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Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Titel: Flieg, Hitler, flieg!: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ned Beauman
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in die Augen.
    Da lächelte Sinner. Es war das erste Mal, dass Erskine den Jungen je hatte lächeln sehen, und er hatte selten ein so grausames Lächeln gesehen.
    »Wenn Sie wollen, Mr.   Erskine«, sagte Sinner, »können Sie auch einfach sagen, dass Sie mich lieben.«
    Erskine gab ein Schluchzen von sich, das eher wie ein Todesröcheln klang. Herzlich, zärtlich machte Sinner einen Schritt auf Erskine zu und legte eine Hand auf seine Schulter. Erskine sah Sinner tief in die Augen. Dann zog Sinner sein Knie in die Höhe und stieß es in Erskines Schritt. Erskine heulte auf und fiel im Schlamm und Müll auf die Knie.
    »Wusste ich’s doch. Du kannst es nicht. Hab nur gesagt, dass du mich haben kannst, weil ich wusste, dass du’s nicht schaffst. Und ja, natürlich hasse ich dich, du Arschloch.« Sinner schnippte die Zigarette so weg, dass sie von Erskines Schulter abprallte. »Mach’s gut«, setzte er hinzu, im Singsang einer Hausfrau, die ein Schwätzchen auf der Straße beendet.
    »Seth Roach!«
    Sinner sah überrascht auf. Zwei Männer standen am Rand des Müllplatzes. Einer von ihnen war Barnaby Pock. »Hab dich ja Ewigkeiten nich’ gesehn, du kleiner Scheißer! Hab sogar gehört, du hast ins Gras gebissen!« Er bemerkte Sinners Hemd. »Wieso zum Teufel hast du das an?«
    »Hab ich ’nem Freund von dem Schmock hier geklaut. Nur so aus Spaß.«
    Die beiden Männer begannen johlend, den Müllberg zu erklimmen.
    »Du siehst aus wie ’n echter Vollidiot, Mann«, sagte Pock. »In dem Aufzug, meine ich.«
    »Ja. Hab auch schon genug davon. Wir nehmen dem da sein Hemd ab. Das zieh ich an.«
    »Wie ist der denn hier gelandet?«, fragte Pocks Begleiter. »Ich dachte, die wären alle noch hinten bei den Plattfüßen.«
    »Beschissene Vorhut, wette ich«, sagte Pock.
    Die drei Männer beugten sich bedrohlich über Erskine.
    »Nein, bitte!« Erskine kam mühsam auf die Füße. »Ich bin doch auf Ihrer Seite! Ich verabscheue Mosley von ganzem Herzen! Er ist ein … ein frivoler Geck, der sich in Nachtclubs herumtreibt!« Die Formulierung seines Vaters schien unter den gegebenen Umständen nicht besonders wirkungsvoll. »Ich bin nur hier, weil Kölmel mich hergeschickt hat, damit ich beim Bauen der Barrikade helfe.«
    »Oi, Sinner, hörst du das? Er kennt Kölmel!«, rief Pock. »Woher kennt er Kölmel, verdammt noch mal?«
    »Bist du sicher, dass er zu den anderen gehört?«, fragte Pocks Begleiter.
    »Willst du mich verarschen?«, sagte Sinner. »Hör ihn dir doch an. Hör mal, wie der redet.«
    »Nein! Ich beschwöre Sie! Ich beschwöre Sie!«, jammerte Erskine kultiviert.
    »Der Junge hat recht«, sagte Pock. Er trat hinter Erskine und nahm ihn mühelos in den Schwitzkasten. »Holt euch sein Hemd.«
    Während Erskine zappelte und bettelte und sein Rotz in Pocks schmutzigen Ärmel sickerte, rissen sie ihm den Mantel, das Jackett und das Hemd vom Körper, wobei die meisten Knöpfe verlorengingen. Sinner zog das schwarze Hemd aus, warf es weg und schlüpfte in Erskines, das er lose mit einer Sicherheitsnadel schloss, die er immer in der Tasche trug und normalerweise benutzte, um Blasen aufzustechen. »Ich geh los und such mir noch mehr von den Ärschen«, sagte er zu Pock.
    »Was sollen wir mit dem hier machen?«
    Sinner zuckte mit den Schultern und drehte sich um. Voller Entsetzen sah Erskine zu. Die Oktoberkälte ließ die Haare auf seinen nackten Armen hochstehen, und er konnte immer noch nicht glauben, dass Sinner ihn so einfach zurückließ. Er hob den Kopf und rief: »Verflixt, ich besitze dich immer noch! Dein Körper gehört immer noch mir, wenn du tot bist! Und das wird nicht lange dauern, du aussätziger kleiner Halunke!«
    »Ach ja? Ich hab übrigens deine Schwester gefickt«, sagte Sinner, ohne sich umzudrehen.
    Pock kicherte über den Spruch, und dann schlug er Erskine in die Nieren.
    Ein paar Minuten später bückte sich Albertson gerade auf der Royal Mint Street, um einen Schlammspritzer von seinem Schuh zu wischen, als der erste Dachziegel an seinem Kopf vorbeiflog. Er sprang zurück und sah sich um. In diesem Augenblick zerbrach ein weiterer auf dem Pflaster.
    »Wir werden angegriffen«, rief einer aus der Schlägertruppe. »Geht in Deckung!«
    »Meine Güte, wir werden doch nicht mit Granaten beschossen«, sagte Albertson. »Bleibt stehen.« Aber ein dritter Dachziegel erwischte ihn in der Magengrube, und er wurde auf den Boden geworfen wie schmutzige Wäsche.
    »Er ist da oben«, rief jemand anders

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