Fliegende Fetzen
Leute bereit waren, sich auf Geschäfte mit jemandem einzulassen, dem sie in einer Taverne begegneten.
»Ja, das klingt plausibel«, sagte er.
»Wenn der respektable Kommandeur Mumm, führenden Klatschianern als ein durch und durch ehrlicher Mann bekannt, dem es nur ein wenig an Intelligenz mangelt… Wenn Mumm also zu dem Schluß gelangt, daß jemand aus Ankh-Morpork hinter der Tat steckt… Nun, die Welt sieht zu. Und die Welt sollte die ›Wahrheit‹ erfahren. Einen Krieg wegen irgendeines Felsens beginnen? Das erzeugt Unbehagen in anderen Ländern, vor deren Küste es ebenfalls Felsen gibt. Aber einen Krieg beginnen, weil irgendein ausländischer Mistkerl jemanden getötet hat, der in einer Mission des Friedens unterwegs war… Ich glaube, das würde die Welt verstehen.«
»Mangel an Intelligenz?« brummte Mumm.
»Ach, sei nicht zu betrübt, Kommandeur. Die Sache mit dem Feuer in der Botschaft. Das war eine dumme Heldentat.«
»Es war der reinste Wahnsinn!«
»Nun, der Unterschied ist ohnehin nicht besonders groß. Wie dem auch sei: Damit hatte ich nicht gerechnet.«
Auf dem Billardtisch hinter Mumms Stirn rollte die schwarze Kugel in ein Loch.
»Aber mit dem
Feuer
hast du gerechnet?«
»Das Gebäude hätte praktisch leer sein sollen…«
Mumm bewegte sich. Ahmed verlor den Boden unter den Füßen und wurde an eine Säule gepreßt, Mumms Hände am Hals.
»Eine Frau saß dort in der Falle!«
»Es… war… notwendig!« brachte Ahmed heiser hervor. »Ein… Ablenkungsmanöver. Sein… Leben war… in Gefahr. Ich sah keine… andere Möglichkeit, als… ihn fortzubringen. Von… der Frau… erfuhr ich erst… als es schon… zu spät war. Ich… gebe dir mein Wort…«
Durch den roten Schleier des Zorns spürte Mumm etwas in der Magengegend. Er blickte nach unten und sah ein Messer, das wie durch Magie in Ahmeds Hand erschienen war.
»Hör mir… zu«, krächzte der Klatschianer. »Prinz Cadram wollte seinen Bruder umbringen lassen… Die Welt sollte erfahren, wie… heimtückisch die Würstchenfresser sind… daß sie einen Friedensboten umbringen…«
»Sein eigener Bruder? Und das soll ich dir glauben?«
»Mitteilungen wurden der… Botschaft übermittelt… verschlüsselt…«
»Mitteilungen für den alten Botschafter? Nein,
das
glaube ich gewiß nicht.«
Ahmed blieb einige Sekunden unbewegt.
»Nein, natürlich nicht«, erwiderte er. »Sei großzügig, Sir Samuel. Behandle
wirklich
alle Menschen gleich. Gib Klatschianern das Recht, ebenso verschlagen und gemein zu sein wie die Bürger von Ankh-Morpork. Der Botschafter ist nur ein aufgeblasener Idiot. Deine Stadt hat kein Monopol auf solche Leute. Aber sein Stellvertreter sieht die Mitteilungen zuerst. Er ist… ein junger Mann mit viel Ehrgeiz…«
Mumm lockerte seinen Griff. »Der stellvertretende Botschafter? Hab ihn sofort für einen zwielichtigen Burschen gehalten, als ich ihn zum erstenmal sah!«
»Aber gleichzeitig hast du einen Klatschianer in ihm gesehen, und deshalb fiel es dir schwer, ihn ganz zu durchschauen.«
Mumm ging nicht darauf ein. »Und du konntest die verschlüsselten Mitteilungen lesen?«
»Oh, ich bitte dich. Wenn du vor dem Schreibtisch des Patriziers stehst… liest du dann nicht seine Dokumente, obwohl sie falsch herum liegen? Außerdem bin ich Prinz Cadrams Polizist…«
»Er ist also dein Boß?«
»Wer ist
dein
Boß, Sir Samuel? Wenn es darauf ankommt?«
Die beiden Männer sahen sich an. Ahmed schnaufte leise. Mumm trat zurück. »Die Mitteilungen… Hast du sie?«
»Ja. Mit seinem Siegel.« Ahmed rieb sich den Hals.
»Meine Güte. Die Originale? Ich hätte gedacht, daß sie hinter Schloß und Riegel liegen.«
»Dem war auch so. In der Botschaft. Doch bei dem Brand wurden viele Hände gebraucht, um wichtige Dokumente in Sicherheit zu bringen. Es war ein sehr…
nützliches
Feuer.«
»Ein Hinrichtungsbefehl für den eigenen Bruder… So etwas läßt sich vor Gericht kaum rechtfertigen…«
»Vor welchem Gericht? Der König
ist
das Gesetz.« Ahmed setzte sich. »Wir sind nicht wie ihr. Ihr bringt Könige um.«
»Wir befreien das Volk von ihnen«, sagte Mumm. »Außerdem ist dies erst einmal geschehen, und zwar vor langer Zeit. Hast du mich
deshalb
hierhergebracht? Warum soviel Aufhebens? Wir hätten dieses Gespräch auch in Ankh-Morpork führen können.«
»Du bist ein mißtrauischer Mann, Kommandeur Mumm. Hättest du mir geglaubt? Außerdem mußte ich Prinz Khufurah fortbringen, bevor er, ahah,
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