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Flatline

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Titel: Flatline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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in vollen Zügen genießen.
    »Ich verfüge über genügend Ampullen, außerdem habe ich die Formel, kann jederzeit nachproduzieren, schon vergessen? Die Sache ist durch. Einige unserer Probanden haben sich unglücklicherweise mit fiesen Erregern infiziert.«
    Sängers Lachen war höhnisch, fast abstoßend. Während er sich das Gesicht von Orlefson vorstellte, wurde das Lachen immer lauter.
    »Das ist aber nicht fein von Ihnen, Herr Sänger.«
    »Nein, das ist es nicht.«
    Sänger verschluckte sich an seinem Lachen und musste husten. Der gleichgültige Tonfall Orlefsons war ihm nicht aufgefallen. Viel zu süß schmeckte dieser Erfolg. Er hatte alle Probleme mit einem Schlag gelöst. Die Schlussrate von einer Million US-Dollar an Orlefson, die er schon längst in die Fabrik in Simbabwe gesteckt hatte. Die Verbreitung der Erreger, die Flugtickets, das Feld war bestellt. Während für ihn ein neues Leben beginnen sollte, würde Orlefson schon morgen in Untersuchungshaft sitzen und vor Wut kochen. Auf zur Ernte, dachte Sänger und prustete erneut los.
    »Dann werden Ihre Probanden also die Masern bekommen. Nein, wie gemein von Ihnen, Herr Doktor.«
    Ein letzter Lacher quoll aus dem fleischigen Gesicht, bevor Sänger mit hektisch werdender Atmung verstummte. Er schluckte, hoffte, sich verhört zu haben.
    »Bitte?«
    »Glauben Sie im Ernst, ich arbeite ohne Absicherung? Sie haben lediglich ekelige kleine Masernviren. Ach ja, ich vergaß, Sie haben auch noch die Formel für einen Impfstoff gegen die Masern.«
    Schweiß schoss blitzartig aus allen Drüsen. Hastig öffnete Sänger den Knoten seiner blutroten Krawatte.
    »Sie Schwein«, die Worte klangen, als würde er sie buchstabieren. Nun kam das hämische Lachen von der anderen Seite der Verbindung. Sänger wurde es schwindelig. Er stützte sich mit dem ausgestreckten linken Arm an der Wand ab und atmete schwer.
    »Doktor, Doktor. Ich hätte nicht geglaubt, dass Sie so naiv sind. Es gibt übrigens noch einen Interessenten für den Impfstoff. Wenn Sie die Sache mit den Masern alleine durchziehen möchten, bitte, kein Problem.«
    Orlefson blies den Qualm aus und lachte.
    »Ansonsten sollten Sie mir schnellstens ein Angebot unterbreiten, Herr Sänger.«
    Die Mittagspause war zu Ende. Durch die Tür strömten Menschen in weißen Kitteln den Gang hinunter. Sänger bemühte sich um Fassung. Schnell lief er mit dem Handy am Ohr in sein Büro.
    »In Ordnung, Orlefson, Sie bekommen die Million«, flüsterte Sänger mit hasserfülltem Unterton ins Handy. Dabei überlegte er fieberhaft, woher er den Betrag nehmen sollte. Er könnte das Geld für ein Forschungsprojekt in Afrika beantragen. Aber bei einer Summe dieser Größenordnung bedurfte es der Zustimmung des Aufsichtsrates. Dieser lag ihm zwar aufgrund seiner Erfolge in der Vergangenheit zu Füßen, aber selbst für eine außerordentliche Zusammenkunft dieses Gremiums würden mindestens zwei Tage Vorlaufzeit benötigt. Zeit, die er nicht mehr besaß.
    »Ich freue mich über die Anerkennung meiner Arbeit. Die Million ist also die Schlussrate für meinen Auftrag. Aber was ist nun mit dem Impfstoff? Benötigen Sie den nicht mehr?«
    »Sie wollen mich erpressen?«
    »Nanana, erpressen, welch böses Wort. Ich möchte Ihnen lediglich aufgrund unserer guten Zusammenarbeit ein Vorkaufsrecht einräumen. Aber bitte, wenn Sie nicht möchten.«
    »Wie viel?«
    Sänger schloss die Augen.
    »Sagen wir … drei Millionen, also vier insgesamt. Ich weiß, der Stoff ist ein Vielfaches wert. Aber gute Freunde ziehen sich nicht gegenseitig über den Tisch, nicht wahr, Herr Doktor?«
    Sänger erschrak. Wieder schwirrte dieses ominöse Wort durch seinen Verstand, das er bis vor kurzem nicht einmal buchstabieren konnte. Angst! Das Ufer war weit weg. Zu weit, um zurückzuschwimmen. Die See wurde rauer, der Wind blies ihm ins Gesicht. Noch ein Versuch.
    »Wo soll ich so viel Geld herbekommen. Das ist unmöglich.«
    »Schade. Ich hatte Ihnen eine größere Bonität zugetraut. Nun denn. Wie gesagt, es gibt noch einen Interessenten. Was die fehlende Schlussrate betrifft, ich denke, da wende ich mich vertrauensvoll an Ihre Familie. Schönen Tag noch, Herr Doktor.«
    »Nein. Halt! Warten Sie!«
    Das leise Knacken schoss dem Geschäftsführer wie eine Kugel durch den Kopf. Hektisch klopfte Sänger die Nummer in die Tastatur. Orlefson nahm das Gespräch nicht an. Sänger durchsuchte seine Brieftasche nach der Liste mit den Mobilfunknummern,

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