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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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Künstlerherz höherschlagen. Die Fachwerkwände ragten wie ein malerisches altes Schiff aus einem Meer altmodischer Blumen: Anemonen, Stockmalven, Levkojen, Glockenblumen und andere, von denen ich nicht wusste, wie sie hießen.
    Miss Pickerys rotbrauner Kater Roger aalte sich auf der
Schwelle in der Sonne und hielt mir den Bauch zum Kraulen hin. Ich kam seiner Aufforderung nach.
    »Bist ein ganz Braver, Roger«, sagte ich. »Wo ist denn Miss Pickery?«
    Roger schlenderte davon und hielt nach etwas Spannenderem Ausschau. Ich klopfte. Niemand öffnete.
    Ich ging ums Haus herum in den Garten. Keiner da.
    Als ich auf der Hauptstraße entlangging und, nachdem ich im Schaufenster der Apotheke flüchtig die immer gleichen mit Fliegendreck beklecksten Glasgefäße betrachtet hatte, gerade die Cow Lane überquerte, blickte ich zufällig nach links und sah jemanden in der Bücherei verschwinden. Mit ausgebreiteten Armen flog ich eine Steilkurve und bog in die Gasse ein, aber als ich vor der Bücherei stand, war der Betreffende längst im Haus verschwunden. Ich drehte am Türknauf, und diesmal hatte ich Erfolg.
    Die Frau, die ihr Portemonnaie in die Schublade legte und sich hinter dem Tresen niederließ, hatte ich noch nie gesehen. Ihr Gesicht war so runzlig wie einer von den Äpfeln, die man manchmal noch vom vergangenen Winter in seiner Manteltasche findet.
    »Ja, bitte?« Sie spähte über ihre Brille. Das bringen sie einem alles an der Königlichen Akademie für Bibliothekswissenschaften bei. Mir fiel auf, dass die Brille einen grauen Schleier hatte, als hätte sie über Nacht in Essig gelegen.
    »Wo ist denn Miss Pickery?«, erkundigte ich mich.
    »Miss Pickery ist wegen einer dringenden Familienangelegenheit verhindert.«
    »Ach so.«
    »Ja, es ist wirklich traurig. Ihre Schwester Hetty, die in Nether-Wolsey wohnt, hatte einen tragischen Nähmaschinenunfall. Zuerst sah es noch ganz so aus, als sei es gerade noch mal gutgegangen, aber dann verschlechterte sich ihr Zustand unversehens, und nun sieht es aus, als ob sie womöglich den Finger
verliert. Was für ein Jammer! Wo sie doch die Zwillinge zu versorgen hat! Und da ist Miss Pickery natürlich …«
    »Natürlich.«
    »Ich bin die Vertretung. Ich heiße Miss Mountjoy und bin Ihnen gern behilflich.«
    Miss Mountjoy! Die pensionierte Miss Mountjoy! Ich hatte schon viele Geschichten über »Miss Mountjoy und ihr Terrorregime« vernommen. Sie war schon Hauptbibliothekarin der Leihbücherei von Bishop’s Lacey gewesen, als Noah noch als Matrose zur See fuhr. Nach außen hin zuckersüß, aber innerlich »eine Bastion der Bosheit«. So hatte man es mir jedenfalls geschildert. (»Man« war in diesem Fall Mrs Mullet, die gern Kriminalromane las.) Die Dorfbewohner hielten immer noch mehrtägige Bittgottesdienste ab und beteten darum, dass sie bloß nicht aus dem Ruhestand zurückkehrte.
    »Und wie kann ich dir helfen, mein Liebes?«
    Wenn ich etwas gründlich verabscheue, dann ist es die Anrede »mein Liebes«. Wenn ich einmal mein Opus Magnum mit dem Titel Eine Abhandlung über sämtliche Gifte schreibe und bei »Zyankali« ankomme, vermerke ich unter »Anwendung« garantiert: Besonders wirksam bei der Behandlung all derjenigen, die einen »mein Liebes« nennen.
    Andererseits habe auch ich meine Grundsätze, und einer davon lautet: Wenn du etwas willst, sei nett und freundlich.
    Ich lächelte matt und erwiderte: »Ich wollte etwas im Zeitungsarchiv nachschlagen.«
    »Im Zeitungsarchiv!«, erwiderte sie belustigt. »Du bist ja ganz schön weit für dein Alter, mein Liebes.«
    »Ja«, sagte ich und gab mir Mühe, bescheiden dreinzuschauen.
    »Die Zeitungen ab vorletztem Jahr findest du nach Jahrgängen geordnet auf den Regalen im Drummond-Raum. Das ist ganz hinten, nach links, die Treppe hoch.«
    »Dankeschön.« Ich schlenderte in Richtung Treppe.

    »Es sei denn, du suchst etwas Älteres. Das wäre dann im Magazin. Welchen Jahrgang suchst du denn?«
    »Das weiß ich auch nicht so genau.« Aber halt - ich wusste es doch! Was hatte der Fremde gesagt? Twining - der olle Teebeutel ist doch inzwischen schon … wie lange tot?
    Ich hörte die ölige Stimme wieder: … dreißig Jahre …
    »1920«, sagte ich kaltblütig. »Ich würde gern einen Blick in den Jahrgang 1920 werfen.«
    »Das müsste alles noch in der Garage liegen, also in dem Schuppen, in dem früher die Reparaturwerkstatt mit der Grube war. Wenn die Ratten es in der Zwischenzeit nicht aufgefressen haben.« Dabei

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