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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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seine Späße darüber, dass er besser Latein spreche als Julius Cäsar persönlich, und seine Lateinische Grammatik, Twinings Lingua Latina, die übrigens veröffentlicht wurde, als er gerade mal vierundzwanzig war, galt in allen Schulen der Welt als Standardwerk. Ich habe heute noch eine Ausgabe neben dem Bett liegen, und obwohl ich das meiste nicht lesen kann, halte ich das Buch manchmal gern in der Hand, weil es mir Trost spendet: qui, quae, quod und so weiter. Ich finde, die Worte klingen so beruhigend.
    Der gute alte Grenville hat immerzu irgendetwas Neues auf die Beine gestellt: Er hat die Jungen ermuntert, einen Debattierklub, einen Schlittschuhklub, einen Radsportverein oder eine Cribbage-Runde zu gründen. Er war ein begeisterter Amateurzauberer, wenn auch kein besonders guter. Man
sah immer das Karo-As mit dem kleinen Gummiband dran aus seinem Ärmel spitzen. Obendrein brachte er den Jungen als leidenschaftlicher Briefmarkensammler bei, nicht nur ihre Alben sauber und ordentlich zu führen, sondern sich immer auch für die Geschichte und die Geografie der jeweiligen Länder zu interessieren. Genau das wurde ihm zum Verhängnis.«
    Ich hörte auf zu kauen und sah sie erwartungsvoll an. Miss Mountjoy war in eine Art Tagtraum verfallen und machte den Eindruck, als würde sie ohne Aufforderung nicht weiterreden.
    Während sie erzählte, war ich ganz allmählich in ihren Bann geraten. Sie hatte mit mir von Frau zu Frau geredet, und ich hatte nicht widerstehen können. Sie tat mir leid … ehrlich!
    »Zum Verhängnis?«, hakte ich nach.
    »Er beging den entscheidenden Fehler, etlichen charakterlich verderbten jungen Burschen, die sich bei ihm eingeschmeichelt hatten, Vertrauen zu schenken. Sie taten so, als interessierten sie sich brennend für seine kleine Briefmarkensammlung, und täuschten ein noch brennenderes Interesse für die Sammlung von Dr. Kissing vor; er war damals der Rektor der Schule. Dr. Kissing galt zu seiner Zeit als der größte Kenner der Penny Black, der schwarzen Königin-Viktoria-Marke in allen ihren Varianten. Die Penny Black war die erste Briefmarke der Welt. Kissings Sammlung erregte viel Neid, und zwar überall, weltweit, und das sage ich ganz bewusst. Diese schäbigen Subjekte konnten Onkel Grenville überreden, sich für sie einzusetzen und einen Privattermin mit dem Rektor zu vereinbaren, damit sie sich dessen Sammlung ansehen konnten.
    Während die Burschen sich die Kronjuwelen der Sammlung betrachteten, nahm eine Penny Black Schaden, und zwar irgendeine ganz Besondere, richtig weiß ich das auch nicht mehr.«

    »Schaden?«
    »Die Marke ist verbrannt. Einer der Burschen hat sie angezündet. Es sollte wohl ein Scherz sein.«
    Miss Mountjoy nahm ihre Teetasse und wehte wie ein Windhauch zum Fenster, wo sie lange stehen blieb und hinausschaute. Als ich schon glaubte, sie hätte mich vergessen, sprach sie weiter.
    »Natürlich machte man meinen Onkel für das Unglück verantwortlich …«
    Sie drehte sich um und sah mich an.
    »Den Rest der Geschichte hast du heute Morgen in der Garage erfahren.«
    »Ihr Onkel hat Selbstmord begangen?«
    »Er hat keinen Selbstmord begangen!«, stieß sie schrill hervor. Tasse und Untertasse fielen ihr aus der Hand und zersprangen auf dem Fliesenboden. »Jemand hat ihn umgebracht!«
    »Wer denn?« Ich musste mich sehr zusammennehmen, um diesen Zweiwortsatz korrekt herauszubringen. Miss Mountjoy ging mir allmählich wieder auf die Nerven.
    »Einer von diesen Ungeheuern!«, stieß sie hervor. »Einer von diesen abscheulichen Ungeheuern!«
    »Welche Ungeheuer denn?«
    »Diese jungen Burschen, wer sonst? Die haben ihn so gewiss umgebracht, als hätten sie ihm einen Dolch ins Herz gebohrt.«
    »Wer waren denn diese Burschen … ich meine, Ungeheuer? Erinnern Sie sich noch an ihre Namen?«
    »Was geht dich das an? Wie kommst du überhaupt dazu, diese alten Geister wieder aufzuschrecken?«
    »Ich interessiere mich eben für Geschichte.«
    Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen, als wollte sie sich aus einer tiefen Trance zurückrufen, und sprach dann schleppend weiter, wie unter Drogen.
    »Das ist alles lange her. Sehr, sehr lange. Eigentlich will ich
mich gar nicht mehr daran erinnern … Onkel Grenville hat ihre Namen erwähnt, ehe er …«
    »Umgebracht wurde?«
    »Ganz recht, ehe er umgebracht wurde. Merkwürdig, oder? Den einen Namen habe ich immer noch im Kopf …« Sie stieß ein ersticktes, nervöses Lachen aus.
    »Schnäppi«, sagte ich.
    Miss

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