Flesh Gothic (German Edition)
Zettel in der Größe einer Karteikarte stand:
EINGABEAUFFORDERUNG: NAHRUNG
APOGÄUM DÜNN
REAKTION: 06000430
BESTIMMUNGSPUNKT: 00000403
Was ist das denn für ein Mist?, fragte sich Westmore. Enttäuschter hätte er kaum sein können. Aber was habe ich erwartet? Hildreths Tagebuch? Einen Pakt mit dem Teufel, besiegelt mit Blut?
Nyvysk wirkte hoffnungsvoller. »Auch wahllos erscheinende Zahlen sind eine Spur, der man nachgehen kann. Und ich weiß, was Apogäum bedeutet ...«
»Geometrie«, sagte Willis. »Der höchste Punkt, der höchste Winkel einer geometrischen Konfiguration.«
»Und aus der Astronomie«, fügte Nyvysk hinzu. »Mondapogäum – der am weitesten entfernte Punkt der Umlaufbahn des Mondes.«
Er hat recht. Das ist eine Spur, der man nachgehen kann . »Ich denke, ich gehe mal online und sehe, was ich herausfinden kann«, sagte Westmore. Dann wiederholte er leise: »Der am weitesten entfernte Punkt des Mondes.«
Sie wandten sich zum Gehen ...
»Nicht nur des Mondes«, drang eine Stimme durch die Luft.
»Cathleen«, sagte Nyvysk und sah sie aus zusammengekniffenen Augen an.
Willis trat vor. »Ist mit dir alles in Ordnung? Du wirkst ...«
»Es geht mir gut ...« Sie betrat den Raum und schaute sich um. Die Blicke der drei Männer folgten ihr besorgt. Cathleen ging es offensichtlich nicht gut. Sie trug ein schwarzes Nachthemd, sonst nichts. Ungeachtet eines gehässig anmutenden Grinsens wirkte sie abwesend und zerstreut. Oh Mann, dachte Westmore. Die ist TOTAL im Arsch .
Ihre Kehle, ihr Busen und ihr Gesicht waren von einer Schicht aus rotem und blauem Staub bedeckt und glitzerten leicht.
Nyvysk ergriff als Erster das Wort. »Cathleen, was ist das in deinem Gesicht?«
»Pontischer Staub«, antwortete sie, während sie weiter durch den Raum schlenderte. »Er ruft erwartungsvolle Geister. Er leuchtet durch die Ebenen der Toten und sie sehen ihn wie ein Leuchtfeuer.«
Als sie an Willis vorbeiging, strich ihr Finger geziert über seine Brust, ehe sie auch Westmores Nippel streifte.
»Haben Sie getrunken?«, fragte er sie.
Ein finsterer Blick durchbrach das sinnliche Lächeln. »Ich verunreinige meinen Körper nicht mit derlei Dingen. Das habe ich nie getan. Der Körper ist das Leitmaterial der Seele. Ich besudele mich nicht.«
Willis sprach lauter, als hätte er eine schwerhörige Greisin vor sich. »Cathleen, bist du in Trance?«
Mittlerweile war sie stehen geblieben und starrte den offenen Tresor an. Ihre Augen wanderten zu dem Gemälde von Deborah Rodenbaugh.
Sie seufzte.
»Da. Da haben wir den unbeflecktesten Körper und Geist überhaupt.«
»Debbie Rodenbaugh? Was wissen Sie über sie?«, stieß Westmore die Frage verdutzt hervor. »Warum ist sie unbefleckt?«
»Denken Sie mal drüber nach.« Cathleen blickte Westmore unverwandt an. Sie legte eine Hand an die Hüfte und ließ sie nach oben wandern, nahm dabei den Saum des ohnehin bereits sehr kurzen Nachthemds mit. Der Kragen senkte sich und enthüllte einen Teil ihrer Brustwarze. »Sie ist makellos, unbeeinträchtigt vom Schmutz der Welt. Im Gegensatz zu Ihnen. Ein kaputter, versoffener Heuchler.«
Danke sehr, dachte Westmore. »Was haben Sie für ein Problem, Cathleen?«
»Westmore«, meldete sich Nyvysk zu Wort. »In diesem Augenblick sprechen wir nicht mit Cathleen.«
Verwirrt sah Westmore ihn an.
»Cathleen, wach auf!«, erhob Willis die Stimme. »Komm zurück!«
Sie drehte sich Willis zu und trat unmittelbar vor ihn hin. »Der Berührer. Der niemanden anfassen kann, ohne das Grauen zu sehen.«
Willis packte mit seinen behandschuhten Händen ihre Arme. »Was hast du damit gemeint, als du sagtest ›nicht nur der Mond?‹ Hast du ein anderes Apogäum gemeint?«
»Du bist pervers, aber kannst andere Leute nicht berühren«, sagte Cathleen. »Du kannst die Frauen, nach denen du dich mehr als nach allem anderen verzehrst, nicht anfassen. Das ist herrlich. Das ist perfekt. Was siehst du eigentlich, wenn du an dir selbst herumspielst?«
Willis schüttelte sie. »Wach auf!«
Mit einer unvermittelten Armbewegung schleuderte sie ihn gegen die Wand. »Was siehst du, wenn du dir einen runterholst und deine Augen an Schund ergötzt? Hmm?« Erneut rammte sie ihn gegen die Mauer.
»Nichts«, erwiderte Willis zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Und so gefällt es mir.«
»Das wird dir besser gefallen ...« Damit ergriff sie seine Hand, zog ihm den Handschuh aus und zerrte die Finger unter ihr Nachthemd.
»Aufhören!«,
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