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Fleischmarkt

Fleischmarkt

Titel: Fleischmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Penny
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unfähig zur Hausarbeit, diesen schmeichelt und suggeriert, dass sie offenbar für die unmittelbar Profit erzeugende Arbeit besser geeignet seien, genauso schmeichelt Frauen die Vorstellung, dass Hausarbeit irgendwie zu ihrem besonderen Erbe gehöre, dass Männer in dieser Hinsicht genetisch minderwertig und kategorisch unfähig seien, für sich und andere angemessen zu sorgen.
    Mittlerweile sind die sinnlosen, hirnzersetzenden Hausarbeiten für junge Frauen so fremdartig und exotisch, dass sie schon wieder eine Lifestyle-Option darstellen. Kochkurse und Strickkränzchen ermutigen die gestylten jungen Frauen im Westen, sich sanktionierten Fantasien hinsichtlich eines glamourösen Hausfrauenlebens hinzugeben, das es natürlich so nie gegeben hat, und aus der Schufterei, in der nach wie vor viele Frauen gefangen sind, einen verbogenen, verrückten Fetischismus zu machen. Ich kenne etliche junge Frauen in meinem Alter, die gut ausgebildet und emanzipiert sind und das Backen von perfekten Muffins oder das aufwändige Besticken von Schals und Fäustlingen als aufregendes Hobby pflegen und als Zeitvertreib schätzen, der gewissenhaft im Petticoat und albernen Trägerschürzen im Stil der 50er Jahre betrieben werden muss. Merkwürdigerweise haben die meisten dieser Frauen nicht viel mehr Ahnung davon, wie man Bügelfalten in eine Anzughose plättet, als ich. Diese hedonistische Zeitverschwendung trägt historisch akkurat dieselben Züge wie sexuelle Rollenspiele mit viktorianischen Schuluniformen und Birkenruten zum Züchtigen. Und wie bei diesen Machtspielchen ist es immer so lange witzig, wie keiner es ernst nimmt. Ansonsten besteht die Gefahr, dass ein Fetisch sich in blutige Realität verwandelt.

Arbeiten von 9 bis 5
    In der kapitalistischen Industriegesellschaft ist bezahlte Arbeit die einzige Strategie, um Anerkennung zu bekommen und sich selbst als vollständig menschlich anerkennen zu können. Insofern wurden der Kampf von Frauen um gleichen Lohn und gleiche Chancen auf dem Arbeitsmarkt und der Kampf um die Anerkennung als selbstbestimmte menschliche Wesen von vielen innerhalb und außerhalb der feministischen Bewegung als ein und derselbe Kampf betrachtet. Tatsächlich handelt es sich aber um zwei völlig verschiedene Schauplätze. Frauen sind Menschen, egal, ob sie bezahlt oder unbezahlt sind, ob sie als Geschäftsführerin Vollzeit arbeiten oder als Mutter, ob wir uns selbst finanzieren, von Familienmitgliedern unterstützt werden oder staatliche Hilfe bekommen – alle Frauen sind Menschen, so wie alle Menschen Menschen sind. Das Recht auf gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit ist eine Hürde, die von den Frauen im Westen erst noch genommen werden muss. Es ist ein Kampf, der für sich allein große Bedeutung hat, denn hierbei geht es um grundsätzliche Gleichbehandlung. Und zwar nicht, weil bezahlte Arbeit unsere Existenzberechtigung darstellt, sondern weil gleiche Bezahlung unser Recht als Arbeiterinnen ist: Wir fordern es nicht, um unser Menschsein zu rechtfertigen.
    Irgendwann im Laufe der 1990er Jahre manövrierte sich die internationale Kampagne
Wages for Housework
(Lohn für Hausarbeit), die früher auf jeder feministischen Tagesordnung einen wichtigen Platz einnahm, in eine Sackgasse und starb leise ab. Die Kampagne, gegen die damals auch von wohlmeinenden Liberalen händeringend, aber stur opponiert wurde, gilt heute allgemein als grotesk unrealistisch, und zwar nicht deshalb, weil es kein moralisches Recht der Frauen auf eine Bezahlung für ihre Arbeit gäbe, jenseits und über die Genugtuung hinaus, diese Arbeit gut gemacht zu haben, sondern weil keine moderne Regierung es sich leisten könnte, ihre weiblichen Bürger für ihre Arbeit, die sie lebenslang umsonst machen, zu bezahlen.

Den Kelch weiterreichen
    Leider haben die häuslichen Grabenkämpfe die Geschlechter so gelähmt, dass Männer Hausarbeit ablehnen und Frauen sich nichts mehr wünschen, als sie loszuwerden. Die Wirkung ist so negativ, dass viele Frauen sich eher an der Ausbeutung anderer, ärmerer Frauen beteiligen, als sich mit ihren eigenen Partnern auseinanderzusetzen. Eine Frage, die Jane Story bei einer Recherche für den
New Internationalist
1988 stellte, steht noch immer im Raum: »Offenbar haben berufstätige Frauen – Feministinnen und Nicht-Feministinnen gleichermaßen – ihre persönlichen Probleme mit der Hausarbeit auf die einfachste Weise gelöst. Sie haben sich einfach freigekauft. Statt sich selbst auszubeuten, haben

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