Fliedernächte: Roman (German Edition)
Bäckerei besorgen.
Viel wichtiger war jetzt herauszufinden, was aus Joseph William Ryder, dem Geliebten von Eliza Ford, geworden war.
18
Es dauerte ein wenig, bis die ganze Familie zu einem Treffen zusammengetrommelt worden war. Man wollte sich bei Justine treffen, und sie packte die Gelegenheit beim Schopf, ein kleines Fest daraus zu machen. Schließlich gab es Grund zu feiern.
Da sie ihre Männer kannte, marinierte Justine zehn Zentimeter dicke Hüftsteaks, holte Maiskolben von ihrem Lieblingsstand am Straßenrand und zauberte einen Salat aus Tomaten und Paprika, die sie im eigenen Garten zog.
»Mach dir doch nicht solche Arbeit.«
Willy B. saß in der Küche und schnippelte die Bohnen, ein Mitbringsel aus seinem eigenen Gärtchen, während ihm der kleine Mops ergeben zu Füßen lag.
»Lass mich, es macht mir Spaß. Schließlich ist es inzwischen Monate her, dass wir alle zusammen waren. Außerdem lenkt es mich ab, denn ich bin total aufgeregt«, sagte sie, während sie Paprika auf die gefüllten Eier streute, ein Leibgericht von Owen. »Ich hab mich schon immer gewundert, warum das alte Haus mich so magisch angezogen hat. Jetzt weiß ich es endlich. Billy Ryder. All die Zeit bestand eine Verbindung zu unserer Familie.«
Sie stieß einen Seufzer aus. »Bislang hat mich die Familiengeschichte nie sonderlich interessiert, und ich wusste auch kaum etwas darüber.«
»Weil du dein eigenes Leben hattest, Justine. Tommy und deine Jungs.«
»Ich weiß, und für mich ging es tatsächlich immer um die Gegenwart oder die Zukunft, nie um die Vergangenheit. Trotzdem hab ich nach Tommys Tod all diese alten Häuser in Boonsboro gekauft. Was sicher etwas zu bedeuten hat. Carolee weiß übrigens auch nicht mehr als ich. Aber jetzt ist Schluss mit diesem Desinteresse. In Zukunft werde ich mich mehr mit unseren Wurzeln beschäftigen. Du hast das irgendwann gemacht, soweit ich weiß.«
»Ja, es hat sich gelohnt.« Er hielt inne und kratzte sich nachdenklich den roten Bart. »Woher genau aus Schottland unsere Familie ursprünglich stammt, wer sie waren und was sie taten und wie viele wann und wie ausgewandert sind, das sollte man schon wissen. Ich hab es vor allem für Avery getan. Dass sie groß was über die Familie ihrer Mutter erfährt, war ja kaum zu erwarten. So eng ist der Kontakt zu den Großeltern nun wieder nicht.«
»Du bist der großartigste Vater, den man sich wünschen kann. Niemand hätte seine Sache besser gemacht als du.«
»Nun, ist ja nicht so schwer mit einer so tollen Tochter wie Avery.« Er lächelte sie über seine Bohnen hinweg an, räusperte sich kurz und rutschte nervös auf seinem Hocker hin und her. »Hör zu, Justine, du willst nicht zufällig noch einmal heiraten?«
»Willy B. MacTavish.« Justine bedachte ihn mit einem koketten Augenaufschlag. Die Frage war unvermittelt gekommen, aber eine schlagfertige Frau wie sie ließ sich nicht so leicht aus dem Konzept bringen. »Romantischer hättest du das wirklich nicht formulieren können.«
»Also bitte.«
Justine stieß ein amüsiertes, dabei liebevolles Lachen aus. »Warum willst du das wissen?«
»Keine Ahnung. Vielleicht liegt’s an all diesem Gerede über Familien oder daran, dass unsere Kinder einander heiraten. Und du lebst hier ganz alleine – schau mich bitte nicht so an. Ich weiß, du kommst hervorragend zurecht. Nur sind wir beide schließlich bereits seit einer Weile – wie soll ich sagen – liiert.«
»Und ich finde es schön, wie es ist. Du bist mit Abstand der feinste Kerl, der mir, abgesehen von Tommy, je begegnet ist, und wenn ich eine zweite Heirat in Erwägung ziehen würde, dann auf jeden Fall mit dir. Allerdings finde ich es eigentlich perfekt, wie es zwischen uns läuft, oder siehst du das anders?«
Er drückte ihre Hand. »Du bedeutest mir sehr viel, Justine. Ich möchte nur, dass du das weißt.«
»Das weiß ich, und ich bin dir wirklich dankbar, dass du mich gefragt hast. Vielleicht frag ich ja irgendwann dich, wer weiß.«
»Ich bitte dich.« Vor lauter Verlegenheit wurde der große Kerl doch tatsächlich rot. Lachend kam Justine um den Tisch herum und umarmte ihn. »Ich liebe dich, Willy B.«, sagte sie und küsste ihn auf den Mund.
Ryder, der gerade gefolgt von seinem Hund den Raum betrat, betrachtete die Szene mit einem kritischen Blick. »Mann.« Er machte einen möglichst großen Bogen um das Paar, öffnete die Kühlschranktür und nahm sich ein Bier, öffnete die Flasche mit einem neuerlichen »Mann«
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