Fleisch essen, Tiere lieben
Dünger einzusetzen. Was zum einen an der schieren Menge der Tiere liegt, die dort zu Schnitzeln gemacht werden, zum anderen aber auch an der Umgebung, in der die Tiere leben. In der Massentierhaltung stehen Schweine und Kühe normalerweise auf Spaltböden, also Betonböden mit Schlitzen, durch die alle Fäkalien hindurchfallen. Das hat hygienische Vorteile – bei so vielen Tieren auf engem Raum kein kleiner Faktor. Andererseits ist es ein Problem: Kot und Urin landen nicht auf Erdböden, wo sie die Pflanzen beim Wachsen unterstützen könnten, sondern sammeln sich als Abfall, den der Landwirt irgendwie loswerden muss. Ackerböden können nur eine bestimmte Menge dieser eigentlich wertvollen Stoffe aufnehmen. Trotzdem bringen Landwirte mangels Alternativen immer wieder zu viel Gülle auf ihren Äckern aus. Eine Überdüngung mit Gülle aber erzeugt vergleichbare Schäden wie ein allzu großzügiger Umgang mit Mineraldünger. Außerdem kann sie krank machen: E. coli-Bakterien, wie sie in Fäkalien vorhanden sind, können Gemüse regelrecht vergiften. In den USA kommt es deswegen immer wieder zu Todesfällen. Oft ist diese Gülle zudem mit Rückständen von Medikamenten belastet. Kurz gesagt: Industriefleisch macht aus einem organischen Dünger ein Umweltgift. Das ist aber kein Argument gegen Fleisch an sich. Sondern eins gegen die Praxis der Fleisch produzierenden Industrie.
Stimmt schon: Organische Dünger gelten als weniger effizient, darum sind Biolebensmittel auch teurer: Der Bauer erwirtschaftet auf der gleichen Fläche schlicht weniger Ertrag. Das muss aber nicht so sein. Es gibt immer mehr Anzeichen dafür, dass moderne, ökologische Landwirtschaft überaus effizient sein kann. Und dabei noch den angenehmen Effekt hat, nicht ihre eigene Grundlage zu zerstören.
In einer Studie ⁵³ kanadischer Wissenschaftler wurde auf drei verschiedenen Feldern mit unterschiedlichen Böden Mais angebaut. Die Nährstoffe wurden in Form von Mineraldünger und Schweinegülle ausgebracht. Der Ertrag beider Felder war nahezu gleich. Eine Analyse des direkten und indirekten Energieaufwands bei der Produktion des jeweiligen Düngers ergab, dass die Düngung mit organischem Dünger erhebliche Energiesparpotenziale zeigte.
Michael Pollan teilt die landwirtschaftlichen Systeme, mit denen wir Nahrungsmittel produzieren, in zwei grobe Kategorien: Das eine, nachhaltige System basiert auf Sonnenlicht. Solarenergie also, die über Pflanzen synthetisiert, über Pflanzen- und Allesfresser aufgenommen und über deren Ausscheidungen wieder in den Boden gegeben wird, die dann erneut Pflanzen ernähren. Das zweite, nicht nachhaltige System basiert auf fossilen Brennstoffen und anderen nicht erneuerbaren Ressourcen und ruiniert nach und nach seine eigenen Grundlagen, als folgte es einem seltsamen Selbstzerstörungsdrang.
Wenn wir in Zukunft noch etwas auf dem Teller haben wollen, müssen wir uns in Richtung des ersten Systems entwickeln. Eine Besinnung auf diese Prinzipien hat wenig mit nostalgischer Bauernromantik zu tun, sondern ist tatsächlich die einzig wirklich realistische Zukunftsperspektive für die Nahrungsmittelsicherung. Was das mit Fleisch zu tun hat? Eine ganze Menge. Im Moment ist die Art, in der Fleisch produziert wird, Teil des Problems. Die Fleischproduktion aber kann Teil der Lösung sein.
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Fleisch frisst mein Gemüse
Sätze wie diese liest kein Fleischesser gern:
»Weltweit gesehen, wird mindestens ein Drittel der gesamten Getreideernte an Vieh verfüttert. Von der Getreidemenge, mit der man 100 Schlachtkühe ernährt, könnte man 2000 Menschen Nahrung bieten. Alle Schlachttiere auf der ganzen Welt zusammengenommen verbrauchen eine Futtermenge, die dem Kalorienbedarf von 8,7 Milliarden Menschen entspricht – das ist mehr als die gesamte Weltbevölkerung«, schreibt die Gesellschaft für Ernährungsheilkunde. Und weiter: »Fleischproduktion ist, was Nahrungsmittelerzeugung betrifft, die schlechteste Form der Bodennutzung: Um ein Rind ein Jahr lang zu mästen, benötigt man 0,5 Hektar Land. Nach einem Jahr erhält man von diesem Tier rund 300 kg essbares Fleisch. Hätte man während dieses Jahres auf derselben Fläche Getreide oder Kartoffeln angepflanzt, hätte man (mit Bio-Anbau) mindestens 2000 kg Getreide bzw. 15 000 kg Kartoffeln ernten können! Anders ausgedrückt: Ein einziges Steak von 225 Gramm enthält so viel Pflanzenenergie, wie benötigt wird, um einen Tag lang rund 40 hungernde Menschen zu ernähren!«
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