es kam ihm vor, als stünde er vor einem großen Haufen undefinierbarer Scherben. Es gab kaum Ansatzpunkte. Die einzige Spur führte zur BeierPharm AG. Joshua wollte ihr im Anschluss an die PK nachgehen. Im Flur traf er Bachmann und Selters vom BKA, sie fragten ihn nach dem Ermittlungsstand. Leicht genervt berichtete er ihnen in knappen Worten von der Befreiung Kenyettas und der Finte für die Medien.
Professor Ebersbach wirkte erleichtert, als er davon erfuhr, der Öffentlichkeit Entwarnung geben zu können. Er hatte etliche Interviewwünsche der Medien absagen müssen, um seinen Dienst wenigstens halbwegs ungestört verrichten zu können. Geschmückt mit viel medizinischem Fachchinesisch erklärte er den staunenden Medienvertretern, die es in den Presseraum geschafft hatten, dass es sich bei dem Erreger lediglich um einen seltenen Grippevirus handelte, der zwar Ähnlichkeiten mit dem H5N1-Virus aufwies, allerdings völlig ungefährlich sei. Die anschließend auf ihn hereinprasselnden skeptischen Nachfragen, blockte der Leiter der Uniklinik souverän ab. Als Bonbon gab Schorndorf seinen Gästen am Ende noch das Phantombild des mutmaßlichen Täters mit auf den Weg. Die Laune der Medienvertreter verbesserte sich dadurch nur unwesentlich.
Murrend, mit hängenden Mundwinkeln, verließen die Journalisten den Saal. Sie waren voller Zuversicht gekommen, ihren Gesichtern war die Hoffnung auf fette Beute anzusehen. Dass sie selbst in Gefahr gewesen wären, ordneten sie offenbar ihrer Sensationsgier unter.
Der Polizei mit der Veröffentlichung eines Phantombildes bei der Fahndung zu helfen, war absolut kein adäquater Ersatz für die erhofften Schlagzeilen. Schorndorf kam mit besorgter Miene auf den Flur. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wer als Sündenbock für diese PR-Pleite herhalten musste. Das Verhältnis zwischen Karin und ihm dürfte sich der Frostgrenze nähern.
44
»Es hat sich erledigt. Ja, verdammt noch mal!«
Sänger knallte wütend das Telefon auf den Tisch. Vor nicht einmal zehn Minuten stand das Ende des genialen Planes zum Greifen nah vor seinen Augen. Er besaß alle Trümpfe, stand dicht davor, sie im finalen Spiel auf den Tisch zu werfen.
Die Flugtickets lagen vor ihm. Der Weg dorthin war umständlich, über Amsterdam und Nairobi nach Harare, von dort mit einer kleinen Maschine weiter nach Kwekwe. Aber er lohnte sich immer wieder. Vor zwölf Jahren hatte er das Land zum ersten Mal besucht. Damals als Vorhut des Konzerns. Sänger hatte die Gelegenheit genutzt, sich mit einem Großteil seines Privatkapitals in die dortigen Goldminen einzukaufen. Das Geschäft hatte ihn schon nach wenigen Jahren zum Millionär gemacht. Gut die Hälfte seiner Gewinne hatte das Regime um Präsident Mugabe als Zuwendung bekommen. Diese Politik zahlte sich nun aus. Bereitwillig überließ man ihm ein riesiges Grundstück im Gewerbegebiet
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