Flesh Gothic (German Edition)
raus und SUCHE NACH DEM VERGEWALTIGER!«
»Davon würde ich dringend abraten«, warnte ihn Nyvysk. »An diesem Ort gibt es Dinge, die Sie schlichtweg nicht verstehen.«
Westmore stürmte davon.
Als die Atriumtüren geräuschvoll hinter ihm zuknallten, sahen die anderen sich an. »Einer ist immer dabei«, meinte Nyvysk, und sie alle begannen zu lachen.
III
Herrgott noch mal! Mach’s mir doch nicht so schwer! Wenigstens bezahlten sie. Vanni konnte kaum glauben, wie viel Geld Mack ihr in die Hand gedrückt hatte. Ihre Arbeit umfasste zu 90 Prozent Autotüren und Plättchenzylinderschlösser, und darin war sie gut. Zum Öffnen der meisten Schlösser brauchte sie unwesentlich länger, als es mit einem Schlüssel dauerte. Aber dieser Safe?
Eine harte Nuss.
Sie rief die Website des Herstellers auf und suchte an dem Tresor nach einer Kennzeichnung des Modelltyps. Die allgemeinen technischen Daten fand sie rasch, unter anderem Informationen über das Kombinationsschloss, allerdings machte das ihre Aufgabe nicht leichter. Es handelte sich um eine seltene Kombinationsreihe aus neun Zahlen, was bedeutete, dass es dreimal so lange dauern würde, falls es ihr überhaupt gelang, den Safe zu öffnen.
Das Essen, das Mack ihr gebracht hatte, schmeckte hervorragend – sie hatte sich schon eine ganze Weile keinen Hummer mehr geleistet. Danach schloss er die Kaffeemaschine im Büro für sie an und ließ eine Kanne durchlaufen. Vanni öffnete ihre Tasche und holte den Fallbewegungsmesser von Stiles hervor. Dabei handelte es sich um ein schlichtes Kästchen mit Anzeige, das sie an einer Steckdose anschloss. Von der Vorderseite des Gehäuses gingen zwei Kabel aus. Am Ende des einen befand sich ein schwerer zylindrischer Magnet, am Ende des anderen ein quadratischer Gegenmagnet, den sie links neben dem Kombinationsschloss fixierte. Der erzeugte magnetische Fluss wurde durch das Messgerät erfasst. Wenn sich ein Kipper korrekt ausrichtete, konnte das Gerät diese Bewegung erkennen. Insgesamt funktionierte der Fallbewegungsmesser etwa in der Hälfte aller Fälle und der Vorgang konnte für jeden Stift mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Und ich habe hier NEUN Stifte, rief sich Vanni ins Gedächtnis. Sie schlug ihren Notizblock auf und machte sich an die Arbeit.
Anderthalb Stunden später hatte sie fünf Stifte geknackt.
Wie gefällt dir das, hmm? Vielleicht dauert es doch nicht so lange, wie ich dachte. Nur noch vier übrig ...
Vanni ließ den Fallbewegungsmesser laufen und stand auf. Sie rief ihre Schwester an, die auf die Kinder aufpasste, und teilte ihr mit, dass es noch eine Weile dauern würde, bis sie nach Hause kam. Danach schenkte sie sich einen Kaffee ein. Während sie daran nippte, bemerkte sie die beiden Gemälde, die auf dem Boden an der Wand lehnten. Eine junge Frau in einem wallenden Kleid, ein Bild wie das Cover eines Liebesromans. Dann der merkwürdige Kupferstich. Eigenartig , dachte sie. Allerdings handelte es sich auch um einen eigenartigen Ort. Irgendjemand muss Millionen in diesen Schuppen gesteckt haben – etliche Millionen. Allein die Stromrechnung macht monatlich bestimmt zehn Riesen aus. Fünf Stockwerke? Dutzende Zimmer?
Ohne darüber nachzudenken, verließ sie das Büro und ertappte sich dabei, den Flur hinabzugehen. An den Wänden hingen weitere eigenartige Gemälde, und aus unerfindlichen Gründen war sie dankbar dafür, dass es zu dunkel war, um Einzelheiten zu erkennen. Ringsum herrschte völlige Stille. Ich denke mal, die werden nichts dagegen haben, wenn ich mich hier ein bisschen umsehe , hoffte sie. Vanni wusste nicht einmal, wer »die« waren, doch es spielte keine große Rolle. Wenn man Kinder und einen Exmann hatte, der nach Thailand geflohen war, um keine Alimente zahlen zu müssen, war Geld so ziemlich das Einzige, das zählte.
Himmel, die letzten sechs Monate hatte ich nicht mal ein Date ... Tagsüber arbeitete sie in der Bank, nachts und an Wochenenden übernahm sie Einsätze für den Schlüsseldienst. Wo sollte da Zeit für Romantik bleiben? An interessierten Männern bestand kein Mangel. Vanni war ausgesprochen selbstbewusst und wenn sie in den Spiegel schaute, wusste sie, dass sie nicht nur eine motivierte, verantwortungsbewusste Frau vor sich hatte, sondern auch eine attraktive. Sie wurde oft zu Baustellen gerufen, wenn Vorarbeiter die Schlüssel der Häuser verbummelten, die sie gerade bauten.
Nein, bei solchen Gelegenheiten bestand wahrlich nie ein Mangel an Interesse. Reichlich
Weitere Kostenlose Bücher