Fliegende Fetzen
Bescheid wissen sollte, Hauptmann?«
»Nein, ich glaube nicht, Herr Kommandeur.«
»Na schön. Stellt fest, aus welcher Richtung der Wind weht. Seid vorsichtig. Und… vertraut niemandem.«
Karotte wirkte besorgt.
»Äh… ich kann doch Angua vertrauen, oder?« fragte er.
»
Natürlich
kannst du das…«
»Und auch dir, nehme ich an.«
»Mir? Ja. Das ist doch selbstverständlich…«
»Und Korporal Kleinpo? Sie kann sehr hilfreich sein…«
»Grinsi, ja, sie hat Vertrauen verdient…«
»Und Feldwebel Detritus? Ich habe ihn immer für sehr vertrauenswürdig gehalten…«
»Detritus? Oh, ja, er…«
»Was ist mit Nobby? Kann ich ihm…«
»Ich verstehe, was er
meint,
Karotte«, sagte Angua und zog an seinem Arm.
Karotte ließ niedergeschlagen die Schultern hängen. »So was gefällt mir nicht«, murmelte er. »Ich meine…
heimliche
Dinge.«
»Ich möchte keine schriftlichen Berichte«, sagte Mumm und war dankbar für diese kleine Gnade. »Es ist eine… inoffizielle Angelegenheit. Eine
offizielle
inoffizielle Angelegenheit, versteht ihr?«
Angua nickte, während Karotte ziemlich betrübt aussah.
Sie ist ein Werwolf, dachte Mumm.
Natürlich
versteht sie. Und ein Mann, der im Grunde genommen ein Zwerg ist, sollte eigentlich wissen, was es mit List und dergleichen auf sich hat.
»Lauscht den Straßen«, sagte Mumm. »Die Straßen wissen alles. Sprecht mit… dem Blinden Hugh…«
»Ich fürchte, er ist letzten Monat verstorben«, erwiderte Karotte.
»Tatsächlich? Und warum erfahre ich das erst jetzt?«
»Ich bin ziemlich sicher, daß ich dir eine Mitteilung geschickt habe, Herr Kommandeur.«
Mumm blickte schuldbewußt zu seinem Schreibtisch, auf dem Papier hohe Stapel bildete, und zuckte dann mit den Schultern.
»Seht euch aufmerksam um. Geht den Dingen auf den Grund. Und vertraut nie… Vertraut praktisch niemandem. Alles klar? Vertraut nur vertrauenswürdigen Leuten.«
»Na los, aufmachen! Hier ist die Wache!«
Korporal Nobbs zog an Feldwebel Colons Ärmel und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
»Hier ist
nicht
die Wache!« rief er und klopfte erneut an die Tür. »Wir haben überhaupt nichts mit der Wache zu tun! Wir sind Zivilisten, klar?«
Die Tür öffnete sich einen Spalt.
»Ja?« fragte eine Stimme, die ihr Wechselgeld zählte.
»Wir müssen dir einige Fragen stellen, Gnäfrau.«
»
Seid
ihr von der Wache?« erwiderte die Stimme.
»Nein! Darauf habe ich doch gerade in aller Deutlichkeit hingewiesen…«
»Verschwinde, Bulle!«
Die Tür schloß sich wieder.
»Bist du sicher, daß wir hier richtig sind, Feldwebel?«
»Harry Kastanie meinte, er hätte gesehen, wie Ostie dieses Gebäude betrat. He, aufmachen!«
»Alle beobachten uns, Feldwebel«, sagte Nobby. Zu beiden Seiten der Straße hatten sich Fenster und Türen geöffnet.
»Und nenn mich nicht Feldwebel, solange wir zivile Kleidung tragen!«
»In Ordnung, Fred.«
»Und…« Colon zögerte in einer regelrechten Statusagonie. »Für dich heißt es
Frederick,
Nobby.«
»Und die Leute kichern, Fred… äh…rick.«
»Wir dürfen bei dieser Sache keinen Mist bauen, Nobby.«
»Wie du meinst, Frederick. Und für dich bin ich Cecil, herzlichen Dank.«
»Cecil?«
»So lautet mein Name«, verkündete Nobby kühl.
»Wie du willst«, sagte Colon. »Vergiß nur nicht, wer hier der vorgesetzte Zivilist ist, klar?«
Er hämmerte an die Tür.
»Wir haben gehört, daß du ein Zimmer zu vermieten hast, Gnäfrau!« rief er.
»Hervorragend, Frederick«, sagte Nobby. »Das war einfach
hervorr
a
gend
!«
»Nun, schließlich
bin
ich Feldwebel«, flüsterte Colon.
»Nein.«
»Äh… ja… genau… Vergiß es nur nicht, hast du verstanden?«
Die Tür öffnete sich.
Die Frau dahinter hatte eins jener Gesichter, die sich im Lauf der Jahre gesetzt haben – es sah aus, als hätte man es aus Butter angefertigt und dann der Sonne überlassen. Das Haar war vom zunehmenden Alter weitgehend unbeeinflußt geblieben: Es leuchtete in grellem Rot und erinnerte in seiner gegenwärtigen Form an eine über dem Kopf schwebende, drohende Gewitterwolke.
»Zimmer?« wiederholte sie. »Das hättest du gleich sagen sollen. Zwei Ankh-Morpork-Dollar pro Woche, keine Haustiere, kein Kochen, keine Frauen nach sechs Uhr morgens, es gibt tausend andere Interessenten, übrigens, gehört ihr zum Zirkus? Ihr seht wie Zirkusleute aus.« 5
»Wir sind…«, begann Nobby und unterbrach sich. Zweifellos gab es viele andere Dinge, die man sein konnte, wenn man
Weitere Kostenlose Bücher