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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zehn. Wenn er lief…
    »Würdest du mich bitte in mein Büro begleiten, Fred?« fragte er. »Es dauert nicht lange.«
    »Bin schon unterwegs.«
    Mumm führte den Feldwebel nach oben und schloß die Tür.
    Nobby und die anderen Wächter spitzten die Ohren, hörten jedoch nur ein unverständliches Murmeln, das eine Zeitlang dauerte.
    Die Tür öffnete sich wieder. Mumm kam die Treppe herunter.
    »Nobby, bitte komm in fünf Minuten zur Universität, in Ordnung? Ich möchte in Kontakt bleiben und habe keine Lust, diese Uniform von einer Taube bekleckern zu lassen.«
    »In Ordnung, Herr Kommandeur.«
    Mumm verließ die Wache.
    Einige Sekunden später kehrte Feldwebel Colon mit langsamen Schritten in den Wachraum zurück. Sein Blick schien nach innen gekehrt zu sein, und er trat mit einer Lässigkeit zum Schreibtisch, die nur extrem besorgte Personen erzielen können. Eine Zeitlang drehte er die Zettel auf dem Tisch hin und her.
    »
Dir
ist es doch gleich, wie dich die Leute nennen, nicht wahr, Nobby?« fragte er schließlich.
    »Wenn’s mir nicht gleich wäre, müßte ich die ganze Zeit besorgt sein«, erwiderte Korporal Nobbs fröhlich.
    »Ja. Ja! Und für
mich
spielt es ebenfalls keine Rolle, was die Leute über mich sagen.« Colon kratzte sich am Kopf. »Eigentlich ergibt es überhaupt keinen Sinn. Ich schätze, der Kommandeur hat einfach zuwenig geschlafen.«
    »Er ist ein sehr beschäftigter Mann, Fred.«
    »Weil er versucht, alles selbst zu erledigen. Übrigens, Nobby…«
    »Ja?«
    »Es heißt ›Feldwebel Colon‹, herzlichen Dank.«
     
    Es gab Sherry. Bei solchen Gelegenheiten gab es immer Sherry. Sam Mumm geriet dabei nicht in Versuchung – schon seit einer ganzen Weile trank er nur noch Fruchtsaft. Er hatte gehört, daß man Sherry herstellte, indem man Wein schlecht werden ließ. Er sah einfach keinen
Sinn
darin.
    »Und du wirst versuchen, würdevoll auszusehen, nicht wahr?« fragte Lady Sybil und rückte seinen Umhang zurecht.
    »Ja, Schatz.«
    »Was wirst du versuchen?«
    »Würdevoll auszusehen.«
    »Und
bitte
sei diplomatisch.«
    »Ja, Schatz.«
    »Was wirst du sein?«
    »Diplomatisch, Schatz.«
    »Du sprichst wieder im Tonfall eines Ehemannes, der unter dem Pantoffel steht, Sam.«
    »Ja, Schatz.«
    »Du weißt, daß das nicht fair ist.«
    »Nein, Schatz.« Mumm hob die Hand zu einer kapitulierenden Geste. »Na schön, na
schön.
Es ist wegen der Federn. Und wegen der Strumpfhose.« Er schnitt eine Grimasse und versuchte, gewisse Dinge möglichst unauffällig zurechtzurücken, um keinen Buckel in der Leistengegend zu bekommen. »Ich meine, stell dir nur vor, mich
sieht
jemand…«
    »Du
sollst
gesehen werden, Sam. Immerhin führst du die Prozession an. Und ich bin
sehr
stolz auf dich.«
    Sie strich ihm Fusseln von der Schulter. 2
    Federn am Hut, dachte Mumm bedrückt. Und eine viel zu knapp sitzende Strumpfhose. Und ein glänzender Brustharnisch. Ein Brustharnisch sollte nicht glänzen, sondern stumpf und verbeult sein. Und diplomatisches Gerede. Woher soll ich wissen, wie man diplomatisch redet?
    »Und jetzt muß ich gehen und mit Lady Selachii sprechen«, verkündete Lady Sybil. »Es ist doch alles in Ordnung mit dir, oder? Du gähnst dauernd.«
    »Oh, keine Sorge. Ich hab in der letzten Nacht nur wenig geschlafen, das ist alles.«
    »Versprichst du mir, nicht wegzulaufen?«
    »
Ich
? Ich bin
nie
…«
    »Du bist vor der großen Abendgesellschaft weggerannt, die zu Ehren des gennuanischen Botschafters gegeben wurde. Alle haben es gesehen.«
    »Ich bekam die Nachricht, daß die De Bris-Bande Vortins Diamantenlager ausräumen wollte!«
    »Es ist nicht nötig, daß du selbst jeden Verbrecher verfolgst, Sam. Dafür gibt es jetzt andere Leute.«
    »Wir haben die Burschen erwischt«, stellte Mumm zufrieden fest.
    Er lächelte verträumt, als er an den Einsatz zurückdachte. Nicht nur wegen der Verfolgungsjagd, die er als sehr erfrischend empfunden hatte, mit dem samtenen Umhang in einem Baum und dem Hut in irgendeiner Pfütze. Dazu kam das Wissen: Während er auf diese Weise beschäftigt war, mußte er keine dummen Appetithäppchen essen und noch dümmere Gespräche führen. Richtige Polizeiarbeit leistete man Mumms Ansicht nach erst dann, wenn man auf eine Weise aktiv wurde, die gewisse Leute mit wachsender Besorgnis erfüllte.
    Als Sybil in der Menge verschwunden war, suchte sich Mumm eine halbdunkle Ecke und verbarg sich dort. Von dort konnte er fast den ganzen Großen Saal der Universität

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