Fliegende Fetzen
nicht damit, daß wir dort an Land gehen. Vermutlich erwarten sie uns…« Rusts Stock bohrte sich in den Sand,»… hier.«
Hornett sah genauer hin. Draußen auf der Straße begann jemand zu trommeln.
»Oh, du meinst Eritor«, sagte er. »Dort gibt es einen gut verborgenen Bereich zur Landung, und nach einem zweitägigen Gewaltmarsch durch geschütztes Gelände wäre unsere Streitmacht im Herzen des gegnerischen Reiches, Herr.«
»Genau!«
»Eine Landung bei El Kinte hingegen würde einen dreitägigen Marsch über Sanddünen und vorbei an der befestigten Stadt Gebra bedeuten…«
»Genau. Weite, offene Bereiche, in denen wir die
Kunst
des Krieges praktizieren können.« Lord Rust sprach lauter, um das Trommeln zu übertönen. »So regelt man diese Dinge. Eine entscheidende Schlacht. Wir auf der einen Seite, die Klatschianer auf der anderen. SO GEHT MAN VOR, UM…«
Er warf den Zeigestock beiseite. »Welcher Narr macht einen derartigen Lärm?«
Der Adjutant ging zum Fenster und sah hinaus. »Es ist jemand, der Rekruten anwirbt, Herr.«
»Aber wir sind doch alle hier!«
Der Adjutant zögerte wie jemand, der jähzornigen Männern schlechte Nachrichten bringen muß.
»Es ist Mumm, Herr…«
»Er rekrutiert für die
Wache
?«
»Äh… nein, Herr. Für ein Regiment. Auf der Fahne steht: ›Sir Samuel Mumms Erste Infanterie‹.«
»So eine Unverschämtheit. Geh und… nein, ich kümmere mich selbst darum!«
Draußen auf der Straße hatten sich inzwischen ziemlich viele Leute eingefunden. In der Mitte dieser Menge ragte die große Gestalt des Obergefreiten Dorfl auf. Wenn ein Golem zu trommeln begann, so wagte es niemand, zu ihm zu gehen und ihn zu bitten, damit aufzuhören. Lord Rust bildete die einzige Ausnahme. Er trat an Dorfl heran und riß ihm die Trommelstöcke aus den tönernen Händen.
»Ja, in der Ersten Infanterie ihr könnt führen ein ganz neues Leben!« donnerte Detritus, der nicht zur Kenntnis nahm, was sich hinter ihm abspielte. »Ihr einen Beruf lernt! Und ihr auch lernt Selbstachtung! Ihr bekommt hübsche Uniform und außerdem so viel Stiefel, wie ihr könnt essen… Hier, das meine Fahne ist!«
»Was hat das zu bedeuten?« fragte Rust, nahm die in Heimarbeit gefertigte Fahne und warf sie zu Boden. »Jetzt gehst du zu weit, Mumm!«
Von der Mauer löste sich eine Gestalt, die das Geschehen bisher interessiert beobachtet hatte.
»Das glaube ich eigentlich nicht«, sagte Mumm. Er reichte Rust einen Zettel. »Ich habe alles notiert. Mit Zitaten von den höchsten Stellen, falls du irgendwelche Zweifel hast.«
»Mit Zitaten von…«
»Es geht um die Rolle eines Ritters, Herr. Eigentlich sogar um die ritterlichen
Pflichten.
Vieles davon ist ziemlich dumm, zum Beispiel das Herumreiten auf einem Pferd mit Gardinen, aber es heißt auch, daß ein Ritter in Zeiten der Not – du wirst lachen, wenn du das hörst – eine Streitmacht zusammenstellen und unterhalten muß. Ich versichere dir: Niemand kann überraschter gewesen sein als ich selbst! Offenbar bleibt mir keine andere Wahl, als mich nach geeigneten Leuten für ein Regiment umzusehen. Nun, die meisten Angehörigen der Wache haben sich rekrutieren lassen. Kein Wunder, du weißt ja, wie das ist, disziplinierte Jungs, die es gar nicht abwarten können, ihre Pflicht zu erfüllen. Dadurch ist mir viel Mühe erspart geblieben. Nur Nobby Nobbs konnte sich noch nicht entscheiden, Soldat der Ersten Infanterie zu werden. Er meinte, wenn er damit bis Donnerstag wartet, hat er genug weiße Federn für eine Matratze zusammen.«
Rusts Gesichtsausdruck hätte Fleisch für ein Jahr konservieren können.
»Das ist doch Unfug«, erwiderte er. »Du bist überhaupt kein Ritter, Mumm. Nur ein König kann…«
»Eine ganze Reihe von Leuten in der Stadt sind vom Patrizier in den Adelsstand erhoben worden«, sagte Mumm. »Zum Beispiel dein Freund Lord Witwenmacher. Was wolltest du gerade sagen?«
»Wenn du darauf bestehst, solche Spielchen zu treiben… Bevor ein Ritter zum Ritter wird, muß er eine Nacht über seine Rüstung wachen…«
»Hab praktisch jede Nacht meines Lebens auf diese Weise verbracht«, meinte Mumm. »Wer hier nachts
nicht
auf seine Rüstung achtet, hat am nächsten Morgen keine mehr.«
»Außerdem hat er dabei zu
beten
…«, sagte Rust scharf.
»Klingt ganz wie eine Beschreibung von mir«, erwiderte Mumm. »Es verging praktisch keine Nacht, in der ich nicht dachte: ›Oh, ihr Götter, bitte laßt mich dies lebend
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