Fliegende Fetzen
platschte es. Mumm beugte sich über die Reling und sah die Kiste, die sich im braunen Wasser kurz hin und her neigte, bevor sie versank. Er verspürte eine gewisse Genugtuung. Diebesfänger hatte ihn Rust genannt. Es sollte eine Beleidigung sein, aber Mumm sah die Sache ganz anders. Diebstahl war das einzige Verbrechen, ob es dabei nun um Gold, Unschuld oder das Leben ging. Und für den Diebesfänger gab es die Jagd…
Das Platschen wiederholte sich mehrmals. Mumm stellte sich vor, wie das leichtere Schiff schneller wurde.
Die Jagd… die Jagd war einfacher als das Fangen. Sobald man jemanden gefangen hatte, wurde die Sache kompliziert. Die Jagd hingegen blieb rein und frei. Sie brachte mehr Erfüllung als die Untersuchung sogenannter Spuren und das wiederholte Lesen von Notizbüchern. Er flieht, ich verfolge ihn. Ganz einfach.
Vetinaris Terrier, wie?
»Bimmel-bimmel-bamm!« tönte es aus seiner Tasche.
»Laß mich raten«, sagte Mumm. »Der Termin lautet: ›Fünf Uhr nachmittags, auf dem Meer.‹ Stimmt’s?«
»Äh… nein«, erwiderte der Disorganizer. »Bei mir heißt es: ›Heftige Auseinandersetzungen mit Lord Rust‹. Hier Namen einfügen.«
»Sollst du mir nicht mitteilen, was mir bevorsteht?« fragte Mumm und öffnete die Schachtel.
»Äh… was dir bevorstehen
sollte
«, erwiderte der Dämon und wirkte sehr besorgt. »Was dir bevorstehen
sollte.
Mir ist das ein Rätsel… Offenbar stimmt hier etwas nicht…«
Angua stellte den Versuch ein, das Halsband an der Wand abzustreifen. Auf diese Weise hatte es keinen Zweck. Das an ihre Haut gepreßte Silber wollte sie gleichzeitig vor Kälte erstarren lassen und verbrennen.
Abgesehen davon – und für einen Werwolf war ein silbernes Halsband ein ziemlich großes
Abgesehen davon –
war sie gut behandelt worden. Man hatte einen Napf mit Nahrung zurückgelassen, einen
hölzernen
Napf; der Wolf in ihr fraß daraus, während der menschliche Teil die Augen schloß und sich die Nase zuhielt. Ein zweiter Napf enthielt Wasser, das nach den Maßstäben von Ankh-Morpork recht sauber zu sein schien. Zumindest konnte sie bis auf den Grund sehen.
In der Gestalt des Wolfes fiel es Angua sehr schwer, konzentriert zu überlegen. Es war, als würde sie versuchen, völlig betrunken eine Tür aufzuschließen. Sie konnte es durchaus bewerkstelligen, aber sie mußte sich dabei auf jede einzelne Bewegung konzentrieren.
Ein Geräusch erklang.
Anguas Ohren drehten sich wie Antennen.
Etwas klopfte ein- oder zweimal gegen den Rumpf. Sie hoffte, daß das Pochen von einem Riff verursacht wurde – vielleicht ein Hinweis auf die Nähe von Land. Mit ein wenig Glück konnte sie ans Ufer schwimmen…
Etwas klirrte. Sie hatte die Kette vergessen. Eigentlich war sie gar nicht notwendig. Angua fühlte sich so schwach wie ein Kätzchen.
Kurz darauf vernahm sie ein anderes, rhythmisches Geräusch. Es klang, als bohrte sich etwas durch Holz.
Eine winzige Spitze aus Metall wuchs direkt vor Anguas Schnauze etwa zweieinhalb Zentimeter aus der Wand, bevor sie verharrte.
Und dann sprach jemand. Mehr als nur eine Person. Die Stimmen schienen aus weiter Ferne zu kommen und waren verzerrt – vielleicht konnten sie nur von den Ohren eines Werwolfs wahrgenommen werden. Worte ertönten irgendwo unter ihren Pfoten.
»Du brauchst jetzt nicht mehr in die Pedale zu treten, Korporal Nobbs.«
»Ich bin total geschafft, Feldwebel. Gibt es hier irgend etwas zu essen?«
»Es ist noch ein bißchen Knoblauchsuppe übrig. Oder probier den Käse. Oder die Bohnen.«
»
Wir sitzen in einer Blechbüchse ohne Luft, und ich soll den Käse probieren? Von den Bohnen ganz zu schweigen.
«
»Ich bin untröstlich, meine Herren. Es mußte alles sehr schnell gehen, und ich brauchte Nahrungsmittel, die etwas länger halten.«
»Hier drin wird’s inzwischen ein wenig… stickig, wenn du verstehst, was ich me
i
ne.«
»Sobald es dunkel geworden ist, lasse ich das Seil ablaufen. Dann können wir au
f
tauchen und frische Luft schnappen.«
»Mir genügt’s, wenn wir die alte Luft loswerden, herzlichen Dank.«
Angua runzelte die Stirn, als sie versuchte, die Worte zu verstehen. Die Stimmen mochten verzerrt sein, aber sie klangen vertraut, ebenso ihr Tonfall. Ein vages Empfinden kroch durch den Nebel des animalischen Intellekts: Freunde.
Und der kleine, unveränderliche Kern ihres Selbst dachte: Meine Güte, demnächst lasse ich mich auch noch dazu hinreißen, Hände abzulecken.
Sie senkte den Kopf in
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