Fliegende Fetzen
Augen hinzu. Sie schienen auf geradezu beunruhigende Weise intelligent zu sein. Wenn man in sie hineinsah, wurde der Blick von mehreren Schichten Persönlichkeit erwidert.
»Was? Oh. Ja. Ja, wir haben sie alle erwischt«, sagte Mumm.
»Gute Arbeit. Offenbar hat er sich zur Wehr gesetzt.«
Mumm musterte den Prinzen verwirrt. Khufurah hob den Zeigefinger und klopfte sich damit nachdenklich gegen den Unterkiefer.
Mumms Hand fuhr nach oben und ertastete einen Rest Seidenpapier.
»Oh… äh… ja.«
»
Niemand
entgeht Kommandeur Mumm«, sagte der Prinz.
»Nun, das würde ich nicht unbedingt sagen…«
»Vetinaris Terrier«, fuhr der Prinz fort. »So nennt man dich, habe ich gehört. Ist immer bereit, die Verfolgung aufzunehmen. Und läßt nie locker.«
Mumm begegnete einem ruhigen, wissenden Blick.
»Ich schätze, am Ende des Tages wird jeder von uns zum Hund eines anderen«, erwiderte er unsicher.
»Es ist ein glücklicher Zufall, daß ich dir ausgerechnet jetzt begegnet bin, Kommandeur.«
»Tatsächlich?«
»Ich habe mich gefragt, was das Wort bedeutet, das man mir auf dem Weg hierher zugerufen hat. Vielleicht kannst du es mir erklären.«
»Nun… äh… ich…«
»Ich glaube, es lautete… ja, jetzt fällt es mir wieder ein…
Handtuc
h
kopf
.«
Der Blick des Prinzen klebte an Mumms Gesicht fest.
Der Kommandeur spürte, wie seine Gedanken immer schneller wurden und dabei eine eigene Entscheidung zu treffen schienen. Wir erklären es später, sagten sie. Du bist viel zu müde für Erklärungen. Derzeit und diesem Mann gegenüber ist es viel besser, ehrlich zu sein…
»Es… bezieht sich auf deinen Kopfschmuck«, sagte er.
»Oh. Ist es ein hintergründiger Scherz?«
Er weiß natürlich Bescheid, fuhr es Mumm durch den Sinn. Und er weiß auch, daß ich es weiß…
»Nein«, erwiderte er. »Es ist eine Beleidigung.«
»Ach? Nun, wir können natürlich nicht für das dumme Gerede von Idioten zur Verantwortung gezogen werden, Kommandeur.« Der Prinz lächelte. »Übrigens gratuliere ich dir.«
»Wieso?«
»Du weißt mehr als deine Mitbürger. Ich habe diese Frage
heute morgen
mehr als zehn Personen gestellt, und
niemand
konnte sie beantworten. Außerdem litten die Betreffenden plötzlich an einem seltsamen Husten.«
Eine diplomatische Pause folgte, und jemand nutzte sie für ein Kichern.
Mumms Blick glitt zu dem anderen Mann, der ihm nicht vorgestellt worden war. Er war kleiner und dünner als der Prinz, und unter dem schwarzen Turban zeigte sich ein Gesicht, in dem es überhaupt keinen Platz mehr zu geben schien. Ein komplexes Netzwerk aus Narben umgab eine Nase, die wie der Schnabel eines Adlers wirkte. Auch diese Person trug einen Bart, aber die Narben hatten das Wachstum der Haare so beeinflußt, daß sie größere und kleinere Büschel bildeten, die in sonderbaren Winkeln aus der Haut ragten. Der Mann sah aus, als wäre ihm ein Igel gegen den Mund geprallt. Sein Alter ließ sich kaum feststellen.
Einige der Narben schienen frisch zu sein.
Der Mann hatte genau jene Art von Gesicht, die jeden Polizisten sofort veranlassen würde, ihn zu verhaften. Es war schlicht und einfach unmöglich, daß eine solche Person
unschuldig
sein konnte.
Der Bursche bemerkte die Miene des Kommandeurs, grinste und zeigte dabei mehr Gold, als Mumm jemals in einem Mund – oder an einem anderen
Ort –
gesehen hatte.
Mumm merkte plötzlich, daß er wortlos starrte, obwohl man diplomatische Konversation von ihm erwartete.
»Na schön«, brummte er. »Sollen wir uns wegen der Leshp-Angelegenheit in die Wolle geraten oder nicht?«
Der Prinz zuckte mit den Schultern.
»Pfui«, sagte er. »Einige wenige Quadratmeilen unbewohnten fruchtbaren Bodens, hervorragend gelegen in einer unvergleichlich guten strategischen Position? Wie dumm für zivilisierte Leute, sich über so etwas zu streiten.«
Erneut fühlte Mumm den Blick des Prinzen auf sich ruhen und von ihm
durchdrungen.
Ach, zum Teufel damit. »Entschuldigung, aber mit der Diplomatie komme ich nicht besonders gut zurecht.
Meinst
du, was du gerade gesagt hast?«
Es kicherte erneut. Mumm drehte den Kopf und sah wieder in das grinsende Narbengesicht. Er bemerkte jetzt auch einen Geruch, der fast
Gestank
gleichkam – es roch nach Gewürznelken.
Lieber Himmel, er
kaut
die gräßlichen Dinger…
»Ah«, sagte der Prinz, »darf ich dir 71-Stunden-Ahmed vorstellen?«
Ahmed grinste erneut und verbeugte sich. »Offendi«, sagte er mit einer Stimme, die wie ein Kiesweg
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