Flesh Gothic (German Edition)
sich herum? Worum ging es bei ihrem neuen ›Job‹? Hildreth brauchte die Kleine.
Vor etwas mehr als einem Jahr verließ ich das Sheriff Department und machte mich als Privatdetektiv selbstständig. Die Rodenbaughs haben mich engagiert, um Debbie im Auge zu behalten und herauszufinden, weshalb sie so viel Zeit in der Hildreth-Villa verbringt. Und ehe ich mich versah, waren die Eltern tot und ich saß zusammen mit etlichen Drecksäcken, die ich dorthin verfrachtet hatte, in der Bezirksuntersuchungshaftanstalt. Der Knast ist kein guter Ort für einen ehemaligen Bullen.«
Westmore verstand nicht recht. »Weshalb waren Sie im Gefängnis?«
»Besitz von Crack mit der Absicht, damit zu handeln. Die Polizei erhielt einen anonymen Hinweis und fand ein halbes Kilo von dem Dreck in einer Plastiktüte in meinem Haus. Die Tüte war mit meinen Fingerabdrücken übersät. Eine hieb- und stichfeste Angelegenheit.«
Völlig verwirrt schüttelte Westmore den Kopf.
»Es war ein abgekartetes Spiel«, klärte Clements ihn auf. »Kapieren Sie nicht? Hildreth hat Leute dafür bezahlt. Die haben sich die Tüte aus meiner Garage geholt – natürlich waren meine Fingerabdrücke drauf. Dann haben sie das Ding in meinem Haus deponiert – ganz einfach. Die Razzia wurde von der Stadtpolizei durchgeführt; denen war scheißegal, dass ich Drogenermittler beim Sheriff Department war – für sie sah es so aus, als wäre ich ein ehemaliger Bulle, der auf die schiefe Bahn geraten war.
Kein Geschworenengericht dieser Welt hätte mir angesichts einer so erdrückenden Beweislast geglaubt, deshalb ging ich einen Deal ein und plädierte auf schuldig. Mein Schwager hat mir geglaubt, ebenso meine Freunde bei der Oberstaatsanwaltschaft – Scheiße, die kennen mich seit Jahrzehnten. Und der Richter hat mir auch geglaubt – deshalb verlor ich nur meine Lizenz als Privatdetektiv und bekam fünf Jahre auf Bewährung. Der einzige Grund, warum sie mir meine Beamtenrente nicht gestrichen haben, war, dass mein Cousin Anwalt für die Polizeigewerkschaft ist und ein Schlupfloch fand. Aber unterm Strich geht’s darum: Ich wurde Hildreth lästig, also ließ er mich aus dem Verkehr ziehen. Die Eltern von Debbie wurden Hildreth lästig, also ließ er sie noch etwas drastischer aus dem Verkehr ziehen. Problem astrein gelöst.«
Westmore dachte nach. Als der Barkeeper die Zwiebelringe brachte, winkte Clements die junge Frau herbei. Zaghaft kam sie zur Bar. Sie schien kaum 50 Kilo auf die Waage zu bringen. »Connie«, sagte Clements. »Das ist Westmore. Er ist der Mann, der uns helfen wird.«
Westmore zuckte zusammen. »Hey, ich habe noch nicht zugesagt, Ihnen bei irgendetwas zu helfen. Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob ich nicht doch die Polizei anrufe und Sie melde. Oder mit Vivica über die Wanze spreche.«
»Verstehen Sie denn nicht? Vivica ist jetzt diejenige, die alle Fäden in der Hand hält, während sich Hildreth versteckt«, sagte Clements mit Nachdruck. »Sie ist die Strippenzieherin und manipuliert Sie nach Belieben. Aber Sie fangen allmählich an, durch den stinkenden Nebel zu sehen – Sie sind kein Trottel. Wenn Sie immer noch keinen Verdacht gegen sie hegen, müssen Sie wirklich nur Scheiße im Hirn haben.«
Darüber dachte Westmore eingehend nach. Irgendetwas stimmte tatsächlich ganz und gar nicht, und ein wenig verdächtig war ihm Vivica von Anfang an vorgekommen. Clements hat recht. Ich traue ihr NICHT. Warum sonst hätte ich Tom aufgefordert, sie ebenfalls zu überprüfen?
»Irgendetwas geht demnächst in dem Haus ab«, fuhr Clements fort. »Ich kenne keine Details, aber ich werde es rechtzeitig herausfinden. Und so viel weiß ich: Das Verschwinden von Debbie Rodenbaugh ist der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte.«
»Sie ist nicht verschwunden«, berichtigte Westmore zutiefst selbstsicher. »Sie besucht derzeit die Universität von Oxford.«
»Blödsinn. Connie hat sie vor weniger als einem Monat in dem Haus gesehen. Klar, sie ist in Oxford eingeschrieben, nur ist sie dort nie aufgetaucht.«
»Ich halte es für ziemlich wahrscheinlich, dass sich Connie geirrt hat«, fasste Westmore seine Gedanken so höflich wie möglich in Worte. Das Mädchen war unübersehbar drogensüchtig – keine besonders verlässliche Quelle. »Und Debbie Rodenbaughs Vormunde ...«
Mit verächtlichem Lachen schnitt Clements ihm das Wort ab. »Was denn, die Tante und der Onkel in Jacksonville? Die Leute behaupten alles Mögliche, wenn man ihnen
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