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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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hier, jemand der in dieser Provinzstadt aufgewachsen war und ganz allein eine Tochter großgezogen hatte. Shawnas Dad ist gestorben, als sie klein war - eine Art Trucker. Ganz wie in einem Country-Song. Und die Tochter wächst zu einer bildhübschen Frau heran, wird schließlich eine Schönheitskönigin. «
    »Die Olivenkönigin.«
    »Das war Shawnas Idee - bei Festzügen mitzumachen. Ihre Mom hat sie nie dazu gedrängt - zumindest hat sie das behauptet, und ich glaube ihr. Mrs. Yeager hat etwas Besonderes. Sie ist geradeheraus. Das Salz der Erde. Den Lebensunterhalt für sich und Shawna hat sie verdient, indem sie als Kellnerin und Putzfrau gearbeitet hat. Sie haben in einem Wohnwagen gelebt. Shawna war ihr ganzer Stolz, dann wird Shawna Olivenkönigin, verkündet, dass sie Santo Leon hasst und nach L. A. gehen will, um an der Uni zu studieren. Mrs. Yeager lässt sie gehen, macht sich aber die ganze Zeit Sorgen. Wegen L. A., wegen der Verbrechen. Und dann passiert es - ihr schlimmster Alptraum wird Wirklichkeit. Ich meine, können Sie sich irgendwas Schlimmeres vorstellen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Er sagte: »Mrs. Yeager war am Boden zerstört und zwar völlig. Es war Mitleid erregend. Sie kommt allein hierher, ohne Geld, ohne einen Schimmer, was hier abgeht. Die Uni - allein die Größe macht ihr Angst. Sie hatte im Voraus keine Übernachtungsmöglichkeit eingeplant und landete schließlich in einem beschissenen Motel. In der Nähe der Alvarado Street, um Gottes willen. Sie musste bis Westwood zwei Stunden mit dem Bus fahren und setzte ihr Leben aufs Spiel, wenn sie nachts im MacArthur Park herumlief. Niemand zeigt ihr, wo's langgeht, niemand grüßt sie. Schließlich klaut jemand ihre Handtasche, und die Uni stellt ihr ein Zimmer in einem Wohnheim zur Verfügung. Aber dennoch will niemand ihre Geschichte hören. Ich war der Einzige.« Er runzelte die Stirn. »Um ehrlich zu sein, war ich zunächst hinter der Geschichte her, weil ich dachte, sie hätte einen ziemlich coolen emotionalen Aspekt. Als ich dann Mrs. Yeager kennen lernte, hab ich das vergessen - meistens hab ich nur dagesessen, während sie geweint hat. Es hat mir irgendwie den Spaß am Journalismus verdorben.«
    Er stellte den Senftopf ab, schob sich den Rest seines Gürkchens in den Mund und griff sich noch eins.
    »Mrs. Yeager hat Ihnen gefallen«, sagte ich. »Aus diesem Grund haben Sie meine Frage nach Material, das nicht in Ihren Artikeln vorkam, nicht beantwortet. Sie möchten nichts tun, was ihren Kummer noch vergrößert.«
    »Die Frage ist doch, was ist dadurch zu gewinnen? Wenn Shawna bis jetzt nicht gefunden worden ist, wird sie wahrscheinlich nie mehr gefunden. Sie erstellen irgendein Profil, um Informationen zu sammeln oder aus welchem Grund auch immer, aber vermutlich ist es Ihnen auch egal. Was bringt es also? Warum sollte Mrs. Yeagers Elend noch vergrößert werden?«
    »Es könnte dazu beitragen, dass ein anderer Fall gelöst wird«, erklärte ich. »Vielleicht auch Shawnas.«
    Er kaute geräuschvoll, senkte den Kopf.
    »Das könnte es wirklich, Mr. Green.«
    Keine Antwort.
    »Was haben Sie über Shawna herausgefunden?«, fragte ich. »Es wird nicht öffentlich bekannt gegeben, es sei denn, Leben stehen auf dem Spiel.«
    Er blickte auf. »Leben auf dem Spiel. Klingt unheilvoll.« Seine Augen waren hellblau und voller Neugier. »Hey, hier kommt das Kraftfutter.«
    Die Kellnerin brachte unser Essen. Mein Hamburger war gut, und ich aß ihn zur Hälfte, bevor ich ihn hinlegte. Adam Greens Bestellung war ein massiver Brocken, aus dem kalter Aufschnitt und Krautsalat heraushing, und er kaute hingebungsvoll.
    »Ich sehe immer noch nicht ein, warum ich Ihnen irgendwas erzählen soll«, sagte er schließlich.
    »Weil es das einzig Richtige ist.«
    »Das sagen Sie.«
    »Ja, allerdings.«
    Er wischte sich über die Lippen und hielt das Sandwich wie einen Schutzschild. »Sehen Sie, ich brauche irgendeine Gegenleistung dafür. Wenn irgendetwas aufgeklärt wird - was mit Shawna passiert ist, oder der andere Fall, an dem Sie arbeiten -, muss ich es vor den Medien erfahren. Vielleicht sollte ich wirklich ein Buch schreiben. Oder wenigstens einen Artikel für eine Zeitschrift.« Er wischte sich den Mund ab. »Die Wahrheit ist, ich konnte sie nicht vergessen - Shawna. Sie sah so hinreißend aus, war so klug, alle Wege standen ihr offen - hier war sie, gerade mal ein paar Jahre jünger als ich, und dann war für sie alles vorbei. Ich hab eine

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