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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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umgekehrtes »V« bildeten.
    In diesem Augenblick fiel mir etwas ein, das Vater uns einmal erzählt hatte, nämlich dass Napoleon die Engländer einmal »eine Nation von Buchhaltern« genannt hatte. Weit gefehlt, Napoleon!
    Nachdem wir gerade einen Krieg durchgemacht hatten, in dem Tonnen von Trinitrotonuol im Dunkeln auf unsere Köpfe abgeworfen worden waren, waren wir zu einer Nation von Überlebenskünstlern geworden, und ich, Flavia Sabina de Luce, stellte das sogar an meiner eigenen Person fest.
    Dann murmelte ich zur Selbstvergewisserung einen Teil des 23. Psalms vor mich hin. Das konnte nie schaden.
    Und jetzt: der Mord.
    Wieder schwebte das Gesicht des sterbenden Horace Bonepenny vor mir in der Dunkelheit. Der Mund klappte wie bei einem gestrandeten Fisch auf und zu. Sein letztes Wort war zugleich sein letzter Hauch gewesen: » Vale «, hatte er gesagt, und Wort und Hauch waren aus seinem Mund direkt in meine Nasenlöcher geschlüpft. Und zwar auf einer Woge Tetrachlorkohlenstoff.
    Es bestand überhaupt kein Zweifel daran, dass es Tetrachlorkohlenstoff gewesen war, eine der faszinierendsten chemischen Zusammensetzungen.
    Für einen Chemiker ist sein süßer, wenn auch sehr flüchtiger Geruch unverwechselbar. Er unterscheidet sich nicht sehr von
dem Duft des Chloroforms, das Anästhesisten bei einer Operation einsetzen.
    Bei Tetrachlorkohlenstoff (einer seiner vielen Decknamen) spielen vier Chloratome mit einem einzigen Kohlenstoffatom Ringelreihen. Es ist ein wirkungsvolles Insektengift, das noch immer hin und wieder bei hartnäckigem Befall von Hakenwürmern benutzt wurde, diese winzigen, stummen Parasiten, die sich am Blut von Mensch und Tier laben, das sie in völliger Dunkelheit aus deren Eingeweiden saugen.
    Wichtiger jedoch ist die Tatsache, dass Briefmarkensammler Tetrachlorkohlenstoff dazu benutzen, um fast unsichtbare Wasserzeichen einer Briefmarke wieder erkennbar zu machen. Vater hatte das Zeug flaschenweise in seinem Arbeitszimmer stehen.
    Ich dachte wieder an Bonepennys Zimmer im Dreizehn Erpel. Wie dumm ich doch mit meiner Vermutung hinsichtlich der vergifteten Pastete gewesen war! Wir befanden uns schließlich nicht in einem von Grimms Märchen, sondern in der Geschichte von Flavia de Luce.
    Die Pastetenkruste war nichts weiter als eben das: Pastetenkruste. Vor seiner Abreise aus Norwegen hatte Bonepenny die Füllung herausgenommen und die Zwergschnepfe hineingestopft, mit der er Vater einen Schrecken einjagen wollte. Auf diese Weise hatte er den toten Vogel nach England geschmuggelt.
    Es war nicht so sehr das, was ich in seinem Zimmer gefunden hatte, als das, was ich nicht gefunden hatte. Und das war natürlich der einzige Gegenstand, der in dem kleinen Lederetui fehlte, in dem Bonepenny seine Diabetikerutensilien transportierte: eine Spritze.
    Pemberton hatte die Spritze gefunden und eingesteckt, als er Bonepennys Zimmer kurz vor dem Mord durchsuchte. Dessen war ich mir sicher.
    Die beiden steckten unter einer Decke, und niemand hätte
besser gewusst als Pemberton, welche medizinischen Vorräte für Bonepenny lebenswichtig waren.
    Selbst wenn Pemberton geplant hatte, sein Opfer auf eine andere Weise loszuwerden - etwa per Stein gegen den Hinterkopf oder per Strangulation mit einer grünen Weidenrute -, muss ihm die Spritze in Bonepennys Gepäck wie ein Geschenk Gottes vorgekommen sein. Allein der Gedanke daran, wie er seine Tat durchgeführt haben musste, ließ mich erschauern.
    Ich konnte mir vorstellen, wie die beiden im Mondlicht miteinander rangen. Bonepenny war groß, aber nicht sehr kräftig. Pemberton musste ihn niedergerungen haben wie ein Berglöwe einen Hirschen.
    Dann die Spritze raus und rein damit in Bonepennys Hirnbasis. Einfach so. Es dürfte nicht länger als eine Sekunde gedauert haben, die Wirkung musste fast augenblicklich eingetreten sein. Ich war mir sicher, dass Horace Bonepenny auf diese Weise den Tod gefunden hatte.
    Hätte er die Substanz durch den Mund zu sich genommen - wobei es ziemlich unmöglich gewesen wäre, ihn dazu zu zwingen -, wäre eine wesentlich größere Menge des Giftes nötig gewesen: eine Menge, die er prompt wieder ausgewürgt hätte.
    Wohingegen fünf Milliliter, direkt in die Hirnbasis injiziert, ausreichten, um einen Ochsen zu fällen.
    Die unverwechselbaren Dünste des Tetrachlorkohlenstoffs sind rasch in seinen Mund und in die Nasenhöhlen weitergeleitet worden, was ich ja festgestellt hatte. Bis Inspektor Hewitt und seine beiden Sergeanten

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