Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
Vom Netzwerk:
eintrafen, war natürlich alles längst spurlos verdunstet.
    Es war beinahe das perfekte Verbrechen. Es wäre perfekt gewesen, wenn ich nicht vorzeitig in den Garten hinuntergegangen wäre.
    Daran hatte ich noch nicht gedacht. War die Tatsache, dass ich immer noch am Leben war, das Einzige, was zwischen Frank Pemberton und seiner Freiheit stand?

    Irgendwo knirschte etwas.
    Ich konnte nicht sagen, aus welcher Richtung das Geräusch kam, drehte aber den Kopf, und das Knirschen hörte sofort auf.
    Ein paar Sekunden lang herrschte Stille. Ich spitzte die Ohren, hörte aber nur das Geräusch meines eigenen Atems, der, wie mir auffiel, wieder viel schneller und abgerissener ging.
    Da war es wieder! Als würde ein Stück Holz mit erstaunlicher Langsamkeit über eine sandige Oberfläche geschleift.
    »Wer ist da?«, wollte ich rufen, aber das harte Taschentuchknäuel in meinem Mund reduzierte meine Worte zu einem erstickten Blöken. Bei der Anstrengung fühlte sich mein Kiefergelenk an, als hätte jemand von beiden Seiten einen Eisennagel durch meinen Kopf getrieben.
    Lieber weiter lauschen, dachte ich. Ratten ziehen kein Holz durch die Gegend, und falls ich mich nicht erbärmlich täuschte, befand ich mich nicht mehr allein in der Garage.
    Wie eine Schlange bewegte ich langsam den Kopf von einer Seite zur anderen, versuchte einen Vorteil aus meinem überlegenen Hörsinn zu gewinnen, aber der schwere Tweed, der um meinen Kopf gewickelt war, dämpfte auch die lautesten Geräusche.
    Die Scharrgeräusche waren nicht halb so enervierend wie die Stille dazwischen. Was auch immer in der Grube war, es versuchte, seine Anwesenheit geheim zu halten. Oder verhielt es sich nur still, um mich zu verunsichern?
    Ein Piepsen, dann ein leises Tick, als wäre ein Kiesel auf einen großen Stein gefallen.
    Langsam wie eine sich öffnende Blüte streckte ich die Beine vor mir aus, aber als sie auf keinen Widerstand trafen, zog ich sie wieder bis unters Kinn zurück. So zusammengerollt, dachte ich, bot ich ein kleineres Ziel.
    Für einen Augenblick konzentrierte ich meine Aufmerksamkeit auf meine Hände, die immer noch auf dem Rücken gefesselt
waren. Vielleicht war ein Wunder geschehen: Vielleicht hatte sich die Seide gedehnt und gelockert, aber nein, so viel Glück hatte ich nicht. Sogar meine tauben Finger spürten, dass meine Fesseln immer noch bombenfest saßen. Ich durfte nicht darauf hoffen, mich aus eigener Kraft befreien zu können. Ich würde tatsächlich hier unten sterben müssen.
    Und wer würde mich vermissen?
    Niemand.
    Nach einer angemessenen Trauerzeit würde Vater sich wieder seinen Briefmarken zuwenden. Daphne würde die nächste Bücherkiste aus der Bibliothek von Buckshaw herunterschleifen und Ophelia würde einen neuen Lippenstiftfarbton für sich entdecken. Bald schon, erschreckend bald, würde alles so sein, als hätte es mich nie gegeben.
    Niemand liebte mich, so viel war klar. Harriet vielleicht, damals, als ich noch klein war, aber sie war schon lange tot.
    Und dann stellte ich zu meinem eigenen Entsetzen fest, dass ich weinte. Es war abstoßend. Tränen in den Augen waren etwas, wogegen ich mich schon so lange ich denken konnte gewehrt hatte, aber jetzt sah ich trotz meiner verbundenen Augen ein freundliches Gesicht vor mir schweben, ein Gesicht, das ich in meinem Elend vergessen hatte. Es handelte sich um Doggers Gesicht - wessen Gesicht sonst?
    Dogger würde bestimmt wie ein Hund leiden, wenn ich tot war!
    Reiß dich zusammen, Flave … es ist doch bloß eine Grube. Wie ging diese Geschichte, die Daffy uns von dieser Grube vorgelesen hatte? Diese Geschichte von Edgar Allen Poe? Die mit dem Pendel?
    Nein! Daran wollte ich nicht denken! Auf gar keinen Fall!
    Dann gab es noch das Schwarze Loch von Kalkutta, in dem der Nawab von Bengalen einhundertsechsundvierzig britische Soldaten in einer Zelle eingesperrt hatte, die eigentlich nur für drei Insassen gedacht war.

    Wie viele hatten eine einzige Nacht in diesem erstickenden Brutofen überlebt? Dreiundzwanzig, erinnerte ich mich, die am Morgen bis zum letzten Mann wahnsinnig geworden waren.
    Nein! Nicht, Flavia!
    Meine Gedanken waren wie ein Strudel, der sich drehte … immer schneller drehte. Ich holte tief Luft, um mich zu beruhigen, und meine Nasenlöcher nahmen den Geruch von Methan wahr. Aber natürlich!
    Das Rohr zum Flussufer musste voll davon sein. Alles, was ich brauchte, war eine Möglichkeit, es zu entzünden; über die nachfolgende Explosion würde man noch

Weitere Kostenlose Bücher