Fliegende Fetzen
Dämon.
»Wie bitte?«
»… piep…«
Der Disorganizer lehnte es ab, weitere Auskünfte zu geben. Mumm spielte mit dem Gedanken, ihn einfach wegzuwerfen, aber Sybil wäre sicher verletzt gewesen, wenn sie es herausgefunden hätte. Er verstaute ihn wieder in der Tasche und versuchte, sich erneut auf die Umgebung zu konzentrieren.
Er saß auf etwas, das einst Teil einer Säule gewesen sein mochte. Ähnlich beschaffene Felsbrocken lagen einige Meter entfernt, und wenige Sekunden später stellte er fest: Was er bisher für einen in die Länge gezogenen Geröllhaufen gehalten hatte, war in Wirklichkeit der Rest einer Mauer. Er ging in die entsprechende Richtung, und das Geräusch seiner Schritte hallte dumpf wider. Ihm wurde klar, daß er zwischen alten Gebäuden wanderte beziehungsweise dort, wo sich vor vielen Jahren Gebäude erhoben hatten. Hier fielen ihm die Überreste einer Treppe auf, dort der Stumpf einer Säule.
Einer dieser Stümpfe ragte etwas weiter empor als die anderen. Mumm zog sich nach oben und entdeckte dort zwei große Füße – hier mußte eine Statue gestanden haben, wahrscheinlich in würdevoller Haltung. Jetzt gab es nur noch die Füße; der Rest war dicht über den Fußknöcheln abgebrochen. Besonders würdevoll wirkten sie nicht.
Als er wieder nach unten kletterte, bemerkte er an der windgeschützten Seite tief in den Sockel gemeißelte Buchstaben. Er versuchte, die Worte im verblassenden Licht zu entziffern:
AB HOC POSSUM VIDERE DOMUM TUUM
Nun, »domum tuum« bedeutete »dein Haus«. Und »videre« konnte mit »sehen« übersetzt werden…
»Was?« fragte Mumm laut. »›Von hier aus kann ich dein Haus sehen‹? Und das soll eine noble Botschaft sein?«
»Ich glaube, es ist eine Mischung aus Prahlerei und Drohung, Sir Samuel«, sagte 71-Stunden-Ahmed. »Ich dachte immer, das sei typisch für Ankh-Morpork.«
Mumm stand ganz still. Die Stimme hatte sich direkt hinter ihm erhoben.
Und sie gehörte Ahmed. Doch jetzt fehlten die Hinweise auf Kamelspucke und Sand, die er in Ankh-Morpork gehört hatte. Ahmed sprach nun wie ein gebildeter Mann.
»Es liegt an den Echos«, fuhr der Klatschianer fort. »Ich könnte
überall
sein. Und vielleicht habe ich eine Armbrust auf dich gerichtet.«
»Selbst wenn das der Fall ist… Du schießt bestimmt nicht. Für uns beide steht zuviel auf dem Spiel.«
»Oh, es gibt so etwas wie Ehre unter Dieben, nicht wahr?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Mumm. Dies war der geeignete Zeitpunkt, um festzustellen, ob seine Annahmen richtig waren. »Aber gibt es eine Ehre unter Polizisten?«
Feldwebel Colon bekam große Augen.
»Ich soll mein Gewicht auf die Seite verlagern, Herr?« fragte er.
»So steuert man fliegende Teppiche«, erwiderte Lord Vetinari ruhig.
»Ja, aber angenommen, ich verlagere mein Gewicht zu weit, zum Beispiel über den Rand hinaus?«
»Dann haben wir mehr Platz«, sagte Beti ungerührt. »Na los, Feldwebel, jetzt kannst du die Pfunde auf deinen Rippen endlich mal zu einem guten Zweck nutzen.«
»Ich möchte, daß die Pfunde auf meinen Rippen
bleiben
«, entgegnete Colon fest. Er lag der Länge nach auf dem Teppich und klammerte sich mit beiden Händen fest. »Es ist einfach nicht natürlich. Ich meine, nur ein wenig Stoff zwischen mir und einem fatalen Platschen…«
Der Patrizier sah in die Tiefe. »Wir fliegen nicht überm Wasser, Feldwebel.«
»Trotzdem würde es platschen, Herr. Da bin ich ganz sicher.«
»Könnten wir etwas langsamer fliegen?« fragte Beti. »Der Fahrtwind berührt mich an sehr empfindlichen Stellen.«
Lord Vetinari seufzte. »Wir fliegen nicht einmal sehr schnell. Ich schätze, dieser Teppich ist schon etwas älter.«
»Hier ist eine ausgefranste Stelle«, sagte Beti.
»Sei still«, ächzte Colon.
»Sieh nur, ich kann den Finger durchbohren…«
»Sei still.«
»Und merkst du, wie der Teppich immer wieder wackelt?«
»Meine Güte, von hier aus gesehen, wirken die Palmen da unten ziemlich klein.«
»Nobby, du leidest an Höhenangst«, sagte Colon. »Ich
weiß,
daß du an Höhenangst leidest.«
»Jetzt greifst du in die Mottenkiste sexueller Klischees!«
»Greife ich nicht!«
»Greifst du doch! Demnächst erwartest du sicher, daß ich mir den Fuß verstauche und immerzu schreie! Aber ich werde dir beweisen, daß eine Frau durchaus ihren Mann stehen kann!«
»Du warst zu lange in der Sonne, Nobby. Ja, das ist der Grund. Du bist doch gar keine Frau!«
Beti schniefte. »Solche sexistischen
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