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Flesh Gothic (German Edition)

Flesh Gothic (German Edition)

Titel: Flesh Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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Es funktionierte einfach.
    So, wie es nun funktionierte.
    Und eine der Stimmen erkannte er wieder.
    Positive Messanzeigepegel hatten ihn auf gleich drei Erscheinungen aufmerksam gemacht – in der Kapelle, einem der Schlafräume und Hildreths sogenanntem Scharlachroten Zimmer.
    In der Aufzeichnung aus der Kapelle hörte er Folgendes:
    »Ja. Oh ja.« Eine Männerstimme.
    Dann folgte eine sehr weit entfernt klingende Frauenstimme. »Schau mal, wie geil die ficken. Lass es uns auch treiben.«
    Die Männerstimme: »Nein, mir gefällt hauptsächlich das Blut. Ich sehe es gern ...«
    Als Nächstes kam das Schlafzimmer mit verzerrten, trällernden, unterschiedlichen Schalldichten, offenbar die Stimme einer Frau. »Oh mein Gott, steck es rein, steck das Messer ganz rein ...«
    Natürlich konnte es sich bei den Aufnahmen um Tricks handeln. Zum Zeitpunkt der Registrierung der Stimmen hielt sich niemand in den Räumen auf; das wusste er, weil er die synchron erfassten Kamerabilder auf den Monitoren vor sich hatte, aber ihm war klar, dass sich leicht jemand außerhalb der Erfassungswinkel der Cams in den Räumen verstecken konnte. Oder dass möglicherweise verborgene Lautsprecher die voraufgezeichneten Stimmen abspielten. Das würde authentisch wirken, dennoch wäre es ein Trick. Allerdings bezweifelte Nyvysk, dass dies hier zutraf. Er konnte es fühlen.
    Der dritte Monitorausschlag war im Scharlachroten Zimmer aufgetreten.
    »Alexander«, drang die leise Stimme aus dem Lautsprecher. Der Sprecher schien vom Akzent her aus dem arabischen Sprachraum zu stammen. »Bist du ... da?«
    Nyvysk saß regungslos auf seinem Stuhl. Er lauschte.
    »Ich weiß, dass du da bist. Jemand hat es mir gesagt.«
    Es handelte sich um eine männliche, aber sanfte, geradezu leidenschaftliche Stimme. Sie klang zugleich verloren und irgendwie hoffnungsvoll.
    »Ich weiß, dass du dich an mich erinnerst, und ich erinnere mich an dich. Ich erinnere mich an den Ausdruck in deinen Augen ... an jenem Tag.«
    Nyvysk versuchte, die Wahrnehmungen mit Logik und seinem Verantwortungsbewusstsein in Einklang zu bringen. Es gelang ihm nicht. Vielmehr formulierte sein unlogisches Ich die naheliegende Frage: An welchem ... Tag?
    »Ich konnte deine Liebe erkennen. Ich wünschte, du wärst mit mir gekommen – ich weiß, dass du es wolltest. Hättest du es getan, wäre ich noch am Leben. Ich ging durch eine Gasse neben dem Straßenmarkt nach Hause und wurde von Dieben ermordet. Aber wir haben an jenem Tag gute Arbeit geleistet, nicht wahr, Alexander?«
    Kurz folgte Totenstille. Nyvysk kam es vor, als könnte er sich selbst blinzeln hören.
    »Alexander? Findest du nicht auch?«
    Ein Gefühl der Beklemmung kroch über seine Haut, während ihm Tränen in die Augen schossen. »Wir haben sie geheilt, Alexander. Die Frau, die auf Zraetisch die Worte des Teufels sprach. An jenem Tag vor so langer Zeit in Ninive.«
    Nyvysk hatte schon vor Nennung dieser Details gewusst, um wen es sich handelte: um den Jungen namens Saeed, der erfolgreich einen Exorzismus an einer besessenen Frau in der Nähe der alten Bibliothek des Aššurbanipal vorgenommen hatte.
    Um den Jungen, in den er sich verliebt hatte und an den er in den vergangenen 20 Jahren fast jeden einzelnen Tag gedacht hatte.
    Nyvysk ließ die Rekorder weiterlaufen und ging aus dem Raum.
    II
    »Wo sind denn alle?«, fragte Westmore.
    Karen sah sich in der verschwenderisch ausgestatteten Küche um. »Ja, und wo ist das Abendessen?«
    Etwas erleichterte Westmore: Die Küche war der einzige Bereich des Hauses, der nicht dem allgegenwärtigen gotischen Motiv der Villa entsprach. Viel eher erinnerte sie an ein modernes Spitzenrestaurant und verfügte über mehrere Herde, Öfen, Warmhalteplatten und einen Umluftgrill. Die Vorratskammer war so groß wie eine Garage für zwei Autos, zudem gab es einen Kühlraum und eine Eiskammer.
    Aber wo steckten alle? Das Esszimmer lag ebenso verwaist da wie das Atrium.
    »Sind alle gegangen?«, fragte Karen.
    Als Westmore gerade über die Videoanlage nach den anderen rufen wollte, wurde die Küchentür aufgeschoben. Es war Mack, der ein wenig mitgenommen wirkte.
    »Was ist denn los?«, erkundigte sich Westmore.
    »Eigentlich nichts. Nur eine kleine Krise beim Rest der Truppe.«
    »Wo stecken die denn alle?«, wollte Karen wissen.
    »In der Bibliothek. Sie halten eine Art Unterredung ab.«
    Westmore kam das seltsam vor. »Ist etwas passiert? Jedenfalls klingt es ganz danach.«
    »Ich bin mir nicht

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