Flesh Gothic (German Edition)
Wissenslücke. Angesichts seiner Erfahrung hätte er gedacht, inzwischen mit allen Abgründen und Obszönitäten vertraut zu sein, die der Straßenslang hergab.
Sie seufzte und ihre knochigen Schultern zogen sich zu einer Geste zusammen, die nur Verlegenheit bedeuten konnte. »Ekliges Zeug. Kaviar, Natursekt – Scheiße und Pisse. Verdammt, in einer Nacht haben sie jede von uns mit einem Löffel dieser grässlich schmeckenden Scheiße gefüttert und uns dazu gebracht, dass wir uns gegenseitig ankotzen.«
Clements fühlte sich von einem plötzlichen Anflug von Finsternis in seinem Herzen regelrecht niedergeschmettert. Wie können Menschen so etwas tun? Wieso um alles in der Welt törnt es jemanden an, wenn er dabei zusieht, wie sich ein Haufen verzweifelter Mädchen gegenseitig anscheißt, anpisst und ankotzt? Wie moralisch abgestumpft musste ein stinkreicher Mann sein, wenn er eine Gruppe leicht ausnutzbarer Drogensüchtiger mit seinem Geld manipulierte, damit sie solche Dinge taten? Clements drängte sich eine Antwort auf.
Vielleicht handelte es sich wirklich um das pure Böse.
Ihr Nachsatz erwies sich als noch schlimmer.
»Ach ja, und Tiere waren auch dabei«, sagte sie.
Wie betäubt blies Clements weiter Rauch durch das Fenster hinaus.
Ihr Tonfall wurde gereizt und verbittert, mischte sich mit Trotz und Selbsthass. »Ich weiß schon, was du jetzt denkst. Du fragst dich: Wie konnte sie so ekelhaften Mist mitmachen? Nur eine völlige Loserin, ein Stück Scheiße aus der untersten weißen Unterschicht würde solchen Kram tun ...«
Er drehte sich um und packte sie an der Schulter. »Das denke ich nicht . Wie kommst du nur drauf? Ich frage mich eher, was für ein Stück Scheiße jemand sein muss, um andere Menschen zu zwingen , solchen Kram zu tun.« Er starrte wieder zum Haus hinüber. »Und weißt du was? Ich wünschte, ich wäre in der Nacht hier gewesen, denn ich wäre reingekommen und hätte sie alle eigenhändig umgebracht. Die Konsequenzen wären mir scheißegal gewesen. Abschaum wie diese Typen auszulöschen, dafür käme ich auch mit der Todesstrafe klar.« Ja. Das meinte er genau so, wie er es sagte.
Das Mädchen wischte sich Tränen aus den Augen. Die kläglichen Reste ihres wahren Ichs – des echten Menschen mit einer Seele und dem Traum von einem besseren Leben – drängten sich durch die Risse, die ihr die Welt zugefügt hatte.
»Erzähl mir von Hildreth. Wie oft hast du ihn gesehen?«
»Fünfmal, vielleicht auch sechsmal«, antwortete sie. »Er kam und ging. Meistens habe ich nur die anderen Kerle gesehen, die Muskelprotze. Hildreth war immer nett zu uns, obwohl wir ziemlich bald herausbekamen, worauf er wirklich abfuhr.«
»Es ging im Haus also etwas anderes vor sich, während ihr oben geblieben seid?«
»Ja. Ich schätze, irgendein durchgeknalltes Ritual.«
»Aber du und die anderen, ihr wart nie bei einem der Rituale dabei?«
»Nein, nie. Sie behielten uns immer oben für ihr kleines Vorspielvergnügen, oder wie man es auch nennen mag. Die Männer standen immer alle um uns rum und schauten zu, während wir den Scheiße- und Pissekram gemacht haben.«
»Und dann habt ihr ...«
Sie wusste, was er fragen wollte. »Nein, das war das Komische. Hildreth und seine Leute haben nie Hand an uns gelegt, wollten nie, dass wir sie zum Abspritzen bringen. Sie standen bloß splitternackt um uns herum und haben zugeguckt. Manchmal haben wir es schon mit Männern getrieben, bloß nicht mit denen von Hildreth. Sie holten andere ins Haus – Crack-Junkies, Penner, Hinterwäldler, alle zugedröhnt mit PCP –, und die haben uns dann gefickt. Oft war es eher Vergewaltigung. Die Typen haben uns geschlagen und misshandelt, während einer von Hildreths Leuten gefilmt hat. Manchmal fand ich’s schon ziemlich abscheulich, aber das Crack war so gut – und wenn wir’s hinter uns hatten, konnten wir davon haben, so viel wir wollten. Du müsstest schon selber süchtig sein, um zu wissen, was ich meine.
Und die ganze Zeit sahen Hildreth und seine Männer dabei zu. Hin und wieder redeten sie wirren Scheiß daher, zum Beispiel, dass wir reifen würden. Wir müssten entwürdigt werden. Was hältst du von dem Stuss, hm? Ich erinnere mich noch, dass mich in einer Nacht einer dieser Armleuchter ansah und zu mir sagte: ›Du bist noch nicht besudelt genug.‹ Und dann ...« Ihr Blick wanderte zurück zum Fenster, als gäbe es dort Sicherheit zu finden. »Dann brachte er eine Ziege rein.«
Ja. Clements wusste, dass
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