Flederzeit - Sturz in die Vergangenheit (Historischer Roman): 1 (German Edition)
an sein letztes Aufwachen in der vollständigen Finsternis der Höhle waren keine guten. Doch das hier war schlimmer. Jäh richtete er sich auf. Wo zum Teufel war er?
Erst jetzt registrierte er, wie nass seine Ärmel waren, sein Rücken, alles. Klamm und kalt und mit einem zähen Matsch überzogen, der stechend stank. Außerdem pikste es überall. Er rubbelte die Hände aneinander. Strohhalme. Nass und faulig. Unwillkürlich führte er eine Hand an die Nase. Moder und Pilz und ... Urin, zersetzt.
Widerlich!
Irgendwo tropfte es. An mehreren Stellen.
Seine übrigen Sinne funktionierten offensichtlich einwandfrei. Seine Augen jedoch ... Erneut blinzelte er.
Seine gesamte Kraft zusammenklaubend, rappelte er sich auf die Beine. Hielt sich erst einmal den Kopf, um das Stechen darin zu begrenzen. Niedergeschlagen hatten sie ihn. Verdammt, das schien wirklich zur Gewohnheit zu werden in diesen Tagen. Ist mein Gehirn geschädigt? , durchzuckte es ihn plötzlich. War er deswegen blind? Er atmete tief durch, um die Angst zum Abklingen zu bringen. Rieb sich die Augen. Öffnete sie erneut. Bewegte den Kopf.
Da!Unendlich erleichtert fixierte er einen kaum zu erahnenden Lichtschein dort vorn. Ein Spalt? In einer Wand? Und dahinter – kein Tageslicht. Es war noch Nacht, logisch. Lüftungsschlitze! Wie in ... Er ließ seinen Blick in derselben Höhe weiterschweifen – ja, da war noch einer. Ich bin in den Kerkern von Ehrenberg. Die Befriedigung, die er im ersten Moment ob dieser Erkenntnis verspürte, fiel gleich wieder in sich zusammen. Das konnte nicht wahr sein, dass er sich an diesem Ort befand, vor dem er sich seit seiner Kindheit bei jeder Besichtigung der Burg gegruselt hatte. Der jedoch in der Zukunft nicht annähernd so kalt, dunkel, moderig, dreckig und stinkend sein würde wie ... dieser mittelalterliche Kerker hier um ihn. Der doch nagelneu sein muss. Wie viele Leute hatten seit seiner Entstehung hier wohl schon gemodert, damit der so stinken konnte?
Matthias stand steif in der Mitte des Raumes, dessen Begrenzung er lediglich erahnen konnte – in einem Matsch undefinierbarer Herkunft, der von festen Teilen durchsetzt war, von denen er ebenso wenig wissen wollte, was sie einmal gewesen waren.
Ein Huschen neben seinem Bein! Er schreckte zurück, geriet sofort ins Taumeln, ruderte mit den Armen. Nur ein Ausfallschritt bewahrte ihn davor, auf dem Bauch in diesem Dreck zu landen. Etwas flutschte unter seinem Fuß weg. Etwas Ekliges. Was jedoch wenigstens tot zu sein schien. Dort drüben dagegen ertönte leises, aber sehr lebendiges Quieken. Eine Ratte! Klar, dieser Ort musste ein Paradies für die Biester sein. Die mit Sicherheit massenweise Pesterreger mit sich führten. Ohne Penicillin ... Und Wolfgang hatte ihm die Antibiotika noch nachgetragen! Aber wie hätte er das hier ahnen sollen?
Verdammt, warum konnte er sich nicht mehr einreden, dass all dies nicht real war? Das war ihm unmöglich. Er war hier, und er musste hier raus. Und zwar, ehe eines der Pestviecher seine infizierten Zähne in seine Haut rammen konnte.
Und zu Mila. Bei alledem ging es doch darum, sie zu befreien.
Mit vorsichtigen Schritten und vorausgestreckten Händen arbeitete er sich durch den nach wie vor durchgängig schwarzen, aber nun bekannten Raum vorwärts. Dorthin, wo er die Tür wusste.
Die Kamera! Erstoppte abrupt und tastete seine Hose ab. Die sich leider nur über dem Asthmaspray wölbte. Ansonsten war nichts darin. Verdammt, er hatte sie doch in der Hand gehabt, sogar mit dem Band gesichert, falls er damit hätte zuschlagen müssen. Erinnerungsfetzen blitzten in ihm auf. Alles war so schnell gegangen. Als er bemerkt hatte, dass da jemand stand, hatte er die Kamera noch gehoben, in der Absicht, dem anderen ins Gesicht zu blitzen, hatte aber den Auslöser nicht gefunden und dann war schon ...
Unwillkürlich fuhr er mit seinen Fingern über den Kopf, hin an die Stelle, die helle Schmerzen aussandte. Ja, da war eine neue Beule neben den alten, abklingenden. Genau diese Handbewegung nach oben hatte er direkt nach dem Angriff auch gemacht. Aber an die Kamera konnte er sich nicht erinnern, sosehr er auch in seinem Gedächtnis kramte. Hatte er sie etwa zu diesem Zeitpunkt bereits verloren?
Wäre die Situation nicht so tragisch gewesen, Matthias hätte über das Groteske daran gelacht. Die einzige Waffe weg, Mila wie Rapunzel oben auf dem Turm sitzend, während er hier im tiefsten Kerker schmorte.
Er hatte das Holz der Tür erreicht,
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